„Die Verwaltungsreform ist eine Überlebensfrage für Mecklenburg-Vorpommern!“

Innenminister informiert Enquete-Kommission über Stand der Vorbereitungen zur Verwaltungsreform

Innenminister Lorenz Caffier hat heute in seinem Bericht an die Enquete-Kommission über den Stand der Vorbereitungen von Gesetzen zur Verwaltungsreform noch einmal eindringlich die Notwendigkeit dieser Reform unterstrichen.

„Auf unser Land kommen in den nächsten Jahren durch die demografische Entwicklung und deutlich weniger werdende Einnahmen große  Herausforderungen zu. Wir müssen jetzt Entscheidungen für künftige Strukturen treffen“, forderte Innenminister Lorenz Caffier. „Ich halte es für unverantwortlich, den Menschen zwar einerseits ständig zu erklären, dass wir in einem Land mit deutlich zurückgehender Bevölkerung und immer weniger Geld leben werden. Andererseits wird den Menschen oft weiß gemacht, die Verwaltung werde trotzdem in Zukunft ohne Veränderungen die notwendigen Dienst- und Versorgungsleistungen für die Bürger noch sicherstellen können. Unsere Bürger werden immer mehr Geld für unsere Verwaltung ausgeben, wenn wir jetzt nicht gegensteuern.  Wer sich dieser Aufgabe nicht stellt, weil vielleicht die eine oder andere zu treffende Entscheidung nicht immer populär ist, der setzt die Zukunftsfähigkeit des Landes  Mecklenburg-Vorpommerns aufs Spiel!“ Und deshalb sage ich den Kritikern der Reform: „Wer die Verwaltungsreform zu verhindern sucht, stellt sich nicht seiner Verpflichtung  als Landes- oder Kommunalpolitiker.“

Die Bevölkerungszahl Mecklenburg-Vorpommerns ist seit 1990 von 1,9 Mio. auf heute 1,7 Mio. gesunken und wird nach den Prognosen bis 2030 weiter auf unter 1,5 Mio. Einwohner absinken. Ohne Reform werden in fast allen Landkreisen im Jahr 2020  weniger als 100.000 Menschen leben. Durch diese demografische Entwicklung wird auch die Finanzausstattung durch den Bund, die pro Einwohner berechnet wird, zurückgehen. Hinzu kommt, dass Mecklenburg-Vorpommern ab 2009 mit dem Auslaufen des Solidarpaktes II ohnehin deutlich weniger Geld vom Bund erhält und diese Zuweisungen ab 2020 ganz wegfallen werden. Die Haushaltssituation vieler Landkreise und kreisfreier Städte ist trotz der im Ländervergleich hohen Zuweisungen an die Kommunen schon jetzt mehr als angespannt.  Zum 31. Dezember 2007 hatten die kreisfreien Städte rund 400 Mio. EUR Fehlbeträge, die Landkreise rund 152 Mio. EUR. Auf der anderen Seite liegen die Ausgaben deutlich über denen anderer finanzschwacher Flächenländer.

Für eine denkbare zukünftige Kreisstruktur in Mecklenburg-Vorpommern hatte der Innenminister Ende Juni diesen Jahres zwei Modelle vorgestellt. Im Ergebnis eines  freiwilligen  Anhörungsverfahrens  wurden diese Modelle im wesentlichen bestätigt und fast alle Gebietskörperschaften sprechen sich für eine Variante des 6+2 – Modells (sechs Landkreise und zwei kreisfreie Städte) bzw. des 7+2 – Modells (sieben Landkreise und zwei kreisfreie Städte) aus.

Die beiden Modellvarianten berücksichtigen die Kernbeschlüsse der Leitlinien für die Verwaltungsreform. Erstens: langfristig beständige Verwaltungsstrukturen zu schaffen, die auch dauerhaft finanzierbar sind. Zweitens muss für den Bürger  ehrenamtliche kommunalpolitische Tätigkeit auch noch möglich sein. „Wir haben die Vor- und Nachteile beider Modelle analysiert und auch andere Vorschläge bewertet. Der Landtag wird letztendlich entscheiden müssen“, so der Innenminister.

Zum Thema Eingemeindungen erinnerte der Minister daran, dass im Entwurf der Landesregierung zum Leitbild für eine Kreisgebietsreform das Thema Stadt-Umland-Beziehungen bewusst zurückhaltend formuliert worden war. „Wir wollten dieses Feld ganz in Ruhe bestellen“, sagte Minister Caffier. „Die Enquetekommission des Landtages hat während ihrer Beratungen zu unserem Leitbild diese Frage verstärkt aufgeworfen und in die Diskussion eingebracht. Der Landtag hat daraufhin in seinem Beschluss das Leitbild zur Kreisgebietsreform geändert  und das Innenministerium beauftragt zu prüfen, ob moderate Eingemeindungen ein mögliches Mittel zur Stärkung der Zentren sind. Ich erfülle also zur Zeit den Prüfauftrag des Landtages, nicht mehr und nicht weniger!“

Um zu prüfen, welche Stadtrandgemeinden für eine maßvolle Eingemeindung überhaupt in Betracht kommen, hat das Innenministerium zunächst sämtliche Stadtrandgemeinden im nahen Umfeld der Kernstädte zusammengestellt. Diese 90 Gemeinden werden nach einem Kriterienkatalog wie z.B. Einwohnerentwicklung, Pendlerströme  oder Siedlungsverflechtung geprüft, wobei man aber schon jetzt sagen kann: nur ein geringer Teil der Gemeinden wird die Kriterien überhaupt erfüllen. Um noch mehr Sicherheit zu bekommen, wird  ergänzend zu den eigenen Prüfkriterien auch externer Sachverstand eingeholt.

„Diesen Prüfauftrag arbeitet das Innenministerium jetzt ab. Die Ergebnisse werden wir der Enquete-Kommission mitteilen und sie gemeinsam beraten. Der Prüfauftrag beinhaltet nicht nur eine fachliche Bewertung der Stadt-Umland-Beziehungen, sondern es soll auch die Frage beantwortet werden, ob Eingemeindungen überhaupt gewollt sind.  Ich kann verstehen, dass die Emotionen zur Zeit hoch schlagen, auch wenn noch gar keine Ergebnisse vorliegen“, sagte Innenminister Caffier.  Aber die Frage müsse schon erlaubt sein, warum es den Gemeinden im sogenannten Speckgürtel der kreisfreien Städte so gut geht. Sie haben z.B. durch den Zuzug vieler Städter  viele Einwohner gewonnen und damit Steuereinnahmen sowie höhere Zuweisungen aus dem Finanzausgleich erhalten.  Und sie profitieren von den Zentren. Dorthin fahren die Menschen zur Arbeit, dort nutzen sie die kulturellen Angebote. „Man hätte schon lange Stadt-Umland-Verträge schließen können. Und wenn partout niemand Eingemeindungen will, muss man  sich z.B. über eine Umlage der Umlandgemeinden unterhalten, durch die bestimmte Leistungen, die die Städte auch für ihre direkten Umlandgemeinden erbringen und die sich die Umlandgemeinden ersparen, mitfinanziert werden“, so der Minister.

Bei seinen Ausführungen zur anstehenden Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes plädierte Innenminister Lorenz Caffier für eine Stärkung der Zentren, nicht nur der Oberzentren, sondern auch der Mittel- und Grundzentren im ländlichen Raum. Sie nehmen viele überörtliche Aufgaben wahr und sind die Wachstumsmotoren in unserem Land. Dafür müssen sie besser als bisher ausgestattet werden. Im Übrigen wird die Höhe der Finanzausstattung der großen Städte aus dem kommunalen Finanzausgleich nicht maßgeblich davon abhängen, ob eine Stadt kreisfrei oder kreisangehörig ist. Allein die Aufgaben, die sie wahrnimmt, werden das entscheidende Kriterium sein.

„Wir haben uns ein sehr ehrgeiziges Ziel gesteckt. Die Verwaltungsreform soll noch vor der parlamentarischen Sommerpause 2010 vom Landtag beschlossen werden. Dazu müssen die Gesetzentwürfe der Landesregierung im 1. Halbjahr 2009 in den Landtag eingebracht werden. Die Kreistags- und Landratswahlen sollen dann bereits im Jahr 2011 in den neuen Kreisstrukturen stattfinden“, erläuterte der Minister den Zeitplan.