Erfolge nonstop für Athleten mit Handicaps aus M-V

Gold und weiteren Medaillen in der Leichtathletik, im Judo, Schwimmen und Goalball


Es werden in den sommerlichen Wochen 2015 eine ganze Reihe von Weltmeisterschaften, Europameisterschaften und weiteren Events in den verschiedenen Sportarten ausgetragen, wie zum Beispiel aktuell die 25.Hanse Sail in Rostock.

Ramona Brussig

Dabei geht der Sport für Athletinnen und Athleten mit Handicaps – medial betrachtet – oftmals etwas unter. Obwohl insbesondere diese Sportlerinnen und Sportler mehr als andere für einen aufrichtigen, fairen und hochklassige Wettstreit stehen.

Zwischen World Youth Games und IPC-WM in der Leichtathletik

So fanden kürzlich auch die World Youth Games in Stadskanaal (Niederlande) statt, bei denen die Leichtathletin Lindy Ave (Greifswald) einmal Gold, dreimal Silber und der Leichtathlet Tom Schulz (Greifswald) einmal Silber erkämpfte. Des Weiteren standen die Special Olympics World Games im Fokus. Bei diesen Spielen in Los Angeles starteten 6500 Athletinnen und Athleten aus 165 Ländern.

Darüber hinaus zeigten die Schwimmerinnen und Schwimmer mit Handicaps bei den WM in Glasgow ihr großes Können. Denise Grahl (Schwerin/Rostock) und der gebürtige Schweriner Torben Schmidtke holten jeweils Bronze.

Erfolgreiche Starts im Judo

Zuvor präsentierten sich die Zwillingsschwester Ramona und Carmen Brussig (PSV Schwerin) in großartiger Form, bei den IBSA-World Games in Seoul. Carmen schaffte dort Gold, Ramona Bronze. Diesen Medaillen-Erfolg wiederholte Ramona dann bei den „Europaspielen“ in Baku.

Medaillen möchten auch die gebürtige Ueckermünderin Marianne Buggenhagen, die gebürtige Schwerinerin Vanessa Low und Jana Schmidt (1.LAV Rostock) bei den WM für Leichtathletinnen und Leichtathleten mit Handicaps vom 22.Oktober bis 31.Oktober in Doha erkämpfen.

Und über eine großartige Platzierung bei den EM in Kaunas freuten sich die Rostocker Goalballer – Platz fünf, eine tolle Leistung.

Apropos Goalball…

Gerade fanden die Nachwuchs-Weltmeisterschaften im Goalball in Colorado Springs statt. Dort wurde das deutsche Jugend-Team M-V-Beteiligung sogar Weltmeister.

Wie verlief nun die WM im Goalball in den USA genau?

Nachgefragt bei Christina Erpen, Landestrainerin Goalball beim Verband für Behindertensport in M-V

C.Erpen über die Goalball-Nachwuchs-WM 2015, die Faszination am Goalball-Sport, die Leistungszentren in M-V, neue Ziele und weitere Turniere in diesem Jahr

„Es gibt echte Chancen-Gleichheit…“

Frage: Herzlichen Glückwunsch zum WM-Erfolg für Ihre Schützlinge! Wer gewann nun konkret das WM-Gold im Goalball?

Christina Erpen: Das Gold gewann das Jungen-Team, das aus fünf Spielern besteht. Für M-V sind das Marcel Lehmann aus Lübz bzw. Danny Maaß aus Greifswald (beide VfL Blau Weiß Neukloster) bzw. Thomas Steiger(RGC Hansa) sowie dazu Oliver Hörauf (Ascota Chemnitz) und Khristo Dimov (SSG Blista Marburg)

Frage: Wie war der Verlauf der WM für das deutsche Jugend-Team? Welche Spiele waren besonders spannend?

Christina Erpen: Wir starteten mit einem Jungen- und einem Mädchen-Team. Am Turnier selbst nahmen elf Mannschaften aus der ganzen Welt teil.

Die Jungs durften in der Vorrunde gleich das Eröffnungsspiel gegen den Gastgeber USA bestreiten, welches sie mit einem 12:2 gewannen. Dann folgten weitere Siege gegen Korea mit 13:5, gegen Ungarn mit 11:1, gegen Schweden mit 14:5 und gegen Kanada mit 12:2, so dass sie ganz souverän als Gruppensieger die Vorrunde abschlossen.

Im Halbfinale trafen sie dann nochmals auf das Team der USA und gewannen wiederum, dieses Mal mit 15:5. Die Silbermedaille hatten sie damit schon sicher in der Tasche, aber im Finale trafen sie dann auf das Team aus Schweden und beendeten das Spiel sehr überlegen bereits nach 6 Minuten mit einem 12:2. Denn: Bei einem Zehn-Tore-Unterschied wird das Spiel abgebrochen… Damit konnten die Jungs konnten die Goldmedaille nach Hause bringen.

Enger ging es hingegen bei den Mädchen zu: Sie mussten mit nur vier Spielerinnen auskommen, da Francesca Richter(VfL Blau Weiß Neukloster) verletzungsbedingt nicht antreten konnte.

Sie gewannen in der Vorrunde zunächst gegen Korea mit 6:1, spielten gegen Canada 4:4, erkämpften gegen China einen 7:2-Sieg und zeigten gegen die USA eine starke Partie. So führten sie Mädel bis 5 Minuten vor Spielende und mussten dann leider Imke Fritzsche, die stärkste Werferin, verletzungsbedingt auswechseln. Die Folge: Das Team kassierte dann noch zwei Tore, so dass sie die Vorrunde auf Platz zwei beendeten.

Im Halbfinale traf das deutsche Team dann auf die Kanadierinnen, die sich im Laufe des Turnieres deutlich steigerten und mußten eine 10:2-Niederlage hinnehmen.

Im Kampf um die Bronzemedaille trafen die Mädchen dann erneut auf China, mussten sich dort mit 6:4 geschlagen geben und verpassten knapp eine Medaille.

Frage: Was ist eigentlch das Faszinierende am Goalball? Was macht Goalball so attraktiv?

Christina Erpen: Beim Goalball tragen alle Akteure eine Dunkelbrille, so dass Chancen-Gleichheit hergestellt wird. Für Spielzüge, Würfe und Abwehr-Aktionen müssen sich die Athleten auf ihr Gehör, ihre Orientierung und ihre Intuition verlassen.

Nach dem Angriff ist vor der Abwehr: Ist der Angriff abgeschlossen, müssen die drei Akteure auf dem Feld sofort wieder in die Abwehrstellung, denn der Gegenangriff kommt innerhalb weniger Sekunden.

Um die bis zu 80 km/h schnellen Bälle verteidigen zu können, braucht es extremen Körpereinsatz. Schließlich ist das zu verteidigende Tor ganze neun Meter breit.

Die Faszination besteht darin, dass hier Teamgeist ganz wichtig ist, man muss sich sozusagen blind vertrauen. Von jedem Athleten werden voller Körpereinsatz, Kraft, Ausdauer und Konzentration gefordert. Gerade für sehbehinderte und blinde Menschen ist es oftmals schwierig, sich frei auf einem Spielfeld bewegen zu können. Daher gibt es beim Goalball entsprechende Rahmenbedingungen, zum Beispiel tastbare Linien oder Verteilung der Spieler auf drei Positionen.

Dazu kommt, dass sich viele Athleten sehr motiviert engagieren. Als Beispiel sei an dieser Stelle Reno Tiede genannt, der eng mit Hansa Rostock zusammen arbeitet und im letzten Jahr den Rostocker Goalballclub Hansa gründete.

Werbung ist für uns besonders wichtig, um diese Sportart bekannter zu machen, da wir hohe finanzielle Kosten haben. … Schon allein dadurch, dass wir durch die ganze Republik reisen müssen, um gegen eine andere Mannschaft antreten zu können und da alle von „Inklusion“ sprechen: Es ist eine Sportart, die alle gemeinsam betreiben können.

Frage: Wie viele Aktive im Goalball gibt es eigentlich in M-V? Wie ist es um den Nachwuchs bestellt?

Christina Erpen: In M-V gibt es sechs Nationalspielerinnen und Nationalspieler: unter anderem zwei Spieler im Nachwuchskader, sowie drei weitere Spieler beim RGC Hansa. Im Nachwuchsbereich – insbesondere beim VfL Blau Weiß Neukloster in Zusammenarbeit mit dem „Überregionalen Förderzentrum SEHEN Neukloster“ – gibt es zwölf Spielerinnen und Spieler in der Altersklasse zwölf bis achtzehn Jahre bzw. zwölf Spielerinnen und Spieler in der Altersklasse sechs bis zwölf Jahre

Frage: Und was sind die nächsten Herausforderungen für Ihre Schützlinge?

Christina Erpen: Wir werden unter anderem am Liga-Pokal in Berlin teilnehmen und bei den Para-Games in Stockholm Ende Oktober in zwei verschiedenen Klassen – Open Class und Elite Class – antreten, sofern wir genügend finanzielle Mittel zusammen bekommen.

In Kiel ist ein internationales Freundschaftsturnier geplant. Zusätzlich stehen Teilnahmen beim Lady-Cup in Fulda und ein internationales Turnier im Dezember in Rostock noch auf unserem diesjährigen Wettkampf-Programm.

Vielen Dank, weiterhin bestes Engagement und maximale Erfolge im Goalball-Sport!

Marko Michels

Foto/Michels: Eine großartige Sportlerin – die paralympische Judoka Ramona Brussig.