Ein afrikanisches Fußball-Märchen beginnt?!

Fußball-WM 2010 vor dem Start

Die Endrunde der Fußball-WM 2010 beginnt heute definitiv, aber auch die Frauen sind schon heiß auf ihre WM 2011 im nächsten Jahr.

Nia KünzerEine die Fußball-Geschichte schrieb und zwar nicht mehr mit dem Ball, aber als ARD-Fußball-Expertin am Mikrofon mit den Worten jongliert, ist Nia Künzer, Jahrgang 1980. Nia schoss im Finale der Fußball-WM der Frauen 2003 in den USA das goldene Tor zum 2:1 nach Verlängerung gegen Schweden.

Frage: Nia, Ihr Name wird wohl für „alle Ewigkeit“ mit dem goldenen Tor in der Verlängerung des WM-Finales gegen Schweden in Verbindung gebracht werden. War dieses Tor – im Rückblick betrachtet – mehr Fluch oder Segen ?! Letztendlich gerieten ja Ihre anderen Erfolge in den Hintergrund.

Nia Künzer: Trotz allem sehe ich das Tor rückblickend betrachtet sehr positiv. Ich profitiere heute noch von diesem Moment und denke gerne an die Zeit zurück. Ich hatte eine tolle Zeit mit der Mannschaft. Frauenfußball-Kenner erinnern sich aber sicherlich auch an meine anderen Erfolge, da ich mit dem FFC Frankfurt eine sehr erfolgreiche Zeit erleben durfte.

Frage: Im letzten Test-Spiel der Fußball-Damen gab es gegen die USA eine herbe 0:4-Niederlage. Ein „Wachrüttler“ zum richtigen Zeitpunkt? Wie beurteilen Sie das gegenwärtige Leistungsvermögen der DFB-Damen? Wie sind die Chancen auf den Titel 2011 im eigenen Land?

Nia Künzer: Die Niederlage ist Motivation für alle Spielerinnen, weiter hart zu arbeiten. Die letzten Spiele gegen die USA waren leider immer erfolglos, doch haben die Spiele auch gezeigt, dass die deutsche Mannschaft spielerisch mithalten kann. Der Umbruch ist gut gelungen und es gibt viele hungrige junge Spielerinnen. Das Abschneiden beim Algarve-Cup lässt mich optimistisch Richtung WM 2011 blicken.

Frage: Ihr Vorname ist ziemlich exotisch. Sie wurden ja auch in Botswana geboren … Wie kam es dazu?

Nia Künzer: Meine Eltern haben von 1978 bis 1980 als Entwicklungshelfer dort gearbeitet und haben daher auch einen afrikanischen Namen für mich gewählt. Und mit dem bin ich sehr zufrieden.

Frage: In Afrika findet nun ja auch die Fußball-Weltmeisterschaft statt. Südafrika ist dabei der erste afrikanische Gastgeber einer Fußball-WM. Glaubt man einigen Medienberichten, so wird ein „Fußball-Sommermärchen“ mit vollen Stadien, super Stimmung  und  großen Fußball-Festen dort wohl ausbleiben … Was erwarten Sie persönlich von den WM der Herren 2010?

Nia Künzer: Ich finde es großartig, dass die FIFA an der Entscheidung festgehalten hat, die WM in Südafrika auszutragen. Es bedeutet für das Selbstbewusstsein der Afrikaner sehr viel. Ich hoffe, dass es der Bevölkerung ermöglicht wird, an diesem Großereignis teilzuhaben und hoffe, dass viele Menschen dieses wunderbare Land besuchen. Natürlich ist eine WM in Südafrika nicht vergleichbar mit der WM 2006 in Deutschland, aber das ist auf Grund der unterschiedlichen Rahmenbedingen – Infrastruktur, Lage, Größe usw. – beider Länder doch ganz natürlich.

Frage: Aus dem deutschen Lager drangen in den letzten Wochen nur Hiobsbotschaften. Der Star des Teams, Michael Ballack, ist verletzungsbedingt nicht dabei. Ist Deutschland dennoch stark genug, um zum vierten Mal Weltmeister zu werden?

Nia Künzer: Vergleicht man das Spielerpotential der deutschen Mannschaft mit dem von anderen Mannschaften, wie Spanien oder Argentinien, fällt es mir schwer vorzustellen, dass Deutschland Weltmeister wird. Jedoch kann sich auch in einer vermeidlich schwächeren Mannschaft eine Dynamik entwickeln und diese über sich hinauswachsen. Gerade die Rückschläge der letzten Wochen und die Vorzüge einer Turniermannschaft könnten zu einer solchen Entwicklung führen. Ich hoffe auf das Viertelfinale!

Frage: Wie schätzen Sie das Leistungsniveau im internationalen Herren-Fußballsport ein? Für welche Teams – neben den deutschen Kickern – hegen Sie Sympathien? Glauben Sie, dass es 2010 erstmals einer afrikanischen Mannschaft gelingen wird, ins Halbfinale vorzudringen?

Nia Künzer: Ich würde mir sehr wünschen, eine afrikanische Mannschaft im Halbfinale zu sehen, auch wenn es sehr schwer wird. Der Elfenbeinküste traue ich es am ehesten zu. Spanien ist eine Mannschaft, die durch die Qualität der Einzelspieler sehr beeindruckt. Das Leistungsniveau ist gerade in der Spitze zwischen einigen Mannschaft sehr gut und eng. Ein Spiel kann daher, ähnlich wie in der Champions League, durch ein oder zwei Aktionen bzw. durch die Tagesform entschieden werden. Zum Favoritenkreis zähle ich außerdem noch Argentinien und England.

Frage: Verfolgen Sie eigentlich auch das Fußball-Geschehen im Nordosten? Hier herrscht gerade tiefe Betroffenheit nach dem Abstieg des Traditionsteams vom FC Hansa Rostock aus der 2.Bundesliga … Leiten Sie doch mal einige Trainingseinheiten – als Weltmeisterin werden Sie die Ostsee-Kicker bestimmt wieder fit bekommen 🙂 !

Nia Künzer: Natürlich habe ich den Verlauf der Saison für Hansa Rostock verfolgt und bedauere die sportliche Entwicklung sehr. Für die Region ist ein Verein mit mindestens 2.Bundesligaiga-Format wichtig. Ich hoffe, die Verantwortlichen können den Trend stoppen und mit solider Vereinsführung und jungen Spielern wieder aufsteigen.

Letzte Frage: Werden Sie auch vor Ort in Südafrika sein?

Nia Künzer: Ich werde von der WM im ARD-Morgenmagazin aus Südafrika berichten.

Dann maximale Erfolge und alles Gute für Sie!

Marko Michels

Foto: Macht Kinder stark – für ein Leben ohne Sucht und Drogen: Fußball-Weltmeisterin Nia Künzer engagiert sich als Botschafterin für die Initiative zur Suchtvorbeugung „Kinder stark machen“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. (BZgA / mit freundlicher Genehmigung).
www.kinderstarkmachen.de

Tipp für Familien: Die jährliche „Kinder stark machen“-Tour macht am 12. September Station beim Zoofest in Rostock und bietet Informationen und Mitmachaktionen im Erlebnisland.