20 Jahre Landesverband für Reiten, Fahren und Voltigieren in MV
Starke Leistungen zeigten die deutschen Reiterinnen und Reiter bei den Weltreiterspielen 2010.
Zweimal Gold gewann Para-Dressurreiterin Hannelore Brenner, Gold eroberten auch Meredith Michaels-Beerbaum und Janne Friederike Meyer mit der Springreiter-Mannschaft. In der Para-Dressur gab es für Dr. Angelika Trabert ebenfalls goldene Momente. Die deutschen Distanz-Reiterinnen eroberten Bronze. Dank Nicole Wert konnte die Dressur-Mannschaft noch Bronze erkämpfen und auch das deutsche Para-Dressur-Team um Hannelore Brenner sowie den anderen Amazonen schaffte Edelmetall – Silber.
Aber in nachhaltiger Erinnerung bleibt das deutsche Gold im Springreiten.
Insbesondere die Leistung von Janne Friederike Meyer beeindruckte. Auf dem „kleinen“ Wallach „Cellagon Lambrasco“, der wie Janne ein riesengroßes Kämpferherz zeigte, gelang ein lupenreiner zweiter Durchgang – die Grundlage für das deutsche Springreiter-Gold.
Seit 1978 gewann die deutsche Springreiter-Equipe damit das dritte WM-Gold, eine Gold-Bilanz, die nur Frankreich erreicht. 1994 triumphierte Deutschland mit Franke Sloothaak, Sören von Rönne, Dirk Hafemeister und Ludger Beerbaum, 1998 wiederholten erneut Franke Sloothaak, Ludger Beerbaum, Markus Beerbaum und Lars Nieberg diesen Triumph. In Aachen waren hingegen die Niederländer jedoch die Besten. Und nun wieder die Deutschen!
Nachgefragt bei Hans-Joachim Begall, Geschäftsführer des Landesverbandes für Reiten, Fahren und Voltigieren in M-V
Beeindruckt von den Para-Dressurreiterinnen und unseren Springreiterinnen!
Frage: Die Weltreiterspiele 2010 sind schon wieder Geschichte. Die deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer gewannen 14 Medaillen, davon fünfmal Gold. Wie lautet Ihr Resümee zu den einzelnen pferdesportlichen Disziplinen?
Hans-Joachim Begall: Erneut bewiesen die deutschen Reitsportlerinnen und Reitsportler ihre große internationale Klasse. Die Bronze-Medaille im Distanzreiten ist auf eine geschlossene Mannschaftsleistung zurückzuführen. In der Dressur fehlt uns momentan überdurchschnittliches Pferdematerial, um im Einzelwettbewerb zu Medaillen zu kommen.
Der erste Weltmeistertitel durch Michael Jung in der Einzelentscheidung der Vielseitigkeit ist eine tolle Überraschung. Die Goldmedaille der Springreiter-Mannschaft – mit erstmals zwei Amazonen im Team – freut mich besonders für den Bundestrainer Otto Becker, der versucht, auch jungen Leuten eine Chance zu geben. Den Westernreitern wurde durch das Pech von Nico Hörmann eine Mannschaftsmedaille versagt. Sehr knapp an Gold turnten die Voltigierer vorbei. Glück hatten am Ende allerdings die Gespannfahrer, dass sie noch Dritter wurden. Ein ganz großer Erfolg … Unglaubliche Leistungen haben die Reiterinnen mit Handicap in der Para-Dressur vollbracht.
Frage: Sie selbst waren vor Ort in Kentucky, konnten fünf deutsche Goldmedaillen mit bejubeln. Wie war eigentlich die Stimmung vor Ort? Wurden die Weltreiterspiele bestens vorbereitet?
Hans-Joachim Begall: Der „Kentucky Horse Park“ bot sehr gute Bedingungen. In der Organisation der Weltreiterspiele 2010 gab es jedoch Defizite. Die Preise für die Unterkünfte und Versorgung waren überdurchschnittlich hoch. Es gibt auch viel Positives anzumerken: Die Stimmung im deutschen Lager war gut. Erstmals wurden auch viele Kontakte geknüpft und gemeinsame Veranstaltungen organisiert und zwar zwischen den Teilnehmern der verschiedenen Disziplinen. Beispielsweise waren „Reiner“, Distanz- und Dressurreiter viel zusammen. Die Deutschen in ihren roten Shirts und Anoraks waren eine nicht zu übersehende große Familie auf dem Turniergelände.
Frage: Hatten Sie auch intensive Kontakte zu den deutschen Starterinnen und Starter? Während es aus deutscher Sicht für die Para-Dressurreiterinnen und die Equipe im Springreiten „goldig“ lief sowie für den Vielseitigkeitsreiter M.Jung, mußten in anderen Disziplinen die Stärke der anderen Reitsport-Nationen anerkannt werden. Welche Leistungen aus deutscher und internationaler Sicht beeindruckten Sie besonders?
Hans-Joachim Begall: Besonders beeindruckt war ich von der Gelassenheit eines „Totilas“in der Dressur, über die Leistungen von Michael Jung in der Vielseitigkeit, des australischen Fahrers Boyd Exell, eigentlich allen Voltigierern sowie den beinlosen Para-Reitern. Die Überraschungen im Springen kamen von Reitern aus Asien und arabischen Ländern. Dabei war festzustellen, dass das Pferdematerial unglaublich gut war, und die Züchter aus den Niederlanden und Belgien enorme Fortschritte gemacht haben.
Frage: Der Landesverband gab aus Anlass des runden Jubiläums auch eine Broschüre zur Geschichte des Pferdesportes in MV heraus. Konnten Sie bei Ihren Recherchen neue Aspekte und Fakten zur pferdesportlichen Historie in MV entdecken?
Hans-Joachim Begall: Bei internationalen und nationalen Meisterschaften konnten seit 1990 Pferdesportler aus Mecklenburg-Vorpommern zehn Medaillen, davon drei Goldene gewinnen. Viermal siegten unsere Springreiter in dieser Zeit beim Hamburger Derby. Die größten Erfolge wurden in den vergangenen zwei Jahren erzielt.
Mit der Erstellung der Broschüre wurde manche in Vergessenheit erbrachte Leistung wieder sichtbar gemacht. Da wir auch Fakten aus der Geschichte von vor 1990 und vor 80 sowie 100 Jahren mit berücksichtigt haben, wird der Überblick über den Pferdesport und die Pferdezucht in Mecklenburg-Vorpommern noch komplexer. Gerade beim Durchstöbern älterer Literatur wurden viele neue Erkenntnisse gewonnen.
Dann weiterhin maximale pferdesportliche Erfolge!
Das Interview führte Marko Michels