I.Internationale Norddeutsche Nachwuchs-Titelkämpfe im Boxen in Wismar

„Ring frei“ für die boxsportlichen Talente …

Boxen40 Boxsportler aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein, 20 hochklassige Kämpfe und ein würdiges Ambiente im Sportpark Wismar – das waren die Markenzeichen der I.Internationalen Norddeutschen Nachwuchsmeisterschaften der Junioren, Jugend und Kadetten am 4.April.

Dominierend waren vor allem die Faustkämpfer aus M-V, allen voran der kampfstarke Eric Pliska vom gastgebenden PSV. Seinen Neubrandenburger Gegner Marcel Brandt musste die Überlegenheit des Hanseaten in der Gewichtsklasse bis 63 kg anerkennen. Der Schützling von Manfred Spieß (Wismar) brillierte vor allem durch seine hervorragende Technik und Taktik. Zu Recht wurde er zum besten Techniker des Turnieres gewählt.

BoxenAuch bei den anderen Kämpfen der Kadetten waren die Boxsportler aus M-V fast nahtlos siegreich. Im reinen MV-Duell in der Gewichtsklasse bis 34 kg gewann David Mallow (Rostock) gegen Eric Nowack (Demmin) ebenso wie Thor-Gunnar Bratek (Ribnitz) gegen Tom Kurpchereit (Demmin) in der Gewichtsklasse bis 46 kg. Fabian Kroll aus Neukloster bewies in seinem Fight ein großes Kämpferherz und setzte sich verdient gegen Niclas Peters (Marne) in der Gewichtsklasse bis 48 kg durch. Einen interessanten Kampf lieferten Durim Hoti (Ludwigslust) und J.-O.Schwichtenberg (Heide) in der Gewichtsklasse bis 54 kg, wobei der Ludwigsluster klar der bessere Boxsportler war. Lediglich in der Gewichtsklasse bis 42 kg setzte sich bei den Kadetten mit Dominic Thomas (Padenstedt) ein Schleswig-Holsteiner durch. Er bezwang Felix Fischer (Altentreptow) aber nur knapp, nach Hilfspunkten.

BoxenDen ersten Kampf der Meisterschaften – Schüler/RK 46 – hatte der Warener Robin Leinweber für sich entschieden und damit die Siegesserie der MV-Boxer eingeleitet.

Beim ersten Junioren-Kampf dieser Meisterschaften setzte sich der Schweriner Johannes Gielow in der Gewichtsklasse bis 48 kg durch, war deutlich der schlagstärkere Faustkämpfer.

Die Kämpfe bei Junioren/Jugend verliefen dann ausgeglichener. So konnten dort die Schleswig-Holsteiner gut mithalten und kamen u.a. durch Veniamin Sotskov (Plön), Alkan Aydin (Elmshorn) und Albert Becker (Marne) zu Siegen.

Für die Wismarer Boxsportler gab es nach Abschluß der Premieren-Veranstaltung der I.Internationalen Norddeutschen Nachwuchs-Meisterschaften zweimal Gold (Eric Pliska/Viktor Gasselbach) und zweimal Silber (Florian Willert/Benjamin Brinkmann).

BoxenTrainer Fiete von Thien würdigte am Rande der Meisterschaften auch die enge Zusammenarbeit zwischen den Boxsportlern bzw. Boxtrainern aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern: „Bereits nach dem Kriege führten wir freundschaftliche Vergleichskämpfe durch, als die Zeiten noch nicht bzw. wieder alles andere als rosig waren. Auch bis zur Wende versuchten wir Kontakt zu halten – so gut es ging. Gleich nach der Wende kam es zu zahlreichen Begegnungen zwischen Boxern aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Die I.Internationalen Deutschen Meisterschaften sind ein weiterer Meilenstein in der engen Kooperation zwischen den Boxern beider Bundesländer.“

BoxenBoxenGeehrt – hinsichtlich ihrer Verdienste für den Boxsport in M-V – wurden Andreas Tarrutis (Wismar), immer engagiert und aktiv in Sachen Boxsport in M-V, sowie der einstige herausragende Wismarer Boxsportler und heutige Übungsleiter Klaus-Dieter Manzke, u.a. Studenten-Vizemeister und Rostocker Bezirksmeister. Andreas Tarrutis erhielt von der Geschäftsführerin des Stadtsportbundes Wismar, Kerstin Groth, die silberne Ehrennadel des SSB. Klaus-Dieter Manzke wurde vom Präsidenten des Boxverbandes M-V, Norbert Baunach, mit der  silbernen Ehrennadel des Landesfachverbandes ausgezeichnet. Sowohl Andreas Tarrutis als auch Klaus-Dieter Manzke stehen für ein vielfältiges ehrenamtliches Engagement im Hinblick auf den Boxsport in der Hansestadt Wismar sowie im Land M-V.

___

„Olympia wäre ein großer Traum …“

Mit Landesmeister Florian Willert aus Wismar im Gespräch

Florian WillertEin großes Talent des Boxsportes nicht nur für Wismar, sondern für ganz M-V, ist der vierzehnjährige Florian Willert (Foto mit Geschwistern), der eher zufällig zum Boxsport kam. „Vor drei Jahren fragte mich Johannes Meyerdiercks, ob ich nicht Lust hätte, zum Boxen mitzukommen. Ich fragte meine Eltern und diese willigten ein. Ich ging also mit zum Training und war begeistert.“ Bereits zwei Wochen nach den ersten Übungsstunden bestritt das Box-Talent seinen ersten Kampf – und gewann sogar durch RSC.

„Großen Anteil an diesem positiven Erlebnis, an diesem Sieg, hatte mein erster Trainer Fiete von Thien. Er verstand es super, mich zu motivieren, meine Stärken herauszustellen und mich optimal vorzubereiten. Jetzt trainiere ich bei Manfred Spiess, der ebenfalls ein klasse Trainer ist. Ohne Herrn von Thien oder Herrn Spiess wäre ich nie so weit gekommen.“, berichtet der leidenschaftliche Boxer Florian Willert.

Diese Leidenschaft für das Boxen brachte auch schon zahlreiche Erfolge mit sich. So wurde Florian dreimal Landesmeister in M-V und im letzten Jahr, 2008, Dritter der deutschen Meisterschaften

Ein festes Ziel hat Florian fest im Auge – eine Teilnahme bei den Olympischen Spielen. Doch gibt es für seine sportlichen Ambitionen auch Vorbilder ? „Ja, klar. Meine Vorbilder sind die Klitschko-Brüder. Wahnsinn, was die alles innerhalb und außerhalb des Boxringes erreicht haben.“, schwärmt der junge Wismarer.

Auch für andere Sportarten begeistert sich der PSV-Athlet. „Ich spiele Fußball, aber letztendlich ist Boxen interessanter. Ich wollte etwas in Richtung Selbstverteidigung machen. Jetzt bin ich wirklich glücklich, bei den Boxern gelandet zu sein !“, stellt Florian die große Bedeutung des Boxsportes für ihn persönlich heraus.

BoxenGenau am 14.Februar 2006, am Valentinstag, absolvierte Florian seine ersten boxsportlichen Übungsstunden – am „Tag der Liebenden“ wurde also seine Zuneigung zum Boxen „geweckt“. Auf jeden Fall ein gutes Omen …

Auch wenn er gegen Veniamin Sotskov aus Russland, für Plön startend und immerhin zwei Jahre älter und bedeutend größer als Florian , bei den Norddeutschen Meisterschaften verlor, so gilt auch für ihn eine der besten sportlichen Weisheiten überhaupt: „Du wächst, in dem du stürzt und wieder aufstehst !“, meinte einst der holländische Weltklasse-Eisschnellläufer Kees Verkerk, einer der Besten in seiner Sportart.

BoxenUnd, was bei einem holländischen Eisflitzer schon klappte, sollte einem Wismarer Boxer erst recht möglich sein: Aus der Niederlage lernen – trotz der ersten Enttäuschung – und dadurch gestärkt in den Ring zurückkehren.
Die nächste Bewährungsprobe gibt es ja schon beim Baltic-Cup – und auf das Sportgymnasium nach Schwerin möchte Florian ebenfalls.
Olympia 2016 mit Florian Willert – das wäre es doch, nicht nur für die Hansestadt Wismar.

___

„Alter Haudegen“ für den Boxsport der Hansestadt

Boxtrainer Fiete von Thien

FvThienMan kann auch mit strammen fast 70 Jahren geistig und körperlich fit sein. Während manchem Mittdreißiger schon der Kalk aus der Hose rieselt, ist ein Wismarer Urgestein nach wie vor ein Energiebündel – auf dem Rad, an der Bowlingbahn und vor allem am Ring.

Wismars boxsportliches „Perpetuum mobile“, Trainer Fiete von Thien, ist noch immer engagiert „auf Achse“, wenn es um eine der ältesten olympischen Disziplinen, den Faustkampf, geht. Seine Schützlinge sammelten Medaillen – bei WM, EM, deutschen Meisterschaften, Nachwuchsturnieren – wie andere Briefmarken.

BoxenWas ganz wichtig ist: Fiete von Thien ist nicht nur Wismarer, nein, er ist ein „waschechter Wismaraner“. Diesen Titel kann sich nur derjenige verdienen, dessen Wiege nicht nur in der Hansestadt stand, sondern der zugleich das Renommee Wismars kräftig aufpolierte.

Doch Fiete von Thien ist nicht nur Theoretiker und Trainingswissenschaftler. Er selbst hat Boxsport „von der Pike auf“ gelernt. „Der Schrecken vom Birkenweg“ stand zweiundsiebzig Mal im Ring – im Bantam- als auch im Federgewicht. Vor 53 Jahren, 1956, zog er die Boxhandschuhe noch bei Aufbau Wismar über. Es folgten die Stationen Dynamo Wismar, ASK Vorwärts Potsdam sowie Neubrandenburg.

Zwischen 1962 und 1990 prägte er dann als hauptberuflicher Trainer bei SV Dynamo die Entwicklung des Boxsportes in der DDR mit.
Vielen boxsportlichen Rohdiamanten gab er im positiven Sinne den letzten Schliff. Ein „Kronjuwel“ war dabei zweifellos Bernd Wittenburg, der das Box-ABC bei Fiete von Thien erlernte. Dieser wurde bei den ersten Amateur-Box-Weltmeisterschaften 1974 in Havanna Dritter, war dann Teilnehmer an den Olympischen Spielen 1976 in Montreal und konnte sich zudem zweimal die Vize-Europameisterschaft sichern.

Doch nicht nur als Trainer war Fiete von Thien dem Boxsport verbunden, auch als Pressewart des Boxverbandes erlangte er viel Ansehen. Seine Berichte über die verschiedenen Box-Wettkämpfe zeigen: Hier ist jemand dem Boxen mit Herz und Leidenschaft verbunden.

BoxenNach 1990 wurde aus dem Ruheständler der „Unruheständler“ Fiete von Thien. Nach knapp 40 Jahren „einfach so“ vom Boxen zu lassen – das wollte er nicht. Und so machte er in ehrenamtlicher Funktion beim PSV Wismar weiter. Doch, was wäre ein erfolgreicher Boxsportler bzw. Box-Trainer ohne starke Frau an seiner Seite ? Wahrscheinlich ein Faustkämpfer ohne Power und Hingabe. Seine Frau Gerda, die er vor fast 43 Jahren heiratete, gab ihm diese Kraft und diesen Rückhalt, brachte sich in seine Tätigkeit mit ein – ohne sie wären die Erfolge des „Box-Professors“ (O-Ton von Sohn Andreas von Thien, RTL-Sportmoderator und -Nachrichtensprecher) undenkbar gewesen.

Unter ungemein schwierigen finanziellen Bedingungen nach der Wende kümmerte sich Fiete von Thien um die – neben Handball, Segeln, Leichtathletik und Fußball – traditionelle hanseatische Traditionssportart Boxen. Er bemühte sich um Sponsoren, betrieb exzellente PR-Arbeit für den Faustkampf und widmete sich der Talente-Förderung.

Er formte Marcel Meyerdiercks zu einem klasse Boxer, der durchaus das Zeug hat, einmal um die Weltmeisterschaft zu boxen. Von seiner Nachwuchsarbeit profitiert auch der Schweriner Landesstützpunkt Boxen.

BoxenWas zudem verblüfft – trotz oder gerade wegen seines reiferen Alters: Fiete von Thien ist auch Neuem gegenüber aufgeschlossen.
Das Frauen-Boxen, das olympische Ambitionen hat, und der Boxsport mit integrativem Charakter stehen bei dem Wismaraner ganz oben auf der Agenda.

Mit Alice Altmann und Anne Cravaack konnte der PSV Wismar zwei nationale Champions im weiblichen Boxsport hervorbringen, weitere Wismarer Faustkämpferinnen machten ebenfalls von sich reden, so das auch bei den boxsportlich ambitionierten Amazonen Wismar eine Vorreiterrolle einnimmt. Sehr am Herzen liegt Fiete von Thien auch an der Förderung junger Migranten, deshalb ist der PSV Wismar außerdem Mitglied im Projekt „Integration durch Sport“.

„Sport kann helfen, Vorurteile abzubauen, neue Freundschaften zu schließen. Im Boxsport sind gerade Fairness, Disziplin, Toleranz und Charakterstärke gefragt. In der Stadt gibt es das Motto `weltoffen-tolerant-neugierig` – hier bei uns im Verein wird es tatsächlich gelebt !“, stellt Fiete von Thien nicht ohne Stolz heraus.

Und, wann möchte der reifere Box-Trainer aufhören ?

Boxen„Aufhören ?! Aufhören gibt es nicht. Ich bin immer im Vorwärtsgang, so leicht gehe ich nicht k.o. ! Es gibt noch jede Menge, für den Boxsport in Wismar, Mecklenburg-Vorpommern und Deutschland zu tun !“, verspricht der unermüdliche Fiete von Thien.

Sein Soll hat er bereits exorbitant übererfüllt –  Auf die nächsten Erfolge !

… Und die gab es schon bei den Norddeutschen Meisterschaften der Junioren, Juniorinnen und Kadetten am 4.April 2009 im Sportpark Wismar am Hohen Damm.

M.Michels

F.: M.M. (Impressionen zu den Kämpfen bei den Internationalen Norddeutschen Meisterschaften 2009 in Wismar (plus Sparring Manfred Spieß vs. Anne Cravaack).

> Siehe auch Videos zu den Kämpfen (A.: Jög Ulrich Helgert/rsk1/Deutschland Nord): http://www.rsk1.de !