„Musik macht `Grenzen` durchlässiger…“

Nachgefragt bei der ambitionierten mecklenburgischen Cellistin Laura Moinian

Anfang Juni wurden in Paderborn die Siegerinnen und Sieger des 54.Bundeswettbewerbes „Jugend musiziert“ gekürt.

Sieben erste Preisträgerinnen und Preisträger von insgesamt zwölf ersten Landespreisträgern kamen dabei aus Schwerin bzw. wurden an einer Schweriner Musikschule ausgebildet: Sönke Weißer, Elisabeth Schröder, Lennart Tensundern und Lukas Lang (Saxophonquartett aus der Klasse von Ingolf Drabon an der Musik- und Kunstschule ATARAXIA e. V.) erhielten die Höchstpunktzahl 25, Amelie Möbius und Johanna Mill (Querflöte aus der Klasse von Anne-Elisabeth Ramsenthaler am Konservatorium Schwerin) sowie Eva Gasparyan (Querflöte bei Prof. Angela Firkins an der Musikhochschule Lübeck),

Eine junge Cellistin, Laura Moinian, Jahrgang 1994, die ihre musikalische Karriere 2003 bei Christina Lüdicke am Konservatorium Schwerin startete, schon 2006 den ersten Platz beim Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ in der Solo- und Kammermusik-Wertung gewann und seitdem die Welt mit ihrem Cello musikalisch „erobert“, gastierte im Rahmen der Reihe KON-Takte am 16.Juni wieder da, wo „alles“ anfing – in Schwerin.

Nachgefragt bei Laura Moinian

Laura Moinian über den Beginn ihrer musikalischen Karriere, ihre Vorliebe für das Cello, ihre Entwicklung, weitere Ambitionen und kommende Konzerte in M-V

„Musik macht `Grenzen` durchlässiger…“

Frage: Sie konzertierten nach einiger Zeit am 16.Juni wieder am Konservatorium Schwerin. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit dem Konservatorium? Wie war die weitere Entwicklung?

Laura Moinian: Ich kam 2003 zum Konservatorium Schwerin und durfte seinerzeit bei Christina Lüdicke vorspielen. Ich hatte zuvor ja bereits vier Jahre Privatunterricht im Klavierspielen vorzuweisen, spielte das altbekannte Volkslied „Alle meine Entchen..“ in „Ein-Finger-Technik“ und das machte anscheinend so großen Eindruck auf Christina Lüdicke, dass ich letztendlich am Konservatorium in Schwerin aufgenommen wurde.

Die folgenden drei Jahre betreute mich dann Frau Lüdicke und führte mich letztendlich auch zu meisterlichen Ehren, zum Erfolg bei „Jugend musiziert“ 2006.

Ein Jahr später, 2007, bestand ich die Aufnahmeprüfung am Julius-Stern-Institut in Berlin und durfte mein Talent bei Prof. Dr. Matias Oliveira de Pinto weiter entwickeln.

Und die weiteren Jahre blieben ereignis- und abwechslungsreich. Im Jahr 2009 wurde ich Mitglied der Deutschen Streichphilharmonie von Michael Sanderling und schaffte in jenem Jahr auch den ersten Platz beim Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ in der Wertung „Klavier und Streichinstrument“.

Zwölf Monate später, 2010, begann ich ein Studium an der Lübecker Musikhochschule bei Ulf Tirschbirek. Bei Melissa Phelps, am Royal College of London, studierte ich 2011 zudem. Weitere Meilensteine für mich waren unter anderem ein Stipendium von „TONALi“, dem höchsten dotierten Kulturpreis Deutschlands, und meine erfolgreiche Bachelorarbeit an der Musikhochschule Hannover bei Prof. Dr. Leonid Gorokhov. Das Studium setze ich nun bei Prof. Dr. Troels Svane fort.

Frage: Sie entschieden sich 2003 für das Cello… Warum gerade dieses Instrument? Was begeistert Sie gerade daran?

Laura Moinian: Das hat sehr viel mit meiner Familiengeschichte und mit meinem Großvater zu tun. Dieser spielte Geige und dieses Instrument bedeutete für ihn und war für ihn das Überleben.

Denn: Während des letztes Weltkrieges geriet er in russische Kriegsgefangenschaft und mußte für seine russischen Aufseher spielen. Da er in einem sibirischen Gefangenen-Lager inhaftiert war, bedeutete dieses Talent die einzige Chance, dem Tode zu entrinnen. Er erhielt eine bessere Verpflegung und mußte nicht so schwer arbeiten. Nur so konnte er die sechs Jahre Kriegsgefangenschaft überstehen.

Die Russen brauchten ihn und er wußte um seine Begabung. Durch die Musik wurden schon damals die „Grenzen“ durchlässiger – seinerzeit zwischen Aufsehern und Gefangenen…

Mein Großvater redete später auf mich ein, dass das Klavier nicht das finale Instrument für mich sein könne bzw. dürfe. Das ließe sich – im Gegensatz zu Geige und Cello – nur mit großem Aufwand transportieren und niemand wisse, wie die politische Entwicklung weiter gehe und ob ich irgendwann einmal in eine ähnliche Situation wie er käme…

Seine persönliche Geschichte beeindruckte mich sehr und so entschied ich mich für das Cello!

Frage: Mit dem Cello tourten Sie schon durch unzählige Länder. Welche Konzerte und Auftritte blieben Ihnen ganz besonders nachhaltig in Erinnerung?

Laura Moinian: Als ich zwölf Jahre alt war, hatte ich mein erstes Konzert außerhalb Deutschlands in Zürich. Das war schon etwas ganz Besonderes! Ähnlich wie ein Konzert in Israel, als ich 15 Jahre alt war. Es war ein deutsch-israelisches Austauschprogramm und wir tauschten uns wirklich rege aus – nicht nur kulturell. Es gab einige Diskussionen mit unterschiedlichsten Standpunkten, aber die Konzerte verliefen stets harmonisch und erfolgreich.

Frage: Welche Engagements haben Sie zurzeit? Welche musikalischen Projekte möchten Sie realisieren?

Laura Moinian: Am 1.Juli habe ich ein Konzert in Portugal. Die einzelnen europäischen Hochschulen konnten ihre besten Cellisten nominieren und mittels Video-Aufzeichnung vorstellen. Zu den sechs Auserwählten gehörte auch ich, so dass ich Anfang Juli in Portugal konzertieren darf – für mich eine ganz besondere Auszeichnung.

Auch die Fertigstellung meiner aktuellen CD war mir persönlich ganz wichtig und was ich als Projekt gern realisieren würde, sind mehr gemeinsame Konzerte der Lübecker und Hannoveraner Musikhochschule.

Leider gibt es heute oft zu viel (ungesundes) Konkurrenz-Denken unter uns Musikerinnen und Musikern – wobei es ungesundes Konkurrenzdenken ja nicht nur im musischen Bereich gibt – so dass ich überzeugt bin, dass wir alle unsere musikalische Meisterschaft, unsere musikalische Leidenschaft, in mehr gemeinsamen Konzerten ausleben sollten. Für mich ist es einfach so: Mit wem ich zusammen konzertiere, den betrachte ich nicht als Konkurrenten, sondern als Freund oder Mitstreiter…

Letzte Frage: Und… Wann wird man Sie wieder in Schwerin, in M-V sehen und hören?

Laura Moinian: Das nächste Konzert ist gar nicht mehr weit… Am 24.Juni in Zickhusen, gemeinsam mit Jamie Bergin am Klavier.

Vielen Dank, weiterhin alles erdenklich Gute und maximale Erfolge nicht nur mit dem Cello!

Übrigens: Beim KON-Takte-Konzert am 16.Juni 2017 im Konservatorium Schwerin traten Dainis Medjaniks, Laura Moinian und Asen Tanchev gemeinsam auf.

Marko Michels

Foto (Moinian/privat): Dainis Medjaniks (Violine), Laura Moinian (Cello) und Asen Tanchev (Klavier)