„Der deutsche Fußball und sein Gewaltproblem“

Gewerkschaft der Polizei Mecklenburg-Vorpommern informiert umfassent über die deutsche Ultraszene

Anlässlich der in den letzten Jahren zunehmenden Gewaltbereitschaft und Skrupellosigkeit in und um deutsche Fußballstadien sowie im Vereinsleben durch eine organisierte Ultraszene, hat der Leiter Fachausschuss Schutzpolizei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Mecklenburg-Vorpommern, Olaf Kühl, einen umfassenden Bericht darüber verfasst. Er zeigt Szenerien und Hintergründe der Problematik auf. Letztendlich müssten Vereine, Verbände, Polizei, Politik, als auch Medien gemeinsam Verantwortung übernehmen und Maßnahmen gegen die zunehmende Gewalt ergreifen, so Kühl. Anderenfalls würden auch weiterhin verletzte Ordner, Polizisten und Besucher von Stadien zu beklagen sein.

Ungebrochener Zulauf bei den gewaltbereiten Ultras

Kühl bemängelt, dass in den letzten Jahren die Szene weitestgehend unterschätzt und zu wenig ernst genommen wurde. So seien die bundesweit vorkommenden Aktionen und „Prüfungen“ der Ultras, wie das Rauben von Fanartikeln verfeindeter Klubs oder Angriffe auf Polizisten, keine Aktionen von Splittergruppen oder Einzeltätern der Szene. Die Planung und Durchführung der Aktionen erfordere einen entsprechenden logistischen Aufwand, dies setze eine organisierte Arbeitsteilung voraus, so Kühl.

Durch die Gründung von Dachvereinen sichert sich die streng hierarchisch aufgebaute Ultrabewegung zudem weitere Finanzierungsmöglichkeiten – Vereinsbeiträge werden so generiert, eigene Fanartikel veräußert etc.. Sie ist im täglichen Leben sehr präsent. Man trifft sich in Diskotheken, Szenelokalen, bietet ein Forum für Jugendliche. Und gerade diese Anziehungskraft auf Kinder und Jugendliche ist gefährlich. „Auf der Suche nach Halt und Anerkennung in der Gesellschaft, finden die Kinder und Jugendlichen gleichgesinnte Partner in der Ultraszene. Durch das immer geringer werdende staatliche Angebot von Freizeitaktivitäten erhöht sich das Potential von Kinder und Jugendlichen, die die Treffpunkte der Ultras nutzen. Bei den Diskussionen über den Fußball und beim Herstellen der Choreografien finden sie Anerkennung, fühlen sich verstanden und gehören zur Gruppe“, erklärt der Gewerkschafter.

Gewaltverherrlichung und Radikalisierung

Um ihrem Ansinnen gerecht zu werden sowie Nachdruck zu verleihen erachtet es die mittlerweile erhebliche Anzahl gewaltbereiter Ultras für zwingend notwendig, körperlich fit zu sein sowie Kampfsporterfahrung zu haben. So wird beispielsweise in einschlägigen Foren rege über Kampfsporterfahrungen, Fragen zum Muskelaufbau etc. diskutiert.

Die Szene ruft immer Öfter zu Gewalt gegen Ordnungsdienste und Sicherheitskräften auf. „Bei Einsatzmaßnahmen der Polizei tritt sofort eine große gewaltbereite Masse der Polizei gegenüber, um die Maßnahmen zu verhindern.“ Kühl verweist jedoch darauf, dass die Szene in keiner Weise vergleichbar mit den Hooligans sei. Beide Gruppierungen würden unterschiedliche Ziele verfolgen.

Konsequenzen für die Vereine desaströs

Das die betroffenen Fußballvereine unter den Ausschreitungen der Ultras vermehrt leiden, ist bekannt. So verhängte der DFB zuletzt den Pokalausschluss für die SG Dynamo Dresden und der F.C. Hansa Rostock musste sein Heimspiel am 18. Dezember 2011 unter Ausschluss der Öffentlichkeit bestreiten.  Das hat jedoch auch weitreichende finanzielle Auswirkungen – neben Strafzahlungen an den DFB. So gehen nicht nur Einnahmen durch Ticketverkäufe verloren, auch könnten Sponsoren Abspringen, es müssen mehr Ordnungskräfte eingestellt werden, Klagen durch Geschädigte könnten auf die Vereine übertragen werden…

Olaf Kühl kritisiert in diesem Zusammenhang den unverständlichen, teilweise privilegierten Umgang der Vereine mit den Ultras. „Verantwortlich für diese Entwicklung ist eine, gemessen an der Zuschauerzahl in den Stadien, kleine gewaltbereite Gruppe von Ultras. Diese spielen im Rahmen der Wirtschaftsbilanz eines Vereines keine Rolle.“
„Nur ein Zusammenwirken aller Beteiligten ermöglicht es, den Einfluss der gewaltbereiten Ultras zurückzudrängen und den Spielbetrieb wieder sicherer zu machen“, resümierte Kühl abschließend.