Bundeswehr beugt sich öffentlichem Druck

Militärsondergericht will über vorzeitige Beendigung des Disziplinararrestes entscheiden


Der zuletzt abgebrochene Kontakt zum in der Kaserne Viereck (Mecklenburg-Vorpommern) inhaftierten Kriegsdiensttotalverweigerer Matthias Schirmer, konnte heute durch das Büro des Bundestagsabgeordneten Paul Schäfer, Linksfraktion, wieder hergestellt werden. Wie die Deutsche Friedensgesellschaft (DFG-VK) mitteilte, bedankte Schirmer sich dabei für die großen Solidarität die er von Kriegsgegner aus der ganzen Bundesrepublik bisher erfahren hat und stellte fest, dass sich nach den Medienberichten das Verhalten der Vorgesetzen ihm gegenüber verändert hat. Um gegen seine Inhaftierung durch die Bundeswehr zu protestieren und seine Entscheidung gegen die Pflicht zum Dienen zu bekräftigen war Schirmer war am 08.Mai in einen Hungerstreik getreten um. Zuvor hatte ihn das Militärsondergericht nach bereits 10 Tagen Stubenarrest und 21 Tagen Disziplinararrest erneut zu 21 Tagen Haft verurteilt. In der letzten Woche war dann der Kontakt der Familie und der Unterstützer zu ihm abgebrochen. In einem Brief hatte Schirmer mitteile können, dass ihm sein einstündiger Ausgang aus seiner Zelle sowie das Telefonieren durch die Bundeswehr untersagt worden waren. Verschiedene Schikanen musste er über sich ergehen lassen.

„Im Ergebnis des heutigen Gesprächs mit dem Inhaftierten können wir feststellen, dass die Bundeswehr zu mindestens ihre eigenen Regeln weitestgehend wieder einhält“ erklärte DFG-VK Bundesgeschäftsführer Monty Schädel. Schirmer geht es eigenem Bekunden nach den Umständen entsprechend gut. Er werde täglich einmal ärztlich untersucht. Die Schikanen wären nach seinen Beschwerden eingestellt worden, auch Ausgang hätte er wieder täglich für eine Stunde. Die DFG-VK sei froh darüber, dass die Bundeswehr ihre Maßnahmen überdacht und die Totalblockade beendet hat.

Verwundert ist Schädel jedoch über die durch die Bundeswehr betriebene Informationspolitik im Fall Schirmer. Bestehende Vorurteil über das Militär, „das mach was es will und sich an keine Regeln hält“, fand so nur erneute Bestätigung. Es ist verwunderlich, dass die Bundeswehr, die sonst die Öffentlichkeit sucht, in diesem Fall auf Abschottung setzte. „Gab es etwas zu verbergen?“ fragt Monty Schädel.

Die DFG-VK weißt in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass der Kriegsdiensttotalverweigerer Silvio Walther seit einigen Wochen ebenso Gefangene der Bundeswehr, 5./Gebirgsfernmeldebataillon 210 in Bad Reichenhall, ist.

Da beiden auf Grund einer Anzeige der Bundeswehr wegen Gehorsamsverweigerung nach der Entlassung aus der Bundeswehr ein Verfahren vor einem zivilen Gericht bevorsteht, wertet die DFG-VK die Inhaftierung der Kriegsdienstgegner als Selbstjustiz der Bundeswehr.

Vor dem Hintergrund, dass die Pflicht zum Dienen keine mündigen Bürger sondern Untertanen erzeugt und der Wehrungerechtigkeit, dass gerade noch ein Drittel aller Wehrpflichtigen zu einem Zwangsdienst einberufen werden, fordert die DFG-VK die Abschaffung der Wehrpflicht. Monty Schädel: „Nicht Gehorsam und Untertänigkeit, sondern politische Teilhabe und Mündigkeit sollten das Ziel von Erziehung und Staatshandeln sein – sonst macht sich die Gesellschaft unglaubwürdig.