„Gegen den Machtanspruch der Kommunisten in ganz Deutschland …“

Auch in der sowjetischen Besatzungszone, speziell in Mecklenburg,  formierte sich frühzeitig ein organisierter Widerstand  gegen die drohende kommunistische Diktatur

Während vor  20 Jahren, am 6.Februar 1989, die erste Sitzung des „Runden Tisches“ in Warschau  stattfand, begannen die Deutschen in der sowjetischen Besatzungszone mit ihrem Widerstandskampf gegen die drohende kommunistische Diktatur bereits kurz nach dem Diktaturwechsel vom Nationalsozialismus zum Kommunismus 1945.

Eine Folge des Kampfes gegen den Kommunismus war, unter anderem, die Gründung des Ostbüros der SPD in Hannover. Es war zugleich ein Kampforgan des SPD-Parteivorstandes für die unterdrückte Sozialdemokratie in der SBZ. Das Ostbüro sei von Anbeginn ein Pfahl im Fleisch der SED und ihres totalitären Staates gewesen, sagte bereits der 2003 verstorbene Helmut Bärwald, letzter Leiter des Ostbüros (seit 1966 Referat für gesamtdeutsche Fragen). Das Ostbüro habe bei seiner Gründung eindeutige Aufträge und verbindliche Leitsätze für deren Ausführung bekommen. Dazu gehörten vor allem: Unterstützung der vom kommunistischen Regime in Mitteldeutschland unterdrückten und verfolgten Landsleute, Bekämpfung des kommunistischen Regimes mit politischen und publizistischen Mitteln und die aktive Mitwirkung am beharrlichen Kampf aller Demokraten um die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit ergänzte der ehemalige Bärwald im Jahr 1997.

Nach der Zwangsvereinigung von KPD und SPD im April 1946 wurde auch in den Reihen der mecklenburgischen SPD begonnen, Kontaktstellen des Ostbüros aufzubauen. Eine herausragende Rolle hatte innerhalb der mecklenburgischen Kontaktstellen des Ostbüros die „Schweriner Gruppe“, die aus zehn Mitarbeitern bestand. Nach Auffassung Günther Feldmeths, einer ehemaligen Vertrauensperson des Ostbüros aus Blücher/Mecklenburg, sei das Hauptziel dieser Gruppe gewesen, dem Ulbricht-Regime nicht kampflos das Terrain im Osten Deutschlands, speziell in Mecklenburg und in Vorpommern, zu überlassen. Günther Feldmeth wurde aufgrund seiner Tätigkeit für das SPD-Ostbüro 1950 verhaftet und zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt.

Weitere wichtige Mitarbeiter und Vertrauenspersonen des SPD-Ostbüros waren Albert Schulz, der legendäre Rostocker Oberbürgermeister, Heinricht Beese, SPD Rostock, Albert Kruse, nach 1945 Schweriner Bürgermeister, Max Fank, Mitglied des SPD-Parteivorstandes aus Stralsund, Erich Radtke, Direktor des SPD-Landtagsbüros, Franz Ballerstaedt, Angestellter der Landesverwaltung Mecklenburgs nach 1945, sowie Willi Visser, ein Sozialdemokrat aus Wismar.
Kommunisten wie Wolf Reichardt aus Schwerin, die sich einer Stalinisierung der SED widersetzten, waren ebenfalls für das SPD-Ostbüro tätig.

Die Sicherheitsbehörden der sowjetischen Besatzungsmacht sowie ab 1947 das „Kommissariat 5“ (K 5), ein Vorläufer der späteren „DDR-Staatssicherheit“, gingen mit drakonischen Maßnahmen gegen die Vertrauenspersonen des SPD-Ostbüros vor. Nach Auffassung des Historikers Dr.Klaus Schwabe wurden von 1946 bis 1951 ca. 5000 ehemalige Sozialdemokraten in Mecklenburg und in Vorpommern drangsaliert, diszipliniert und inhaftiert.

Das SPD-Ostbüro wurde auf Initiative des damaligen SPD-Vorsitzenden, Dr. Kurt Schumacher, im Juni 1946 gegründet. Für Kurt Schumacher war das Ostbüro „die Institution der organisierten Sozialdemokraten gegen den Machtanspruch der Kommunisten in ganz Deutschland“.

Willi Visser – engagiert im Kampf gegen die drohende kommunistische Diktatur

Willi Visser, Jahrgang 1923, gehörte nach Beendigung des Krieges 1945 zu den Sozialdemokraten der ersten Stunde in Wismar. Gemeinsam mit bekannten Weggefährten, wie z.B. Landrat Robert Brinkmann oder den Wismarer SPD-Kreisvorsitzenden Karl Moritz, wandte er sich energisch gegen die kommunistischen Vereinigungsbestrebungen. Früh entschied er sich für einen Beitritt in die SPD.

„Vielfach erfolgte nach Kriegsende eine Anlehnung an eine Partei, die in der SBZ schon im August 1945 zugelassen wurde. Für junge Menschen im Alter von und um 20 Jahre, die den Kriegswirren `heil` entkommen waren, die trotz ihres jugendlichen Alters schon `dem Tod  ins Auge geblickt` hatte, bestand ein erheblicher Nachholbedarf in `Sachen Demokratie`. Aus der Erziehung im Elternhaus heraus kam für mich eine politische Verbindung mit Kommunisten nicht in Frage.“, erinnerte sich seinerzeit (1997) Willi Visser.

Zunächst habe er engagiert als einfaches SPD-Mitglied, später dann als freiberuflicher Journalist für eine SED-Zeitung gearbeitet und dabei an vielen Parteiveranstaltungen teilgenommen. „Dort stand die Suche nach neuen Wegen des Zusammenlebens, die ständige Angst um das nackte Überleben im Vordergrund, nicht so sehr theoretische Diskussionen.“, so der frühere Sozialdemokrat und spätere Freie Demokrat im Landkreis Gifhorn in seinen damaligen Erinnerungen.

Nach Meinung Vissers wurden die Diskussionen von den Kommunisten einseitig geführt. „Die Sowjetunion wurde als glorreich dargestellt. Theorie und Praxis deckten sich niemals. Die Sowjets benahmen sich wie Besatzer und traten mit dem Anspruch auf absolute Macht auf.“, resümierte Willi Visser.

Der Wunsch nach Aufklärung, nach objektiven Informationen sei aus diesem Grund gewachsen. Nach mehrfachen Gesprächen mit seinem Onkel habe sich Visser dann entschlossen, mit der SPD im Westen Kontakt zu suchen.

„Eines Tages machte ich mich mit meinem Onkel auf den Weg über die grüne Grenze nach Lübeck. Von dort fuhren wir weiter nach Hannover und bekamen schließlich Kontakt mit dem Ostbüro der SPD. Sowohl mein Onkel und ich als auch das Ostbüro wünschten, diese Verbindung aufrechtzuerhalten.

In der folgen Zeit wurden wir von Ostbüro-Kurieren besucht, die Informationsmaterialien mitbrachten und unsere Informationen über die Entwicklung in der SBZ mitnahmen.“, erinnerte sich Visser.

Für ihn bedeutete die illegale Tätigkeit, die Verbindung zum Ostbüro, niemals „Abenteuerlust“, sondern einen „für beide Seiten dringend notwendigen Meinungsaustausch; als Bestandteil politischer Aufklärung und als Baustein einer wehrhaften Demokratie“. 1948 mußte Willi Visser – aufgrund einer drohenden Verhaftung aus politischen Gründen – nach Westdeutschland fliehen.

Wer heute dem Beginn der friedlichen Umwälzungen und Umbrüche in Mittel- und Osteuropa 1989 ff. gedenkt, sollte die Frauen und Männer der ersten Stunde gegen die kommunistische Diktatur in (Ost-)Deutschland, wie z.B. Willi Visser, nicht vergessen !

M.Michels