Dr. Norbert Nieszery: Koalitionsvertrag im Bund übertrifft schlimmste Befürchtungen

Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Norbert Nieszery, äußerte sich nach der Lektüre des Koalitionsvertrages auf Bundesebene entsetzt über die darin enthaltenen sozialen Grausamkeiten:

„Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP ist unsozial, frauenfeindlich, ungerecht und unpräzise. Er enthält jede Menge Mehrbelastungen, die vor allem diejenigen treffen, die von einem geringen Einkommen leben müssen. Es kann doch nicht angehen, dass die ständig steigenden Kosten im Gesundheitswesen ausschließlich den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aufgebürdet werden, während die Arbeitgeberanteile auf dem heutigen Stand eingefroren werden. Und dabei wird noch nicht einmal eine Abstufung nach Einkommen vorgenommen, sondern alle sollen – egal ob leitende Angestellte oder Hilfsarbeiter – den gleichen Pauschalbetrag berappen. Unsozialer geht es wohl kaum!

Und dass Frauen mit 150 Euro im Monat dafür belohnt werden sollen, dass sie ihre Kinder nicht in eine frühkindliche Bildungseinrichtung geben, ist in höchstem Maße frauenfeindlich: Frauen sollen wohl zurück an den Herd, damit das konservative Familienbild wieder stimmt! Und was ist mit den Bildungsimpulsen, die nach Ansicht aller Experten Kinder vor allem im Alter bis zu 3 Jahren durch gezielte Förderung bekommen sollten? Der Ausbau von Kita und Tagesbetreuung ist weitaus sinnvoller als marginale finanzielle Verbesserungen beim Kindergeld oder bei der Besteuerung von Familien. Aber offenbar geht es den Berliner Koalitionären nicht um reale Verbesserungen für Frauen und Kinder, sondern um die Befriedigung konservativer Ideologien und liberaler Steuersenkungsfantasien.

Geradezu absurd ist es, das Verbot sittenwidriger Löhne gesetzlich festschreiben zu wollen. Entweder Löhne sind sittenwidrig, dann sind sie auch verboten, oder sie sind nicht verboten, aber so niedrig, dass man davon nicht leben kann. Dagegen hilft nur eines: existenzsichernde flächendeckende Mindestlöhne, aber kein Geeiere über Sittenwidrigkeit! Gerade in einem Land wie Mecklenburg-Vorpommern, das sich immer mehr zum Niedriglohn-Land entwickelt, ist dies eine existenzielle Frage!

Eine weitere eklatante Ungerechtigkeit besteht in der versprochenen Steuerentlastung von 24 Milliarden Euro, die in erster Linie die Länder zu schultern haben. Mecklenburg-Vorpommern, also Land wie Kommunen, haben deswegen bald 240 Mio. Euro weniger im Haushalt. Damit stößt die Finanzierungsfähigkeit des Landes und der Kommunen an seine Grenzen – zumal vor dem Hintergrund der gerade erst beschlossenen Schuldenbremse.

Ansonsten sind die wirklich kritischen Fragen wie die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme schön auf Arbeitskreise verschoben worden –vermutlich mit dem Hintergedanken, dass die dort zu beschließenden Grausamkeiten nicht mehr so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen werden wie der Koalitionsvertrag. Und für andere angebliche Wohltaten wie mehr Geld für Bildung müsste die schwarz-gelbe Koalition tief in die verfassungsrechtliche Trickkiste greifen: wie soll denn z.B. plötzlich Geld vom Bund an die kommunalen Schulträger fließen können, wo doch direkte Finanzbeziehungen zwischen Bund und Kommunen erst kürzlich durch die Föderalismusreform nahezu ausgeschlossen worden sind?

Mein Fazit: der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP übertrifft die schlimmsten Befürchtungen, er nimmt eine äußerst ungerechte Umverteilung von unten nach oben vor und wird große Probleme für die Finanzlage Mecklenburg-Vorpommerns mit sich bringen!“

Landtag M-V