Chance für benachteiligte Jugendliche: Produktionsschule Barth bietet Küstenfischerei an

Sozialminister Erwin Sellering hat am Mittwoch den neuen Werkstattbereich Küstenfischerei der Produktionsschule Barth eröffnet:

Junge Menschen haben künftig die Möglichkeit, in den Beruf des Küsten- und Kutterfischers hineinzuschnuppern und Qualifikationen für eine spätere Berufsausbildung zu sammeln. „In den kommenden Jahren wird ein Großteil der heute aktiven Fischer in den Ruhestand gehen und Nachwuchs wird dringend gesucht“, sagte Sellering. „Für die Jugendlichen ist das eine große Chance: Wenn sie sich ins Zeug legen und sich für eine solche Ausbildung begeistern können, haben sie hier eine echte Perspektive.“

Jeweils bis zu acht Jugendliche werden auf dem Schiff von zwei Fischereikapitänen betreut. Der 17 Meter lange Kutter hat eine eigene Fangquote. Die gefangenen Fische werden entweder sofort im Anschluss vermarktet oder Forschungsstellen zur Verfügung gestellt. „Die Jugendlichen haben Erfolgserlebnisse und sie sehen sofort das Ergebnis ihrer Arbeit. Das ist eine wichtige Motivation für die jungen Menschen“, sagte Sellering.

Realisiert wurde das Projekt mit einer Vielzahl von Partnern. An der Finanzierung sind neben dem Sozialministerium auch das Wirtschaftsministerium und das Landwirtschaftsministerium beteiligt. Außerdem unterstützen die Genossenschaft sowie der Verband der Küsten- und Kutterfischer, das Landesamt für Fischerei und die Landesforschungsanstalt für Fischerei das Projekt der Produktionsschule. Die Kutter- und Küstenfisch Rügen GmbH hat den Kutter samt Fangquote und Ausrüstung zur Verfügung gestellt. Unter anderem helfen auch die Gemeinden Barth und Klausdorf/Barhöft, indem sie die Liegeplätze kostengünstig anbieten. „Dank der vorbildlichen Zusammenarbeit der unterschiedlichsten Akteure können wir Jugendlichen die Möglichkeit geben, ins Berufsleben einzusteigen und das eigene Leben in die Hand zu nehmen“, sagte Sellering.

Hintergrund: Produktionsschulen in Mecklenburg-Vorpommern
Beim Aufbau und der Etablierung von Produktionsschulen ist Mecklenburg-Vorpommern bundesweit Vorreiter. In landesweit insgesamt sechs Produktionsschulen bekommen Schul- und Ausbildungsabbrecher oder orientierungslose junge Menschen eine Chance. Benachteiligte und beeinträchtigte junge Menschen im Alter zwischen 15 und 20 Jahren, die keinen Schulabschluss haben, keinen Ausbildungsplatz oder keinen Arbeitsplatz bekommen oder eine Ausbildung abgebrochen haben, bekommen in der Produktionsschule eine sehr individuelle Unterstützung.

In den Produktionsschulen liegt der Schwerpunkt auf der Arbeit in den Werkstätten und Betrieben – in Verbindung mit schulischem Lernen. Die Vermittlung von Wissen steht also in enger Beziehung zur Arbeit in der Praxis. Die Schüler bekommen dabei nicht nur Kenntnisse und Fähigkeiten mit auf ihren Weg. Sie sollen selbstbewusster werden und soziale Fähigkeiten trainieren. In den sechs Schulen gibt es insgesamt knapp 350 Plätze. Jährlich besuchen rund 600 junge Menschen eine Produktionsschule in Mecklenburg-Vorpommern.

Mit Hilfe engagierter Pädagogen können die Jugendlichen einen Schulabschluss machen und eine Ausbildungsstelle finden. Knapp die Hälfte der Produktionsschüler erreicht einen Schulabschluss. Außerdem erwerben viele junge Menschen in der Produktionsschule zusätzliche Qualifikationen, wie etwa einen Maschinenführerschein, die Fahrerlaubnis oder einen Schweißerpass.

Fünf Produktionsschulen werden bis zum Jahr 2013 mit insgesamt 12,9 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds unterstützt. Im Jahr 2008 steuern die Landkreise und ARGEN fünfzehn Prozent der Kosten bei. Die Produktionsschule Wolgast wird komplett von der Sozialagentur Ostvorpommern getragen. Aus dem Verkauf von Produkten und Dienstleistungen erwirtschaften die Schulen selbst jährlich rund 30 000 bis 35 000 Euro.