Verleihung des Uwe-Johnson-Preises 2018 an Ralf Rothmann
Am 21.September 2018 erhält der in Berlin lebende Schriftsteller Ralf Rothmann den mit 20.000 Euro dotierten Uwe-Johnson-Preis für seinen aktuellen Roman »Der Gott jenes Sommers« (Suhrkamp Verlag). Die festliche Preisverleihung erfolgt in der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern in Berlin. Die Laudatio wird Dr. Julia Encke, Leiterin des Ressorts Literatur bei der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, halten.
Die Jury begründete ihre Entscheidung für Ralf Rothmann folgendermaßen:
»Mit ihrem Votum für ›Der Gott jenes Sommers‹ verleihen die Stifter den Uwe-Johnson-Preis 2018 an einen Autor, in dessen Gesamtwerk die unbestechliche Erinnerungsarbeit eine zentrale Rolle spielt. In seinem neuen Roman zeigt Ralf Rothmann aus der Sicht eines dreizehnjährigen Mädchens, dass Krieg nicht allein Tod und Verletzung, Entbehrung und Angst oder die Sorge um die Angehörigen bedeuten. Es geht ihm nicht nur um die Darstellung der äußeren Gewalt. Rothmann beschreibt eindrucksvoll, wie der Krieg die Seele angreift und die ‚ethische Sicherheit’ des einzelnen bedroht.
›Der Gott jenes Sommers‹ ist geprägt von einer Schreibweise, in der die präzise Darstellung des tagtäglichen Lebens vordringt zu einem minutiösen Abwägen zwischen Freiheit und Zwang, zwischen Widerstand und Resignation, Erlaubtem und Verbrechen – und deren Zwischenstufen. Indem der Autor in seinen Roman Erzählstücke hineinwebt, die im Dreißigjährigen Krieg angesiedelt sind, stellt er eine Verbindung der Zeiten her und wirft die existenzielle Frage auf, ob der Mensch aus den Kriegen ‚gelernt’ hat.
Die außergewöhnliche Fülle an Details und die Art der Darstellung lassen uns staunend erfahren, wie das letzte Kriegsjahr und der Sommer 1945, die still und leise aus den Berichten von Zeitzeugen zu verschwinden drohen, durch das literarische Erinnern erneut wichtig werden für die Gegenwart. Ralf Rothmanns Kunst besteht darin, dem Individuum Rechnung zu tragen und es zugleich in den gesellschaftlichen Zeitläuften zu verorten, in die es – oft gegen seinen Willen – hineingezogen wird. Das impliziert neben dem Realismus des Erzählens, wie bei Uwe Johnson, die Wort für Wort artikulierte Hoffnung: Das private und allgemeine Verhängnis dürfen nicht das letzte Wort behalten.«
Der Uwe-Johnson-Preis wurde 1994 erstmals verliehen. Der Preisträger Ralf Rothmann folgt auf Jan Koneffke, Lutz Seiler, Christoph Hein, Christa Wolf, Uwe Tellkamp, Joochen Laabs, Norbert Gstrein, Jürgen Becker, Gert Neumann, Marcel Beyer, Walter Kempowski und Kurt Drawert.
Der Uwe-Johnson-Preis wird von der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft e.V. (Neubrandenburg) gemeinsam mit der Kanzlei Gentz und Partner Rechtsanwälte mbB (Berlin) und dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg KdöR im jährlichen Wechsel mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis vergeben.
Pressemitteilung / Katrin Ritte, Kirchner Kommunikation