Medaillen und gute Platzierungen auch für Sportlerinnen und Sportler aus M-V
Die ersten Europaspiele sind wieder Geschichte. Vom 12.Juni bis 28.Juni wetteiferten rund 6000 Athletinnen und Athleten aus 50 Ländern um Gold, Silber und Bronze im Austragungsort Baku. 253 Entscheidungen in zwanzig Sportarten standen dabei auf der Agenda, aber bereits im Vorfeld gab es heftige sportliche, finanzielle und politische Diskussionen um die Bedeutung dieser „Europaspiele“, zumal es genügend kontinentale Sport-Vergleiche, wie Europameisterschaften, Europacup-Wettbewerbe und europäische Grand Prix-Konkurrenzen, bereits gibt.
Zusammen „gespielt“: Sportpolitik und Sponsoren
Aber sportpolitische und an Sponsoren orientierte Überlegungen – die „fördernden“ bzw. fordernden Firmen brauchen ja über das ganze Jahr „aktive Litfass-Säulen“ – führten dazu, eine weitere Sport-Großveranstaltung entstehen zu lassen. Allerdings: Nicht alle europäischen Sport-Fachverbände begrüßten dieses neue Sport-Event, insbesondere der europäische Leichtathletik- und Schwimm-Verband.
Sportliche Wertigkeiten
Sollte in der Leichtathletik daher in Baku zunächst ein europäischer Nachwuchs-Vergleich ausgetragen werden, so wurde letztendlich die Wettkämpfe der dritten Liga (!!!) der Leichtathletik-Team-EM 2015 innerhalb der „Europaspiele“ präsentiert. Es siegte die Slowakei vor Österreich, Israel und Bosnien-Herzegowina. Die Super-Liga der Team EM fand hingegen am 20./21.Juni im russischen Cheboksary statt, wobei dort die russische Mannschaft vor der deutschen triumphierte. Für den Medaillenspiegel in Baku zählten allerdings nur die Resultate der dritten Liga.
Auch im Schwimmen fehlte die europäische Elite. Hier handelte es sich ausschließlich um einen Talente-Contest („Junioren-Europameisterschaften“) – bei den „Herren“ starteten die U 18-Athleten und bei den „Frauen“ die U 16-Athletinnen.
Im Wasserspringen war es ähnlich – ungünstig zwischen den EM in Rostock Mitte Juni und den WM in Kazan Ende Juli gelegen – nahmen nur Springerinnen und Springer der Altersklasse U 19 teil.
Auch im Fechten war der Termin zwischen den EM in Montreux Mitte Juni und den WM in Moskau Mitte Juli extrem ungünstig. So waren nur teilweise die fechtsportlichen Spitzenkräfte vor Ort, welche die „Europaspiele“ auch eher als einen Aufbau- und Motivations-Wettkampf betrachteten.
Anderen Sportarten, wie Turnen, Synchronschwimmen oder der Sportgymnastik, ging es genauso. Für diese waren Zeitpunkt und Bedeutung alles andere als gut.
Ein Unding jedoch, dass so traditionsreiche Sportarten wie Rudern, Gewichtheben oder Tennis überhaupt nicht auf dem Programm standen.
Politische „Unzulänglichkeiten“
Ein anderes Problem der ersten „Europaspiele“ war zudem der Austragungsort. Einerseits ist die Menschenrechtssituation in Aserbaidschan katastrophal, gehören politische Inhaftierungen und Prozesse zur gängigen Praxis, andererseits fehlt bei vielen Sportstätten die Nachhaltigkeit bzw. wurden Bau-Standards nicht eingehalten. So kamen bei der Errichtung der Wettkampfstätten einige Bau-Arbeiter ums Leben bzw. verletzten sich schwer…
Das monierte auch der ehemalige Ruder-Weltmeister (Gold 2001 mit dem Doppelvierer) und Sprecher der Athleten-Kommission des Deutschen Olympischen Sportbundes, Christian Schreiber, der die Vergabe von großen Sportveranstaltungen an Länder mit Menschenrechtsverletzungen in Frage stellte, denn aus seiner Sicht stehe die Einhaltung von grundlegenden Menschenrechten im jeweiligen Austragungsland und das Recht, deren Nichteinhaltung zu kritisieren, außer Frage.
Für ihn auch ein entscheidendes Auswahlkriterium von Austragungsorten. Zugleich forderte Christian Schreiber im Namen der deutschen Athletinnen und Athleten auch die Freilassung der politischen Gefangenen.
Keine guten Voraussetzungen, um die ersten „Europaspiele“ Realität werden zu lassen – und das noch vor dem Hintergrund von 57 aktuellen Kriegen und kriegerischen Auseinandersetzungen und dem aktuellen Terror weltweit.
„The show must go on!“
Aber: Im Sport gilt „wie anderswo“: The show must go on! Und so gab es trotz allem spannende sowie niveauvolle Wettbewerbe und Wettkämpfe, so im Boxen, im Volleyball, im Triathlon, im Judo oder im Ringen – wobei es sich bei den beiden letztgenannten Sportarten sogar um offizielle Europameisterschaften handelte.
Auch Sportlerinnen und Sportler, die in M-V geboren wurden, früher oder aktuell einem Verein in M-V angehören oder spezielle „Bindungen“ zu M-V haben, nahmen an den „Europaspielen“ in Baku teil.
Erfolge und gute Platzierungen für Athletinnen und Athleten aus M-V
So wurde die Wasserspringerin Saskia Oettinghaus (WSC Rostock) Erste im Synchronspringen vom Drei-Meter-Brett, zusammen mit der gebürtigen Berlinerin Louisa Stawczynski, und dazu Dritte im Einzel vom Drei-Meter-Brett.
Die Schweriner Judoka Ramona Brussig (PSV Schwerin) wurde euch Dritte im Judo für Athletinnen mit visuellen Handicaps (Gewichtsklasse bis 57 Kilogramm). Im Viertelfinale bezwang Ramona die Türkin Gulhan Kilic, verlor dann das Halbfinale gegen die Ukrainerin Inna Cherniak und setzte sich im Fight um Bronze gegen die zweite Türkin Serife Koseoglu durch.
Sarah mit Bronze
Faustkämpferinnen und Faustkämpfer vom Schweriner Leistungszentrum setzten ebenfalls gute sportliche Akzente, allen voran Sarah Scheurich vom BC Traktor Schwerin. Sarah distanzierte zunächst im Achtelfinale der Gewichtsklasse bis 75 Kilogramm die Rumänin Ana Patrascu mit 3:0, bezwang folgend im Viertelfinale die Türkin Sema Caliskan mit 2:1, mußte dann jedoch – trotz großem Kampfgeist – im Halbfinale die Überlegenheit der Niederländerin Nouchka Fontijn anerkennen.
Für die anderen Boxerinnen und Boxer vom LZ Schwerin reichte es leider nicht zu Edelmetall. Cindy Rogge unterlag im Achtelfinale der Britin Sandy Ryan mit 0:3 ebenso wie Denis Radovan dem Russen Maxim Koptjakow. Albon Pervizaj schaffte in Runde eins (gegen Victor Lalimow/Moldawien) und im Achtelfinale (Jim Andreasen/Dänemark) zunächst klare Siege, verlor dann allerdings im Viertelfinale deutlich gegen den Russen Sadam Magomedow.
Gute Stimmung aus M-V-Sicht auch beim Kanu-Rennsport und im Volleyball
Gute Top-Ten-Platzierungen erreichten Katrin Quooß und Stefanie Thurmann im Sportschießen. Katrin wurde Neunte im Einzel/Trap und Siebente im Mixed/Trap, zusammen mit Karsten Bindrich, und Stefanie belegte mit der „Luftpistole 10 Meter“ Rang neun.
Über Bronze freute sich dagegen der gebürtige Schweriner Peter Kretschmer im Kanu-Rennsport, der im Canadier-Zweier über 1000 Meter Platz drei mit seinem Canadier-Partner Michael Müller (Magdeburg) schaffte.
Super dabei waren zudem die aktuellen und früheren „SSC-Schmetterlinge“ Anja Brandt, Jennifer Geerties, Saskia Hippe, Lisa Thomsen, Laura Weihenmaier und Kathleen Weiß im Volleyball. So gab es drei Siege (3:2 gegen Bulgarien, 3:0 gegen die Niederlande sowie 3:0 gegen Kroatien) und drei unglückliche Niederlagen (1:3 gegen Serbien, 2:3 gegen Russland und 2:3 im Viertelfinale gegen Polen) – am Ende Platz fünf.
Die deutschen Volleyball-Herren mit dem gebürtigen Schweriner Tom Strohbach zeigten sich nach WM-Platz drei 2014 wieder von ihrer besten sportlichen „Sonnen-Seite“. Nach einem 1:3 zum Auftakt gegen Russland siegten sie nonstop gegen die Slowakei (3:0), gegen Bulgarien (3:0), gegen Italien (3:0), gegen Belgien (3:0), im Viertelfinale gegen Serbien (3:0), im Halbfinale gegen Russland (3:1) und letztendlich im Finale gegen Bulgarien mit 3:1 – Gold für die deutschen Volleyball-Herren bei den ersten „Europaspielen“, ein Erfolg für „die sporthistorische Ewigkeit“…
Baku 2015 – ein Resümee
In der Endabrechnung (Medaillen-Wertung) der 253 Wettbewerbe von Baku wurde Russland mit 164 Medaillen, darunter 79 x Gold, mit Abstand die Nummer eins vor Deutschland mit 66 Medaillen, darunter 16 x Gold, Aserbaidschan mit 56 Medaillen, darunter 21 x Gold, Großbritannien mit 47 Medaillen, darunter 18 x Gold, Italien mit 47 Medaillen, darunter 10 x Gold, der Ukraine mit 46 Medaillen, darunter 8 x Gold, Frankreich mit 43 Medaillen, darunter 12 x Gold, und Weissrussland mit 43 Medaillen, darunter 10 x Gold.
Insgesamt erkämpften Sportlerinnen und Sportler aus 42 Ländern Medaillen, darunter 31 Staaten eine oder mehrere Goldmedaillen.
Dennoch: Es war vieles nicht „goldig“, was in Baku so „blinkte“. Ob die „Eurospiele“ tatsächlich eine Zukunft haben, hängt davon ab, wo diese letztlich verortet werden. Sollen es europäische Nachwuchs-Wettkämpfe sein oder Konkurrenzen im Rang von Europameisterschaften?! Für Letztgenanntes würde es bedeuten, dass dann alle vier Jahre separate EM überflüssig sind. In Baku 2015 waren übrigens die Entscheidungen im Judo und beim Ringen bereits offizielle EM – wozu im Jahr von „Europaspielen“ dann noch zusätzliche EM… Für die jeweiligen Sponsoren (und einige Medien) mag es dienlich sein, für die sportliche Bedeutung von „Europaspielen“ wäre es mehr als ein Manko!
Marko Michels
Foto/Michels: Nicht nur bei „Europaspielen“ gibt es großartige Leistungen, nein, auch bei den Jugendsportspielen in M-V…