Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit bleibt Daueraufgabe

Dr. Norbert Nieszery: FDP-Fraktionschef hat nicht die Deutungshoheit über DDR-Geschichte!

Ministerpräsident Erwin Sellering hat am Wochenende in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt zur Frage der Aufarbeitung des DDR-Unrechts erklärt: „Wir sollten keinen Schlussstrich ziehen. Allerdings wird die Vergangenheit weiter an Bedeutung verlieren, wenn eine neue Generation heranwächst.“ Diese Aussage wird von FDP-Fraktionschef Michael Roolf dazu missbraucht, dem Ministerpräsidenten die Qualifikation als Landesvater abzusprechen. Hierzu erklärte heute der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Norbert Nieszery:

„Die Äußerungen von Herrn Roolf sind in keiner Weise nachvollziehbar und geradezu ungeheuerlich. Ich frage mich, welche Form der demokratischen Diskussionskultur in den Köpfen führender FDP-Politiker vorherrscht. Der Ministerpräsident hat klar gesagt, dass es auch weiterhin eine Daueraufgabe bleiben wird, DDR-Unrecht im Rahmen von Einzelfallprüfungen aufzuklären. Dass jedoch die Zahl der Betroffenen mit dem zeitlichen Abstand zu den Ereignissen abnimmt, ist eine biologische Tatsache, die nicht einmal Herr Roolf leugnen kann. Dies ändert doch nichts an der Notwendigkeit einer konsequenten Aufarbeitung der Vergangenheit! Die Ansicht von Herrn Roolf, der Ministerpräsident dürfe sich nicht zur DDR-Vergangenheit äußern, nur weil er sie nicht erlebt habe, ist völlig absurd – genauso abenteuerlich ist seine Forderung, dass die Deutungshoheit über unsere Geschichte ausschließlich bei den Blockflöten liegen dürfe! Hat denn der FDP-Fraktionschef die letzen 20 Jahre des Zusammenwachsens zwischen Ost- und Westdeutschland verschlafen? Das Totschlag-Argument, dass nur Ostdeutsche die DDR-Geschichte zur Sprache bringen dürfen, entstammt der Mottenkiste historischer Irrtümer und verhindert, dass die Spaltung Deutschlands endgültig überwunden wird. Denn es bedient die sattsam bekannten Klischees und schürt bloß längst überwunden geglaubte Ressentiments zwischen Ost- und Westdeutschen. Dem Ministerpräsidenten eines ostdeutschen Bundeslandes steht es nicht nur zu, sich Gedanken über das DDR-Unrecht zu machen, es gehört sogar zu seinen Aufgaben, mit solchen Äußerungen einen Beitrag zum Zusammenwachsen Deutschlands zu leisten. Herrn Roolfs hysterische Ausfälle hingegen sind der Rolle und Verantwortung unwürdig, die einem Oppositionsführer in einem demokratischen Staatswesen zukommt.“