„Kirchliche Wachtstube“ kann wieder genutzt werden

Abschluß der  Sanierung des geschichtsträchtigen Lutherhofs in Greifswald

Das Dach des Lutherhofs ziert wieder wie in früherer Zeit ein Wetterhahn. Er ist dem Logo der Studierendengemeinde nachempfunden. Foto: Rainer Neumann

Am kommenden Sonnabend, 6. Januar, wird der Greifswalder Lutherhof nach umfassender Sanierung mit einem Fest wiedereröffnet. Die Wiedereröffnung beginnt um 15 Uhr mit einer Andacht. Der geschichtsträchtige Ort ist von großer Bedeutung für die Pommersche Evangelische Kirche und ein Teil pommerscher Identität.

Der Lutherhof spielte eine wichtige Rolle in der Zeit des Kirchenkampfs zwischen Bekennender Kirche und Deutschen Christen im Nationalsozialismus sowie als Geburtsstätte der Pommerschen Evangelischen Kirche in der Nachkriegszeit. Festlich eröffnet wurde das evangelische Vereinshaus „Lutherhof“ in Greifswald am 3. Juni 1901.

Der damalige Generalsuperintendent der Kirchenprovinz Pommern, Heinrich Poetter (1830-1918), begleitete die Eröffnung mit den Worten: „Der Lutherhof soll in Zukunft die Kirchliche Wachtstube Greifswalds sein.“

Ein Ort „evangelisch-christlicher Bestrebungen“

Mit dem Werdegang des Lutherhofs von seinen Anfängen bis heute hat sich Superintendent i.R. Rainer Neumann, Kurator in der Arbeitsgemeinschaft für pommersche Kirchengeschichte, eingehend beschäftigt. „Das Ensemble besteht aus einem Saalbau mit großem und kleinem Saal sowie einem Wohnhaus, dessen Erträge zur Finanzierung der Anlage dienen sollten“, berichtet Rainer Neumann. „Initiatoren des Baus waren der Greifswalder Professor für Kirchengeschichte und Christliche Archäologie, Victor Schultze, und Nikolaipastor Ludwig Eiter.

Die beiden Herren wollten ein Gebäude errichten, in welchem sich ‚Versammlungen zur Förderung evangelisch-christlicher Bestrebungen befinden‘. Dies ist bis heute der Fall und Veranstaltungen fast jeder Art fanden dort statt: Bibelstunden und Evangelisationen, Feste und Feiern, Synoden und Vorträge – unter anderem mit Pfarrer Martin Niemöller oder dem Philosophen Carl Friedrich von Weizsäcker.“

Etappen der Vergangenheit

In der Zeit des Nationalsozialismus sei der Lutherhof zu einem Ort der Bekennenden Kirche geworden, so Rainer Neumann. Im Juni 1935 habe Dietrich Bonhoeffer im Lutherhof gesprochen. „Nach dem Krieg traf sich dort die erste Synode der Kirchenprovinz Pommern und wählte den Greifswalder Stadtsuperintendenten Karl von Scheven zum Bischof. Als die sowjetische Besatzungsmacht im Mai 1945 den Kindergarten von St. Jacobi aus der Fallada-Straße vertrieb, fand dieser mit 120 Kindern Unterschlupf im Saal des Lutherhofs, der, wie der Pfarrer von St. Jacobi, Wenzlaff, schrieb: ‚für die Kindergartenarbeit völlig ungeeignet‘ sei.

In den Räumen der Kirchenverwaltung im Erdgeschoss rechts begann 1945 Annelise Pflugbeil mit erstem Unterricht, da dort ein Klavier stand – die Anfänge der Kirchenmusikschule. Im Herbst 1989 wurde im Lutherhof das ‚Neue Forum‘ gegründet und hielt dort viele Versammlungen ab“, so Rainer Neumann über die Geschichte des Hauses.

Vielfältig genutzter Standort

Der Lutherhof im Herzen der Hansestadt wird heute vor allem für kirchenmusikalische Zwecke genutzt und ist wichtiger Standort für die Greifswalder Bachwoche. Weitere Beispiele sind unter anderem der Domchor, der Dom-Kinderchor, das Institut für Kirchenmusik, der Universitäts-Chor oder das Universitäts-Orchester.

Zudem ist der Lutherhof für die Arbeit der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) von Bedeutung, deren Büro- und Gruppenräume sich im Erdgeschoss befinden und die den kleinen Saal als Andachts- und Vortragsraum nutzt. Im Herbst 2015 beschloss die Synode des Pommerschen Evangelischen Kirchenkreises die Sanierung in den Bereichen Dach, Fassade, Fenster und Fußboden sowie den Einbau einer Teeküche.

Schwammbefall verlängerte Bauarbeiten

Die Sanierung des Saalgebäudes und die Sanierung der Fassade und der Fenster sowie des Dachs und Dachstuhls des angrenzenden Wohnhauses Lutherstraße 8 kosteten insgesamt rund 765.000 Euro. Während der Arbeiten hatten sich die Kosten im Vergleich zu früheren Planungen erhöht, da der Befall mit Hausschwamm und anderen Holz zerstörenden Pilzen deutlich größer als ursprünglich angenommen war.

Das Ausmaß des Schwammbefalls war anfänglich nicht absehbar gewesen, da die betroffenen Bereiche am Dachgebälk bei den Voruntersuchungen baulich verdeckt waren. Nötig wurde durch den Schwammbefall der teils recht komplizierte und kleinteilige Austausch schadhafter Dachsparren. Neben den Austauscharbeiten führte auch die Schwammbehandlung zu einer Verlängerung der Bauarbeiten. Wäre die Sanierung der Gebäude nicht in Angriff genommen worden, wäre der Schwammbefall im Verborgenen weiter gewachsen und hätte noch weit größere Zerstörungen und Folgekosten verursacht.

Spendenaufruf für den Wetterhahn

Alte Fotografien des Lutherhofs zeigen einen Wetterhahn auf dem Dach des Gebäudes. Der Kirchenkreisrat des Pommerschen Evangelischen Kirchenkreises hatte während der bereits laufenden Sanierungsarbeiten die Anbringung eines Hahns auf dem Lutherhof beschlossen und zu dessen Finanzierung einen Spendenaufruf gestartet.

Da sich im Lutherhof das Domizil der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) befindet und das bundesweit einheitliche ESG-Logo ein stilisierter roter Hahn ist, wurde der neue Wetterhahn in Form des ESG-Logos gestaltet. Angefertigt wurde er von der Greifswalder Firma „Kunstschmiede Stephan Grimm“. Zwar ziert der neue Hahn bereits das Dach des Lutherhofs, für die Deckung der Kosten von insgesamt 1.500 Euro werden jedoch noch Mittel benötigt. Bislang betragen die Spenden erst rund ein Drittel der Summe. Wer die Finanzierung unterstützen möchte, kann für Spenden folgende Kontoverbindung nutzen:

Pommerscher Evangelischer Kirchenkreis

IBAN: DE 45 5206 0410 0605 4302 24

Verwendungszweck: 3000/829200/46200-ESG-Spendenaufruf

Sebastian Kühl
Pressesprecher und Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit
Pommerscher Evangelischer Kirchenkreis

Foto: Das Dach des Lutherhofs ziert wieder wie in früherer Zeit ein Wetterhahn. Er ist dem Logo der Studierendengemeinde nachempfunden. Foto: Rainer Neumann