Zwischen London 2012 und Moskau 2015: Der Fechtsport

Auch M-V mit olympischen Traditionen im Fechten

Wie schnell doch die Zeit vergeht. Vor drei Jahren begeisterten noch die Fechterinnen und Fechter auf der olympischen Planche 2012 in London, waren Überraschungen mit Florett, Degen oder Säbel an der Tagesordnung und gab es große fechtsportliche Emotionen, da sind schon die nächsten olympischen Fecht-Wettkämpfe in Sichtweite.

FechtenSportMF

In einem Jahr, in Rio de Janeiro 2016, wird es unter den fünf olympischen Ringen wieder sportlich“ hoch her gehen“ und Deutschlands Fechterinnen und Fechter werden hoffentlich wieder unter den Medaillen-Gewinnerinnen und -Gewinnern sein…

Wie was das aber noch einmal, vor drei Jahren, in London 2012?! … „Do you remember?

Die olympischen Fecht-Entscheidungen 2012 im Rückblick

Beim olympischen Fecht-Turnier in London gab es einige Überraschungen. Waren die olympischen Fecht-Konkurrenzen in der Historie oftmals eine Angelegenheit der Europäerinnen und Europäer, so sah „das Ganze“ bei den „Olympics“ 2012 längst nicht so eindeutig aus.

Europa nicht dominierend

Zwar wurde Italien mit sieben Medaillen, davon dreimal Gold, die beste Fecht-Nation, aber dahinter folgt mit Südkorea (sieben Medaillen, davon dreimal Gold) und China (drei Medaillen, davon zweimal Gold) bereits Asiens Fecht-Mächte.

Von den 30 olympischen Fecht-Medaillen ging überdies nur etwas mehr als die Hälfte, 17 Medaillen, an den „alten Kontinent“. Asien kommt auf zehnmal Edelmetall, Nordamerika und Südamerika auf je einmal Edelmetall. Europa beherrscht nicht mehr allein die Planche.

Im Blickpunkt der olympischen Konkurrenzen in London stand dennoch eine Europäerin, die Italienerin Valentina Vezzali, die Bronze im Florett-Einzel und Gold mit dem italienischen Florett-Team erkämpfte. Fünf Goldmedaillen, eine Silbermedaille und zwei Bronzemedaillen lautet die olympische Ausbeute der feschen Italienerin seit 1996 – das ist schon ziemlich stark.

Die Gold-Mädel und Gold-Jungs in London mit Degen, Säbel oder Florett kamen aus sechs Ländern. Elisa Di Francisca (Italien)gewann bei den Damen mit dem Florett. Ihr Pendant bei den Herren war Lei Sheng (China). Die beste olympische Degen-Fechterin 2012 war Jana Schemjakina aus der Ukraine, die im Finale Deutschlands Britta Heidemann bezwang. Bei den Herren war sensationell der Venezuelaner Ruben Limardo die Nummer eins.

Die herausragende Säbelfechterin war dieses Mal nicht die Amerikanerin Mariel Zagunis, die Olympiasiegerin 2004 sowie 2008 und 2012 immerhin Olympia-Vierte. In London erkämpfte Kim Ji-yeon (Südkorea) Gold. Der Ungar Aron Szilagyi setzte in der britischen Hauptstadt wiederum die Säbel-Tradition der Magyaren fort – sein erster Platz bedeutete das 13.Einzel-Gold für Ungarn im Fechten mit dem Säbel.

Die olympischen Goldmedaillen in den Mannschaftskonkurrenzen sicherten sich Italien (Damen-Florett, Herren-Florett), Südkorea (Herren-Säbel), China (Damen-Degen).

13 Länder erfochten Medaillen, davon 6 Länder eine oder mehr Goldmedaillen.

Für Deutschland gab es neben der „Silbernen“ für Britta Heidemann noch Bronze für die Florett-Herren Peter Joppich, Benjamin Kleibrink, Sebastian Bachmann und Andre Weßels.

Eine Mecklenburgerin oder ein Mecklenburg war leider 2012 fechtsportlich nicht olympisch vertreten.

Die olympische Fecht-Tradition von Mecklenburg-Vorpommern

Aber auch Mecklenburg-Vorpommern hat eine gute Tradition im Fechtsport: Der gebürtige Rostocker Gerd May, Jahrgang 1953, war 1980 in Moskau Mitglied des DDR-Säbel-Teams, das Platz sechs belegte. Ebenfalls bei den Spielen 1980 konnte auch Hartmuth Behrens brillieren, der 1951 in Dömitz-Rütergerg geboren wurde, und Rang vier mit dem DDR-Florett-Team erkämpfte. Eckhard Mannischeff, Jahrgang 1943, gebürtiger Wismarer, kämpfte 1972 mit dem Degen für die DDR. Der Neustrelitzer Reinhard Münster war ebenfalls 1972 olympischer Fechter der dänischen Mannschaft.

Bernd Uhlig, Jahrgang 1942, in Wiek auf Rügen geboren, war 1968 und 1972 auf der olympischen Planche aktiv. Ein Fechter hatte hingegen seine Heimat in der Nähe Schwerins, in Seehof. Franz Rompza, Jahrgang 1934, glänzte 1964 und 1968 bei Olympia im bundesdeutschen Degen-Team, das 1964 Rang sechs und 1968 Rang vier belegte.

Tja, Mecklenburg-Vorpommern, Olympia und Fechten – da gab es in der „Historie“ einige Berührungspunkte!

Die Fecht-WM 2015 im Fokus / Russland als Gastgeber von Fecht-WM

Das war, das ist jedoch alles Geschichte. Aktuell blickten die Fecht-Sportfreunde gerade auch aus Deutschland nach Moskau zu den WM 2015, der wichtigen Standortbestimmung vor Olympia 2016…

Zum fünften Mal war Russland Gastgeber eines ganz großen globalen Fecht-Turniers. Erstmals gab es 1966 in der damaligen Sowjetunion, ebenfalls in Moskau, Fecht-WM. Die sowjetischen Gastgeberinnen und Gastgeber dominierten seinerzeit mit zehn Medaillen, darunter fünfmal Gold, ziemlich eindeutig. 14 Jahre später, bei Olympia in Moskau, gab es das spannende Fecht-Duell Frankreich gegen UdSSR. Frankreichs Fecht-Team holte viermal Gold, einmal Silber, einmal Bronze und die UdSSR-Fecht-Mannschaft kam auf dreimal Gold, dreimal Silber, zweimal Bronze.

Wie erwähnt, setzten mit dem Rostocker Gerd May und dem Dömitzer Hartmuth Behrens auch zwei mecklenburgische Fechter gute sportliche Fecht-Akzente bei den „Mischka-Spielen“.

Und dann mußten weitere 27 Jahre vergehen bis wieder eine Fecht-WM in Russland organisiert wurde. 2007 in Sankt Petersburg war es dann so weit und wieder einmal avancierte Frankreich zur erfolgreichsten Fecht-Nation (4 x Gold, 2 x Silber, 2 x Bronze) vor Russland (2 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze) und Deutschland (2 x Gold, 1 x Silber, 3 x Bronze). Die deutschen WM-Titel gingen damals an Peter Joppich (Florett-Einzel) und Britta Heidemann (Degen-Einzel), die ein Jahr später 2008 in Peking auch Olympiasiegerin wurde.

Im letzten Jahr gab es dann die WM in Kazan, bei denen sich die Fechterinnen und Fechter aus Italien (3 x Gold, 1 x Silber, 4 x Bronze), Russland (3 x Gold, 1 x Silber, 4 x Bronze) und Frankreich (3 x Gold, 1 x Silber, 3 x Bronze) einen Dreikampf lieferten. Das deutsche Fecht-Team jubelte 2014 über Degen-Silber durch Britta Heidemann und Säbel-Gold durch Max Hartung, Nicolas Limbach, Matyas Szabo und Benedikt Wagner.

Von Kazan 2014 nach Moskau 2015

Und nun ging es weltmeisterlich von Kazan nach Moskau… Bei den WM im Juli 2015 setzte sich dabei eine Tradition fort. Wie so oft, nicht nur im eigenen Land, präsentierten sich die russischen Fechterinnen und Fechter in ausgezeichneter Verfassung und errangen die meisten Medaillen – viermal Gold, dreimal Silber, zweimal Bronze, gefolgt von Italien mit viermal Gold, einmal Bronze.

Besonders erfolgreich waren Inna Deriglasowa mit Doppel-Gold (Einzel, Team) im Florett-Fechten und Sofija Welikaja ebenfalls mit Doppel-Gold aber im Säbel-Fechten (Einzel, Team).

Überraschend stark zudem das sportliche Auftreten von „Team U.S.A.“ mit fünf Medaillen. Auch für Amerikas Fecht-Legende Mariel Zagunis, der anmutigen Säbel-Fechterin, gab es wieder Edelmetall: Bronze mit dem Team. Die außergewöhnliche US-Fechterin hat dabei eine beeindruckende Erfolgsvita mit dem Säbel: Einzel-Olympiasiegerin 2004, Einzel-Olympiasiegerin 2008, Olympia-Dritte mit dem Team 2008, Einzel-Olympia-Vierte 2012, dazu 4 x Gold, 5 x Silber, 4 x Bronze bei Weltmeisterschaften!

Die Fecht-WM 2015 aus globaler Sicht

Und: Wie war das fechtsportliche Kräfteverhältnis unter den Kontinenten bei den WM 2015?!

Von den sechs Goldmedaillen in den Individual-Wettbewerben sicherte sich der „alte Kontinent“ fünf. Der Ungar Geza Imre wurde die Nummer eins mit dem Herren-Degen. Mit dem Herren-Säbel setzte sich der Russe Alexej Yakimenko durch. Die Italienerin Rossella Fiamingo verteidigte ihren Titel von 2014 erfolgreich mit dem Frauen-Degen. Und die schon angesprochenen Russinnen Inna Deriglazova (Damen-Florett) und Sofija Welikaja (Damen-Säbel) waren in den anderen beiden Damen-Konkurrenzen erfolgreich.

Blieben die Team-Entscheidungen… In den Säbel-Team-Wettbewerben schaffte bei den Frauen Russland mit Sofija Welikaja Gold vor der Ukraine und den USA. Bei den Herren distanzierte Italien die Mannschaften aus Russland und Deutschland auf den Silber- bzw. Bronze-Rang.

Mit den Florett erwiesen sich die italienischen Damen und die italienischen Herren bei diesen WM als „unbezwingbar“. Die chinesischen Degen-Fechterinnen (vor Rumänien) und die ukrainischen Degen-Fechter lächelten hingegen bei ihren Siegerehrungen „goldig“.

Für „den Rest der Welt“ blieben nur zwei Goldmedaillen, darunter jene im Florett-Wettbewerb des Herren-Einzels. Dort belegte Japans Yuki Ota Rang eins. Und Chinas Degen-Fechterinnen mit Hao Jialu, Sun Yujie, Sun Yiwen und Xu Anqi holten den anderen WM-Titel für ein nicht-europäisches Land.

Europa mit 29 Medaillen

Alles in allem: Von den 42 Medaillen erkämpfte Europa 29 Medaillen, also fast 70 Prozent des weltmeisterlichen Edelmetalls. Für Nordamerika blieben dank den USA 5 Medaillen – durch Alexander Massialas (Zweiter/Florett-Einzel, Herren), Gerek Meinhardt (Dritter/Florett-Einzel, Herren), Daryl Homer (Zweiter/Säbel-Einzel, Herren), Nzingha Prescod (Driite/Florett-Einzel, Frauen) und die Säbel-Mannschaft der Frauen.

Asien errang dank Japan, China und Südkorea sieben Medaillen (zweimal Gold, einmal Silber, viermal Bronze).

Für eine große Überraschung sorgte indes Sarra Besbes aus Tunesien. Sie kam auf den dritten Platz im Wettkampf der Degen-Fechterinnen – mithin die einzige afrikanische Medaille bei den Fecht-WM 2015.

Für Deutschland blieb zweimal Bronze – durch das Säbel-Team der Herren und im Säbel-Einzel durch Max Hartung.

Britta Heidemann, in dieser Saison verletzungsbedingt arg geschwächt, konnte weder im Einzel noch im Team-Wettbewerb mit dem Degen in den Medaillenkampf eingreifen, aber in einem Jahr, in Rio 2016, kann schon alles wieder ganz anders aussehen.

Wie lautet jedoch das Resümee des Deutschen Fechter-Bundes?!

Hierzu der Sportdirektor Sven Ressel: „Leider sind die Fecht-Weltmeisterschaften in Moskau nicht so gelaufen, wie geplant. Zwar konnten zwei Bronzemedaillen (Max Hartung Säbel-Einzel und Herren-Säbel-Team) erreicht werden, aber wir mussten leider in einigen Disziplinen herbe, wenn auch knappe, Niederlagen einstecken.

Im Damen-Degen verlor unser Team gegen den späteren Weltmeister China im Achtelfinale wegen eines Treffers und ebenso knapp verlor unser Herrenflorett-Team gegen Großbritannien.

Mit beiden Teams haben wir uns dadurch in der Positionierung Richtung Olympische Spiele Rio 2016 verschlechtert.

Britta Heidemann ging aufgrund ihrer Achillessehnenprobleme geschwächt in die WM und verlor leider auch um einen Treffer gegen eine Italienerin. Das Gesamt-WM-Ergebnis fällt leider nicht positiv aus, jedoch ist der Weg nach Rio noch nicht geschlossen. Unsere Fechter werden weiterhin alles dafür tun, sich zu qualifizieren.“

Nach den WM 2015 ist eben vor Olympia 2016. Noch ist vieles möglich, aufgeben gilt nicht… Auch im Fechtsport bleibt es somit spannend.

Marko Michels

Foto/Michels: Fechten – eine ungemein interessante, anspruchsvolle und traditionsreiche Sportart, ebenfalls aus M-V-Sicht. Das Fechten ist auch eine wichtige Teil-Disziplin im Modernen Fünfkampf.