„Gewichtige Entscheidungen“ zwischen Antalya und London

Deutsche Heber-Mannschaft mit Gold und Silber bei der EM dekoriert

Die olympischen Entscheidungen auch im Gewichtheben rücken immer näher. In der Geschichte des Gewichthebens seit 1896 waren bis 2008 die Heberinnen und Heber aus Russland (einschließlich UdSSR/GUS) mit 47 x Gold am erfolgreichsten, vor China mit 24 x Gold, den USA mit 16 x Gold, Bulgarien mit 12 x Gold, Deutschland und Frankreich mit jeweils 9 x Gold und der Türkei mit 8 x Gold.

Bereits innerhalb der antiken Olympischen Spielen war Gewichtheben – in den damaligen Wettkämpfen wurden Steine gestemmt – sehr populär. Kein Wunder, dass es sofort in das Programm der ersten  Olympischen Spiele der Neuzeit aufgenommen wurde. Im Jahr 1896 siegte sowohl ein Engländer als auch ein Grieche: Launceston Elliott (England/einarmiges Gewichtheben) und Viggo Jensen (Griechenland/beidarmiges Gewichtheben).

Die Gewichte hebenden Frauen durften erst ab 2000 bei Olympia starten.

Welt-Titelkämpfe seit 1891

„Internationale Meisterschaften“ bzw. Weltmeisterschaften im Gewichtheben gibt es seit 1891 (in London) für die Herren. Die Frauen durften erst viel später an die weltmeisterliche Hantel. Erst in Daytona Beach wurden Frauen-WM ausgetragen. Ähnlich war es mit den EM … Jene für die Herren werden seit 1896 (in Rotterdam) für die Herren. Die ermitteln ihre Europameisterinnen erst seit 1988 (in San Marino).

Für die deutschen Gewichtheber war bei Olympia 2008 in Peking zuletzt der Superschwere Matthias Steiner erfolgreich. Julia Rohde konnte bei den EM 2011 in Kasan Silber im Zweikampf und Bronze im Reißen in der Klasse bis 53 kg erkämpfen.

Olympische Erfolge auch für M-V

Für Mecklenburg-Vorpommern und deren Gewichtheber-Hochburg Stralsund liegen die olympischen Erfolgsmomente schon ein wenig länger zurück:
So belegte der gebürtige Schweriner Jürgen Ciezki in Montreal 1976 Platz fünf (II. Schwergewicht), bei den Spielen 1976 konnte der gebürtige Barther Helmut Losch, für Stralsund startend, sogar Bronze (Superschwergewicht) erkämpfen.

Bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau durfte sich Jürgen Heuser (auch in Barth geboren und für Stralsund startend) über Silber (Superschwergewicht) freuen. Andreas Behm belegte dann 1992 in Barcelona Rang drei, dort kam der gebürtige Rostocker Mario Kalinke (für Stralsund antretend) auf Rang neun (II. Schwergewicht).

Der Stralsunder Andreas Behm ist vorsichtig mit seiner Olympia-Prognose im Gewichtheben, traut jedoch Matthias Steiner, dem Olympiasieger im Superschwergewicht 2008, Edelmetall wieder zu: „Die Olympischen Spiele haben bekanntlich ihre eigenen Gesetze. Natürlich können die Top-Nationen noch neue starke, unbekannte Leute nominieren und so für Überraschungen sorgen. Gerade die Iraner können in den oberen Gewichtsklassen ja immer wieder erfolgreiche Athleten präsentieren. Und letztendlich kann es immer wieder passieren, dass auch klasse Leute Nerven zeigen und scheitern. Olympia ist nun einmal nur alle vier Jahre. Für die deutschen Athletinnen und Athleten wird es bei Olympia aber ganz, ganz schwer. Bei der Vergabe dürften sie – bis auf Matthias Steiner – keine große Chance haben.  Für Matthias wird es allerdings ebenfalls nicht leicht. Der Iraner Behdad Salimikordasiabi schaffte in Paris 464 kg. Das ist schon eine Marke. Sicherlich, auch das muss bei Olympia erst einmal wiederholt werden. Matthias traue ich aber auf jeden Fall eine Olympia-Medaille zu.“

EM 2012 mit Gold und Silber für die deutsche Mannschaft

Bei den Europameisterschaften Mitte April 2012 in Antalya bewies Matthias Steiner wieder seine große Klasse und präsentierte sich drei Monate vor Beginn der Olympischen Spiele in sehr guter Verfassung. So belegte der Olympiasieger von 2008 in der Klasse 105 Kilogramm plus x im Zweikampf Rang zwei hinter dem Russen Ruslan Albegow, der nach Stoßen und Reißen insgesamt 429 Kilogramm schaffte.

Eine EM-Goldmedaille gab es bei den EM im Gewichtheben 2012 für die deutsche Mannschaft ebenfalls. Tom Schwarzbach erreichte in der Klasse bis 85 Kilogramm 201 Kilogramm im Stoßen. Das war in der Endabrechnung der erste Platz in der Teil-Disziplin Stoßen vor dem Georgier Rauli Tsirekidze und dem Rumänen Gabriel Sancraian.

Ansonsten gingen die 45 EM-Goldmedaillen bei den Herren und den Damen 2012 in Antalya an Russland (14), Aserbaidschan (7), die Türkei (6), Moldawien (5), Albanien (3), Polen (3), Georgien (2), Rumänien, Litauen, Spanien, Deutschland und Bulgarien (je eine). Ingesamt erkämpften 20 Länder EM-Medaillen 2012. „Der leichteste Stärkste“ war bei dem EM ’12 Valentin Christow aus Aserbaidschan mit bewältigten 280 Kilogramm in der Klasse bis 56 Kilogramm im Zweikampf. Der „absolut“ Stärkste wurde der schon erwähnte Ruslan Albegow aus Russland.

Bei den Damen avancierte Marzena Karpinska aus Polen zur „leichtesten Stärksten“, die 187 Kilogramm in der Klasse bis 48 Kilogramm zur Strecke brachte. Die „absolut“ Stärkste bei den EM 2012 kam hingegen aus Russland – Tatjana Kaschirina schaffte 328 Kilogramm in der Klasse 75 Kilogramm plus x.
Die Gewichtheberinnen und Gewichtheber aus Russland, Aserbaidschan, der Türkei oder Moldawien können jedenfalls „mit viel Rückenwind“ zu den Olympischen Spielen reisen, wenn auch die Athletinnen und Athleten aus den USA, aus dem Iran, aus Nord- bzw. Südkorea, aus Indonesien, aus Kanada oder aus Japan maßgeblich um die Medaillen mit heben werden.

Vom 28. Juli bis 7. August 2012 finden übrigens die olympischen Entscheidungen im Gewichtheben im ExCeL Exhibition Centre in der britischen Hauptstadt statt – insgesamt 15 (8 bei den Herren / 7 bei den Frauen). Es warten also noch herausragende Konkurrenzen auf die Gewichtheberinnen und Gewichtheber aus aller Welt im Jahr 2012!

Marko Michels