Zwischen AfD-Scharmützeln und CDU-Realitätsverlust

Schwere Zeiten auch für SPD und CSU

Der große Jubel währte nicht lange. Bereits 24 Stunden nach der für sie erfolgreichen Bundestagswahl 2017 werden bei der „Alternative für Deutschland“ erste Auflösungserscheinungen sichtbar. AfD-Chefin Frauke Petry möchte nicht der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag angehören, sie lehnt die bisherige Fundamental-Opposition und radikalen politischen Auffassungen einiger führender AfDler ab. Künftig will sie als Fraktionslose im Bundestag aktiv sein.

AfD vor dem Absturz?!

Im Schweriner Landtag spaltete sich hingegen ein Quartett von der dortigen AfD-Fraktion ab und will eine neue Fraktion „Bürger für Mecklenburg-Vorpommern“ konstituieren.

Auch bezüglich der Diskussion in wichtigen Sachfragen – Rente, Wirtschaftsförderung, Arbeitsmarktpolitik, Integrationspolitik oder Außenpolitik – geht es zurzeit bei der AfD hoch her – ein Ende dieser Diskussionen ist nicht in Sicht.

Droht der AfD ein ähnliches Schicksal, wie zuvor anderen Protest- oder systemkritischen Parteien in Deutschland? Eine Auflösung oder ein Verschwinden in der Bedeutungslosigkeit?

Politische Selbstfindung auch woanders

Bei den anderen Parteien ist zwei Tage nach der Wahl die Selbstfindung ebenfalls noch lange nicht beendet. Insbesondere SPD und CSU hadern mit ihrem schlechten Abschneiden, während die Merkel-CDU demonstrativ gute Miene zum suboptimalen eigenen Ergebnis macht. FDP und Grüne diskutieren emsig „Für“ und „Wider“ einer Regierungsbeteiligung im Bund und die Linken können sich halbwegs beruhigt zurücklehnen. Sie bleiben weiter in der Opposition.

Für die SPD werden aber harte Zeiten anbrechen, wenn sie es nicht schafft, ihr Wähler-Spektrum zu vergrößern. Wirtschafts- und Finanz-Fachleute, wie Alex Möller, Karl Schiller oder Hans Apel, kann sie nicht mehr vorweisen. Brillante Juristen, wie Gustav Radbruch, Adolf Arndt und Jutta Limbach, sind bei der SPD ebenfalls Mangelware. Zudem hatten die Sozialdemokraten früher regen Einfluß in gesellschaftliche Verbände und Vereine.

Sogar beim Bund der Vertriebenen, der seit 1970 maßgeblich von führenden CDU- und CSU-Politikerinnen bzw. -Politikern geführt wird, stellte die SPD mit Wenzel Jaksch (1964/66) und Reinhold Rehs (1967/70, ab 1969 Wechsel zur CDU) einst die Vorsitzenden. Gerade fand übrigens in Schwerin das 22.Landestreffen der Ostpreußen in Schwerin statt, da hätte bereits ein neues Miteinander begründet werden können… Des Weiteren gab es in Wahlkämpfen für die SPD oft Unterstützung namhafter Sportler, Schriftsteller, Künstler, Gewerkschafter oder mitunter sogar Unternehmer – das alles ist nur noch marginal vorhanden… Freidenker, welche die SPD kritisch begleiten, sind dort ohnehin schon seit Jahren nicht gern gesehen.

Substanzlosigkeiten bei der CDU

Aber auch die CDU wirkt substanzlos. Man klopft sich dort nach dem seltsamen Sieg vom 24.September auf die Schultern, beweihräuchert sich an den Glückwunsch-Telegrammen der europäischen Schwesterparteien (nichts anderes als die üblichen Höflichkeitsfloskeln) und merkt gar nicht, dass die CDU zu einem Kanzlerinnen-Wahlverein verkommen ist. Viele CDU-Pantoffelhelden links und rechts neben Frau Merkel, die zu allem „Ja“ und „Amen“ sagen, was die „Große Vorsitzende“ deklariert, hoffen nur noch auf ihren „Anteil“ (Posten) am Wahl“sieg“ und stellen Deutschland – in völliger Verkennung der realen Lage – als Hort von Wohlstand und echter Demokratie dar. Dabei handelt es sich doch bei der CDU um eine Partei und nicht um eine Kirche oder Sekte…

Die nächsten Wochen werden (politisch) jedenfalls spannend.

Marko Michels