„Junge Generation zwischen Überforderung und grenzenlosem Optimismus“
Gehen uns die Akademiker aus? Die bildungspolitischen Herausforderungen der alternden Gesellschaft waren heute (30.06.2011) Schwerpunkt der 4. Denkwerkstatt Demografie, die vom Department „Aging Science and Humanities“ der Universität Rostock und dem Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels als Lunchtime-Talk im WissenschaftsForum Berlin veranstaltet wurde.
Im Jahr 2008 standen 100 Erwerbstätigen etwa 32 junge Menschen im Alter von 20 Jahren gegenüber. 1970 waren das noch 52 Jugendliche. Der demografische Wandel ist unübersehbar: Schulen werden geschlossen, Unternehmen suchen händeringend Auszubildende und die Universitäten stehen in einem immer härter werdenden Wettbewerb um die Abiturienten und geeigneten wissenschaftlichen Nachwuchs.
„Der Leistungsdruck beginnt heute bereits im Kindesalter. Eltern wollen ihre Schützlinge bestens auf die Anforderungen des globalen Arbeitsmarktes vorbereiten, schießen dabei aber oft über das Ziel hinaus und erzeugen so vielfach eine Abwehrhaltung gegen das Lernen und Leistungsdruck“, stellte Prof. Dr. Wolfgang Schareck, Rektor der Universität Rostock, heute in Berlin fest. Seine Beobachtung ist aber auch: „Junge Menschen beginnen ihr Studium heute überlegt, sie sind bestens informiert und entwickeln oftmals geradezu perfektionistische Ansprüche an sich selbst“.
„Junge Deutsche sehen heute optimistisch in die Zukunft“, sagte Klaus Hurrelmann, Professor für Public Health und Bildung an der Hertie School of Governance, Berlin. „Sie sind nicht mehr die Generation der Überflüssigen, sondern nehmen wahr: Wir werden umworben.“ Hurrelmann sieht eine junge Generation, deren Optimismus mit Pragmatismus und dem Vertrauen in sich selbst, die Zukunft gut meistern zu können, gepaart ist. „Vor allem junge Frauen sehen in der Bildung die Chance, ihr Leben selbstbewusst zu gestalten.“ Hurrelmann räumt allerdings auch ein, dass es in Sachen Hochschulbildung noch immer eine Rolle spielt, ob Jugendliche aus einem benachteiligten oder gut situierten Elternhaus stammen.
Die demografischen Veränderungen sind besonders im Osten Deutschlands zu spüren, wo die Hochschulen schon jetzt mit der sinkenden Zahl von Studienanfängern konfrontiert sind. „Universitäten in Abwanderungsregionen müssen also verstärkt Ideen entwickeln, um für potenzielle Studienanfänger – auch und gerade aus den westlichen Bundesländern – interessant zu sein“, sagte der Rektor der Rostocker Universität, Prof. Wolfgang Schareck. „Als Hochschule attraktiv zu sein, heißt, einzigartige und bedarfsgerechte Angebote in Forschung und Lehre aber auch im sozialen Bereich zu bieten“, so Schareck. Für ihn sind „Familien- und Kinderfreundlichkeit, politisches und bürgerschaftliches Engagement oder eine praxisnahe Lehre, solche Profil gebenden Schritte“. Sein Fazit für den härter werdenden Wettbewerb in der akademischen Ausbildung: „Hochschulen brauchen ein nachfrageorientiertes Profil, um sich abgrenzen zu können.“
Die Denkwerkstatt Demografie wird vom dem Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels, dem Department „Aging Science and Humanities“ der Universität Rostock, dem Rostocker Max-Planck-Institut für demografische Forschung und Population Europe organisiert. Die Diskussionsreihe gibt Experten aus Politik und Wissenschaft, aus zivilgesellschaftlichen Institutionen und den Medien einen Rahmen, um gesellschaftsrelevante Themen der Alternsforschung zu diskutieren. Die heute zu Ende gegangene 4. Denkwerkstatt beendet vorläufig diese Berliner Lunchtime-Reihe von Universität Rostock und Max-Planck-Institut für Demografische Forschung Rostock.
Quelle: Universität Rostock