Diffamierende Äußerungen von Böhmer und Pfeiffer unerträglich

SPD-Abgeordnete Tegtmeier: Keine neue Ost-West-Debatte auf dem Rücken ostdeutscher Frauen

Die frauen- und gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Martina Tegtmeier, hat die Äußerungen des Ministerpräsidenten von Sachsen Anhalt, Wolfgang Böhmer, mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen. „Eine kollektive Schuldzuweisung an die DDR-Frauen ist fast 20 Jahre nach der Wende unerträglich. Das Recht auf Schwangerschaftsabbruch dafür verantwortlich zu machen, dass Frauen unüberlegt und leichtfertig ihre Schwangerschaft abgebrochen haben, diffamiert alle Frauen – nicht nur die im Osten. Wenn der Kriminologe Christian Pfeiffer jetzt den historischen Zusammenhang von DDR-Müttern und der erhöhten Zahl von Kindstötungen in den neuen Bundesländern konstruiert, geht das in dieselbe Richtung.“

Nach Tegtmeiers Worten habe man es mit einem gesamtgesellschaftlichen Problem zu tun. Bundesweit verzeichne man zum Beispiel in den Jahren 1996-2006 eine Zunahme an Schwangerschaftsabbrüchen unter Teenagern bis 18 Jahren um 40 Prozent (Demos, Ausgabe 31, Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, 2007). Dabei spielten Bildungs- und Berufsperspektiven sowie die Frage der sozialen Kontrolle eine nicht unerhebliche Rolle. An der Spitze stehen dabei die Stadtstaaten Bremen und Berlin, dann folgen Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Schleswig Holstein. Im Ost-West-Vergleich könne man sehen, dass die Abbrüche je 10.000 Frauen in den neuen Bundesländern von 18 auf 36 und in den westlichen Bundesländern von 15 auf 22 gestiegen sind (Zahlen für die Jahre 1996-2005, Studie ‚Not am Mann‘, Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung 2007). Es gebe also ein Ost-West-Gefälle, aber auch eine gemeinsame Tendenz. „Die Ursachen liegen viel tiefer als die Professoren Böhmer und Pfeiffer uns Glauben machen wollen“, so Tegtmeier.

In diesem Kontext sei ebenfalls die steigende Zahl von Teenager-Müttern zu diskutieren. Vor allem in strukturschwachen Regionen sähen junge Mädchen und Frauen mit eher niedrigeren Bildungsabschlüssen in der Mutterschaft zunehmend eine Alternative zu Ausbildung und Beruf. So sind etwa 10 Prozent der Mütter im Kreis Uecker-Randow (M-V), Bernburg (S-A) und Brandenburg an der Havel bei der Geburt ihres ersten Kindes unter 20 Jahre alt.

„Dem Wissenschaftler Pfeiffer kann ich nur beipflichten, ‚keine Denkverbote’ aufzustellen. Genauso verbitte ich mir jedoch, voreilig und ohne gründliche Analyse eine neue Ost-West-Debatte auf dem Rücken ostdeutscher Frauen zu entfachen. Und Ministerpräsident Böhmer sollte sich angesichts einer solchen Entgleisung die Frage stellen, ob er seine Amtsgeschäfte noch angemessen führen kann,“ so Tegtmeier abschließend.