Die Meisterschale fest „im Blick“ und bald schon fest „im Griff“?!

Nachgefragt bei SSC-Volleyballspielerin Maren Brinker

1986… War das ein besonderer Jahrgang? Ja, doch, es passierte seinerzeit eine ganze Menge. Positives, Negatives. Tschernobyl, die Challenger-Katastrophe, das erschütternde Tupolew-Flugzeug-Unglück mit vielen Schweriner Schülerinnen und Schülern, der Untergang des Fährschiffs „Ekhlas Star“ – traurige Momente. Michail Gorbatschow sorgte hingegen mit seiner Politik von „Glasnost und Perestroika“ für neue Hoffnung „hinter dem Eisernen Vorhang“. Die legendäre Raumstation „Mir“ wurde gestartet. „Jenseits von Afrika“ gewann den Oscar als „Bester Film“. Erstmals erhielt mit Wole Soyinka ein Afrikaner den Literatur-Nobelpreis.

Auch sportlich war viel los. Dank der „Hand Gottes“ setzte sich Argentinien bei der Fussball-WM in Mexiko gegen England durch, stürmte ins Finale und besiegte dort Deutschland mit 3:2. Fast so etwas wie „olympische Zwischenspiele“ gab es in Moskau, die „Goodwill Games“, die nach drei Boykottspielen – Montreal 1976, Moskau 1980 und Los Angeles 1984 – das sportliche Miteinander von Ost und West fördern sollten.

Sogar ein Frauen-Volleyball-Turnier stand seinerzeit auf dem Programm. Die Sowjetunion setzte sich vor Peru, den USA und Japan durch. Deutschland-Ost landete vor Deutschland-West auf Rang sieben. Bei den folgenden Frauen-Volleyball-WM in der Tschechoslowakei überraschte Deutschland-Ost mit einigen Schwerinerinnen auf Rang vier. Besser waren nur China, Kuba und Peru.

Im Blickfeld: SSC-Volleyball-Ass Maren Brinker

Und eine exzellente Volleyballspielerin wurde geboren… Maren Brinker, die 2015 und 2016 jeweils „Volleyballerin des Jahres“ in Deutschland wurde und seit 2016 für den Schweriner SC die Bälle übers Netz schmettert. Eine herausragende Volleyballspielerin mit viel Talent, mit vielen Erfolgen, mit viel Power, Leidenschaft und Hingabe zu ihrem Sport. Eine Sportlerin, die mitreissen kann und Emotionen entfacht – kurzum eine Sportlerin, die man sich nur wünschen kann.

Interview

Maren Brinker über die bisherige Saison 2016/17 beim SSC, die Höhe- bzw. Tiefpunkte der aktuellen Spielzeit, die Qualität der Mannschaft, die Titel-Aussichten und die Herausforderungen mit der deutschen Nationalmannschaft

„Wir haben uns die Meisterschale verdient…“

Frage: In Schwerin murrten einige schon: Wieder kein DVV-Pokal, wieder kein Europapokal und bestimmt fliegen sie auch gegen den VC Wiesbaden raus. Aber siehe da… Der SSC belehrte manche Kritiker eines Besseren und zog souverän ins Endspiel ein! Wie erlebten Sie die bisherigen Monate in Schwerin, volleyballsportlich eine Hochburg, aber ansonsten liebreizende Provinz?

Maren Brinker FOTO: © Marko Michels

Maren Brinker: Für mich war es eine super Chance, wieder auf höchstem Niveau Volleyball spielen zu können und mich letztendlich sportlich weiter zu entwickeln. Ich musste ja aus der Türkei kurzfristig zurück kehren, weil mein dortiger Verein insolvent war. Hier in Schwerin wurde ich gleich mit offenen Armen empfangen. Dafür bin ich dem Schweriner SC auch sehr, sehr dankbar. Die bisherige Saison machte ungemein viel Spass, denn bislang war ich im Ausland immer die Legionärin mit viel Verantwortung. Hier ist es hingegen viel familiärer und freundschaftlicher. Diese Saison war eine sehr schöne Erfahrung.

Frage: Auf dem Feld wirken Sie stets ziemlich tough und locker. Da ähneln Sie insbesondere den SSC-US-Girls… Sind Sie stets optimistisch und kraftvoll?

Maren Brinker: Ich versuche zumindest, sehr optimistisch zu sein, weil ich davon überzeugt bin, dass man mit Pessimismus nicht viel erreicht. Und eine gewisse Lockerheit gehört zudem dazu, sowohl auf dem Spielfeld als auch abseits davon im „normalen Leben“, Stress abzubauen, Herausforderungen zu meistern und Probleme zu lösen. Es gelingt mir zwar auch nicht immer. Ich versuche aber mein Bestes.

Frage: Wenn Sie auf die bisherige Spielzeit zurück blicken: Was waren für Sie die Höhepunkte und wo sagen Sie: „Hey, wie konnte das nur passieren?!“…

Maren Brinker: Tja, es gab schon einige Höhepunkte, aber auch einen absoluten Tiefpunkt – das Pokal-Finale. Das war die erste Möglichkeit in der Saison 2016/17 einen Titel zu holen und wir gingen ja als Favoritinnen in diese Partie. Wir dominierten letztendlich bis zum Ende des zweiten Satzes dieses Endspiel, hatten auch im dritten Satz noch gute Chancen, das 3:0 klar zu machen, aber dann „brachen“ wir plötzlich „weg“. Nach dem Spiel begann für mich mental so eine Phase, in der ich an mir selbst zweifelte: Warum es uns, dem Team, und speziell mir, als erfahrener Spielerin, passierte.

Und… Warum ich diesen sportlichen Einbruch nicht auffangen konnte, warum es mir nicht gelang, die Mannschaft zurück ins Spiel zu holen. Ich sprach darüber mit unserem Mental-Trainer, aber auch unabhängig von diesem Gespräch ging es für mich wieder aufwärts. Seitdem spielen wir sehr konstant – ich sehe einmal von den Bursa-Spielen ab, weil Bursa noch einmal eine andere Klasse hat als wir bisher. Außerdem zeigen wir, so denke ich, einen sehr attraktiven Volleyballsport.

Frage: Noch einmal nachgehakt… Woran lag es aus Ihrer Sicht, dass das Team den Stuttgarterinnen zunächst haushoch überlegen war und am Ende im Pokalfinale doch verlor?

Maren Brinker: Wir waren vielleicht zu selbstsicher, insbesondere zum Ende des zweiten Satzes, als wir siebe Punkte liegen ließen, obwohl wir da zu keiner Zeit in Bedrängnis waren. Wir gaben damit den Stuttgarterinnen den Glauben zurück, dass noch etwas für sie gegen uns ging. Wir gaben ihnen damit ihr Selbstvertrauen zurück. Zwar nicht im genannten zweiten Satz, aber für das verbleibende Spiel…

Man muß dem Stuttgarter Team allerdings auch zugute halten, dass sie von da an „Alles oder Nichts“ spielten – und das mit Erfolg. Sie standen ja mit dem Rücken an der Wand, sie mussten so spielen und es glückte ihnen nahezu alles. Wir versäumten es leider, im dritten Satz alles klar zu machen. Wenn man dann in ein „mentales Loch“ gerät, es nicht gelingt, sich daraus zu retten, dann nimmt die Tragödie ihren Lauf – gerade im Volleyball.

Frage: Einige meinen, dass der SSC 2017 ist die bislang attraktivste Mannschaft auf dem Schweriner Volleyball-Parkett sei – im Hinblick auf die Spielweise, das Auftreten der Spielerinnen, ihre Willensstärke und – last but not least – auch bezüglich der äußeren Erscheinung… Frei von allen „Soft Kills“: Was zeichnet – aus Ihrer subjektiven Sicht – die SSC-Mannschaft 2017 aus?

Maren Brinker: Das Besondere an dieser Mannschaft ist, dass wir nicht nur eine starke Sechs oder Sieben haben, sondern wenn eine davon „wackelt“, wir auch eine starke Bank haben, die das auffangen kann. Das macht den großen Unterschied zu den anderen Mannschaften in der ersten Bundesliga. Natürlich kann nicht jede die gesamte Saison über ihre beste Leistung abrufen. Dafür gibt es aber die Spielerinnen aus der vermeintlichen „zweiten Reihe“, die ebenfalls eine ausgezeichnete Qualität haben und das kompensieren können, so dass das Team weiter erfolgreich agiert. Das ist äußerst wichtig für eine lange Saison mit den unterschiedlichsten Herausforderungen.

Letzte Frage: Nun steht das Finale um die Deutsche Meisterschaft 2017 auf der Agenda, im Herbst wartet die 30.Frauen-EM in Aserbaidschan bzw. in Georgien, also es wird nicht langweilig für Sie… Was wollen und möchten Sie 2017 sportlich, persönlich und beruflich unbedingt erreichen? Was soll bis Silvester unbedingt in der Vitrine sein?

Maren Brinker: Für den SSC, die Mädels und mich persönlich möchte ich die Saison 2016/17 gern mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft krönen. Blickt man auf die gesamte Saison zurück, so haben wir uns dieses wirklich verdient. Wie angesprochen, spielten wir sehr konstant und sehr attraktiv – und daher soll die Meisterschale 2017 her.

Wenn ich den Blick dann schon auf die Nationalmannschaft richte, ist es ganz wichtig, die Qualifikation für die WM 2018 zu schaffen, weil wir eine machbare Qualifikationsgruppe haben. Wir sind zwar eine junge Truppe, wenn ich mich mal „außen vor“ lasse, wobei auch immer neue Spielerinnen dazu kommen, aber ich denke schon, dass wir es schaffen.

Und dann ist die EM 2017 für uns sehr wichtig, um wieder ein positives Feeling zu entwickeln. Wir wollen dort auf jeden Fall die Vorrunde erfolgreich überstehen und dann schauen wir mal: Vieles ist dann – auch mit ein wenig Glück – möglich.

 

Dann maximale Erfolge im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft 2017, weiterhin alles erdenklich Gute für das Team sowie für Sie und eine schöne Zeit in Schwerin!

Marko Michels