USA – neuer Weltmeister im Frauen-Fußball

Gala-Vorstellung im Endspiel gegen Japan in Vancouver

Vier Wochen weltmeisterlicher Frauen-Fußball. Und das noch in Kanada. Also mitteleuropäisch betrachtet zu später Stunde. Wer schaute sich das schon an?! Die „politisch Korrekten“ werden sagen: „Frauen-Fußball ist doch toll!“. Die Aufrichtigen werden aber entgegnen: „Toll war diese WM aber insgesamt nicht!“.

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Eine ambivalente Frauen-Fußball-WM

Und beide Lager haben Recht. Zu später Fernsehstunde hatte man(n) nicht so echte Lust, sich das anzutun. Nein. Höflicher. Man(n) wollte das nicht sehen. Warum?! Das Feld von 16 auf 24 Teams aufzustocken, war irrwitzig. Dazu ist das Niveau, gerade im Frauen-Bereich, zu heterogen. Die Vorrunden-Spiele waren mehrheitlich nicht gerade dazu angetan, noch mehr Frauen-Fußball sehen zu wollen. Das änderte sich erst – ganz allmählich – mit den Achtelfinals.

Hochklassig erst ab dem Viertelfinale

Und ab dem Viertelfinale wurde es sogar wirklich hochklassig. Aber zu spät, nicht nur wegen der Übertragungszeiten, den gemeinen Fußball-Fan dafür noch begeistern zu können.
Und das deutsche Team überzeugte bis auf das Schweden-Spiel im Achtelfinale spielerisch nicht. In der Vorrunde gab es ein glückliches 1:1 gegen Norwegen und im Viertelfinale gewann die DFB-Auswahl gegen die technisch wie spielerisch bessere Mannschaft, also Frankreich, im Elfmeterschießen.

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Wenn auch die letztendlich verdienten Niederlage im Halbfinale gegen die USA durch einen umstrittenen Strafstoß eingeleitet wurde, so muß man(n) doch deutlich sagen: Die USA waren die klar bessere Mannschaft, hatten Chancen „noch und nöcher“, während Deutschland bis auf den eigenen verschossenen Elfer in der 60.Minute nie echte Tor-Möglichkeiten hatte. Eine bittere Wahrheit, aber so war es, so ist es.

Die USA, die noch bei jeder bisherigen WM-Endrunde und bei jedem Olympia-Turnier eine Medaille oder sogar Gold holten, erreichten verdient das Finale.

Im Spiel um Platz drei unterlag dann das deutsche Team England nicht unverdient mit 0:1 nach Verlängerung. Leider nutzte das deutsche Team wieder einmal beste Tor-Chancen nicht… Das einzig Positive aus deutscher Sicht bei der WM-Endrunde 2015 in Kanada – die geschaffte Olympia-Qualifikation für Rio 2016.

Denkwürdiger U.S.-Erfolg im Finale

Für die Vereinigten Staaten setzte sich indes im Finale die Erfolgsserie fort: In einem denkwürdigen Endspiel im BC Place Stadium in Vancouver vor mehr als 54000 Zuschauern setzte sich „Team U.S.A.“ von Trainerin Jill Ellis in beeindruckender Weise mit 5:2 gegen Titelverteidiger Japan durch.

Bereits nach 16 Minuten stand es nach Toren von Carli Lloyd (3.Minute, 5.Minute, 16.Minute) bzw. Lauren Holiday (14.Minute) 4:0 für die U.S.-Frauen. Zwar verkürzte die japanische Auswahl von Trainer Norio Sasaki zwischenzeitlich auf 2:4 (Yuki Ogimi 27.Minute, Julie Johnston/Eigentor 52.Minute), aber in der 54.Minute erhöhte Tobin Heath für die USA wieder auf 5:2. Damit war der dritte WM-Titel für die amerikanischen Fußball-Frauen nach 1991 und 1999 im bislang torreichsten Finale perfekt.

Was bliebe noch anzumerken?! Vor allem „Statistisches“! In den 52 Spielen der WM-Endrunde in Kanada zwischen dem 6.Juni und 5.Juli fielen 146 Tore und besuchten 1,353 Millionen Zuschauer die einzelnen Begegnungen. Die meisten Tore schossen Carli Lloyd und Celia Sasic, wobei Carli Lloyd auch zur besten Spielerin des WM-Turnieres 2015 gekürt wurde. Die Auszeichnung zur besten Torhüterin erhielt Hope Solo.

Wie beurteilt aber Katja Kant, Vorsitzende des Ausschusses für Mädchen- und Frauen-Fußball beim Landesfußballverband M-V, die Frauen-Fußball-WM 2015?!

Nachgefragt

K.Kant über die Frauen-Fußball-WM 2015 allgemein, das deutsche Team und den neuen Weltmeister USA

„Einfach beeindruckend!“

Frage: Frau Kant, die Frauen-Fußball-WM 2015 ist schon wieder Geschichte. Wie lautet Ihr Resümee zu diesem Turnier?

Katja Kant: Es ist leider festzustellen, dass die Frauen-Fußball-WM 2015 in Deutschland nicht ankam, keine Begeisterung entfachen konnte. Denkt man an das letzte Jahr, an die Herren-WM, so ist das doch enttäuschend. Sicher ist Frauen-Fußball bei weitem nicht so populär wie die Fußball spielenden Herren, aber das Interesse war doch recht übersichtlich.

Deutschland ging ja als Favorit in das Turnier, ist Weltranglisten-Erster – da hätte man sich schon mehr Resonanz gewünscht. Natürlich waren die Sendezeiten nicht gerade „europa-freundlich“, aber dennoch… Leider machte die Aufstockung des Teilnehmerfeldes die Endrunde auch nicht spektakulärer – im Gegenteil. Es gab doch insbesondere in der Vorrunde sehr niveauarme Begegnungen, einige Teams erwiesen sich nicht gerade als WM-tauglich.

Natürlich ist es schön, wenn sich auch vermeintliche Außenseiter-Teams bei Welttitelkämpfen präsentieren, WM-Luft „schnuppern“ können, aber das Niveau-Gefälle in einigen Partien war doch gravierend.

Frage: Wie beurteilen Sie das Auftreten des deutschen Teams?

Katja Kant: Die deutsche Mannschaft hatte sicherlich viel Kampfgeist, aber spielerisch lief nur wenig zusammen. In den Spielen gegen Frankreich und die USA wurde das überaus deutlich. Gegen Frankreich reichte es nur mit viel Glück zum Weiterkommen, gegen die USA war der spielerische Unterschied ebenfalls sehr groß.

Die deutsche Mannschaft konnte spielerisch gegen die Amerikanerinnen nicht mithalten, war in allen Belangen unterlagen. Nach vorn kam fast nichts, ein bis zwei Chancen waren einfach zu wenig. Für mich zeigten die USA im Halbfinale das beste Spiel, was ich bislang von ihnen sah.

Frage: Welche Spielerinnen des Turnieres begeisterten Sie besonders?

Katja Kant: Aus deutscher Sicht sind insbesondere Dzsenifer Marozsan und Celia Sasic hervorzuheben. Trotz des verschossenen Elfers gegen die USA war Celia eine der besten Akteurinnen für das deutsche Team. Sie ist unglaublich willensstark und eine große Kämpferin.

Dzsenifer ist hingegen eine ausgezeichnete Technikerin, sie gab Impulse für das Spiel nach vorn. Aus internationalem Blickwinkel begeisterte mich die französische Team-Kapitänin Wendie Renard, eine beeindruckende spielerische Denkerin und Lenkerin mit Team-Geist und damit eine super Fußballerin.

Frage: Noch „ein Wort“ zu den beiden WM-Finalisten…

Katja Kant: Die USA waren bei diesen WM äußerst stark, erreichten mit viel Power und Spielwitz das Endspiel. Die Leistung gegen das deutsche Team setzte Maßstäbe, sie ließen der DFB-Auswahl so gut wie keine Tor-Chancen. Japan präsentierte sich als Turnier-Mannschaft – ohne wirklich zu überzeugen.

In den entscheidenden Situationen waren sie aber da, auch wenn sie im Halbfinale letztendlich mit sehr, sehr viel Glück gegen England gewannen.

… Und der Erfolg der USA im Finale gegen Japan mit 5:2 war einfach nur beeindruckend!

Letzte Frage: Und: Was gibt es für Neuigkeiten vom Frauen-Fußball „Made in M-V“?

Katja Kant: Am Samstag, 4.Juli, erfolgte die Auslosung im Landespokal im Frauen-Fußball der Spielzeit 2015/16. Erstmals werden auch vier Kreisliga-Teams, die sonst nur das Kleinfeld gewohnt sind, am Spielbetrieb teilnehmen. Damit sind 12 Frauen-Mannschaften 2015/16 beim Landespokal aktiv und vielleicht gibt es ja den einen oder anderen Außenseiter-Sieg.

Vielen Dank und weiterhin bestes Engagement für den Frauen-Fußball-Sport!

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Die bisherigen Frauen-Fußball-Weltmeisterinnen

1991 (in China) – USA / 1995 (in Schweden) – Norwegen / 1999 (in den USA) – USA / 2003 (in den USA) – Deutschland / 2007 (in China) – Deutschland / 2011 (in Deutschland) – Japan / 2015 – USA

Die bisherigen Olympiasiegerinnen im Frauen-Fußball

1996 (in Atlanta) – USA / 2000 (in Sydney) – Norwegen / 2004 (in Athen) – USA / 2008 (in Peking) – USA / 2012 (in London) – USA

Die bisherigen Gewinnerinnen des renommierten Algarve-Cups (1994-2015)

USA – zehnmal (2000, 2003, 2004, 2005, 2007, 2008, 2010, 2011, 2013, 2015)
Norwegen – viermal (1994, 1996, 1997, 1998)
Deutschland – dreimal (2006, 2012, 2014)
Schweden – dreimal (1995, 2001, 2009)
China – zweimal (1999, 2002)

Exkurs: 2003 – WM-Gold für eine Neubrandenburgerin

Viel Jubel bei einer WM-Endrunde und einem Olympia-Turnier gab es auch aus M-V-Sicht. Die gebürtige Neubrandenburgerin Viola Odebrecht, Jahrgang 1983, wurde 2003 Weltmeisterin, 2004 Olympia-Dritte und 2012 zusätzlich Siegerin mit der DFB-Auswahl 2012 beim Algarve-Cup.

Viola begann dabei ihre Karriere 1995 (bis 1998) beim PSV Neubrandenburg und spielte zuletzt, 2012-2015, beim VfL Wolfsburg. Die WM 2003 mit Viola war seinerzeit eine denkwürdige, wurde das deutsche Team doch erstmals Frauen-Fußball-Weltmeister in beeindruckender Manier: Vorrunden-Siege gegen Kanada mit 4:1, gegen Japan mit 3:0 bzw. gegen Argentinien mit 6:1, im Viertelfinale 7:1 gegen Russland, im Halbfinale 3:0 gegen die USA und letztendlich 2:1 nach Golden Goal (durch Nia Künzer) im Endspiel gegen Schweden.

Marko Michels

Fotos/Michels: Bei den WM 2011 in Deutschland (Impressionen) war die Begeisterung für Frauen-Fußball hierzulande noch groß.