70. Jahrestag der Errichtung des Gefangenenlagers Fünfeichen

Auch ehemalige Sozialdemokraten unter den Opfern …

Am gestrigen Sonntag wurde an die Errichtung des Lagers Fünfeichen gedacht, das zwischen 1939 und 1945 zunächst den Nazis als Kriegsgefangenlager diente und in dem nach 1945 vom russischen Geheimdienst NKWD („Volkskommissariat des Innern“) zahlreiche ehemalige NSDAP-Mitglieder, aber auch viele aufrechte Sozial-, Christ- oder Liberaldemokraten inhaftiert wurden oder Deutsche, die den neuen kommunistischen Machthabern ein Dorn im Auge waren.

Opfer kommunistischer Willkür in Fünfeichen wurden auch Hans-Joachim Roskam und Prof. Dr. Ernst Walter …

Hans-Joachim Roskam, Diplom-Volkswirt, wurde 1949 von der russischen Geheimpolizei verhaftet, da er es gewagt hatte, die russische Besatzungsmacht zu kritisieren bzw. Kontakte zum SPD-Ostbüro zu unterhalten. Roskam war 1945 in die SPD eingetreten und war zwischen 1945 und 1948 u.a. als Landesbeauftragter für die Wahlen 1946 bzw. als Leiter der Abteilung Statistik beim Ministerpräsidenten von Mecklenburg tätig.

Außerdem fungierte Hans-Joachim Roskam – nach der Absetzung von Dr. Hans Sieber durch die sowjetische Militäradministration – als persönlicher Referent des Ministerpräsidenten Wilhelm Höcker. Nach der Verhaftung von Hans-Joachim Roskam im Sommer 1949 geriet anscheinend auch Wilhelm Höcker unter den verstärkten politischen Druck der Besatzungsmacht, denn nur kurze Zeit später „erkrankte“ Höcker nach Angaben der Landesverwaltung und verschwand einige Wochen aus dem Blickwinkel der Öffentlichkeit.

Wahrscheinlich musste sich Höcker Verhören durch die russische Geheimpolizei unterziehen, da die Kontakte eines seiner engsten Mitarbeiter zum SPD-Ostbüro ihm nicht verborgen geblieben sein dürften bzw. eventuell sogar von ihm gefördert wurden. Zwar hielt Höcker im November 1949 wieder eine öffentliche Rede zum Jahrestag der deutschen Novemberrevolution, aber in den folgenden 19 Monaten verringerten sich die öffentlichen Auftritte Höckers merklich.

Im Juli 1951 trat das frühere SPD-Mitglied Wilhelm Höcker – offizielle Version „aus gesundheitlichen Gründen“ – als mecklenburgischer Ministerpräsident zurück. Sein persönlicher Referent Hans-Joachim Roskam hingegen wurde im GPU-KZ Fünfeichen eingesperrt, in dem er auch starb. 1950 erfolgte dann dessen offizieller „Ausschluss“ aus der SED – zu einem Zeitpunkt, als Roskam vermutlich schon nicht mehr lebte.

Roskams politischem Weggefährten, Prof. Dr. Ernst Walter, erlitt ein ähnlich trauriges Schicksal. Der Hochschullehrer trat ebenfalls 1945 wieder in die SPD ein und wurde Leiter der Abteilung Gesundheitswesen in der Landesverwaltung Mecklenburgs in Schwerin. Da er eine Vereinigung mit der KPD ablehnte und die Repressalien der russischen Besatzungsmacht gegenüber der Bevölkerung offen kritisierte, wurde er 1946 von der russischen Geheimpolizei verhaftet und wie Roskam im GPU-KZ Fünfeichen inhaftiert. Prof. Dr. Walter starb dort ebenfalls.

… In Mecklenburg-Vorpommern wurden allein zwischen 1946 und 1951 ca. 5000 ehemalige Sozialdemokraten aus der SED ausgeschlossen, intensiv bespitzelt und inhaftiert, weil sie es wagten, sich zu ihrer sozialdemokratischen Gesinnung zu bekennen.

M.Michels