Zwischen Geschichte und Gegenwart: Der Rudersport

Von den Ruder-WM 1966 zur Olympia-Regatta 2016

 

Bei den zweiten Ruder-WM 1966 – die WM-Premiere im Rudersport gab es in Luzern 1962 – dominierten vor allem die Boote aus Europa, die 19 der 21 Medaillen erkämpften. Lediglich die US-Amerikaner durchbrachen seinerzeit die europäische Medaillen-Phalanx. Donald Spero gewann den Einer und der Doppelzweier mit Seymour Cromwell bzw. James Storm belegte den Silber-Platz.

Aus deutscher Sicht verliefen die 1966er Welt-Titelkämpfe überaus erfolgreich. Die DDR schaffte dreimal Gold, zweimal Bronze und Westdeutschland errang einmal Gold, einmal Bronze.

Die DDR-Goldmedaillen gingen auf das sportliche Konto des Zweier ohne (Peter Kremtz, Roland Göhler), des Vierer ohne (Frank Forberger, Frank Rühle, Dieter Grahn, Dieter Schubert) und den Vierer mit (Hanno Melzer, Horst Bagdonat, Helmut Hänsel, Karl-Heinz Grzeschuchna, Klaus-Dieter Ludwig. Der westdeutsche Achter (Horst Meyer, Dirk Schreyer, Michael Schwan, Urich Luhn, Peter Hertel, Rüdiger Henning, Lutz Ulbricht, Peter Kuhn, Peter Niehusen) setzte sich hingegen vor den sowjetischen Ruderern durch. Der DDR-Achter mit dem gebürtigen Anklamer Peter Hein wurde Dritter.

Die restlichen Goldmedaillen der Ruder-WM 1966, bei denen wieder nur die Herren rudern durften, gingen – neben den deutschen und amerikanischen Erfolgen – an die Schweiz (Doppelzweier) und die Niederlande (Zweier mit).

Von Bled nach Brandenburg und Rio

In diesem Jahr, 50 Jahre nach Bled, waren die rudersportlichen Saison-Höhepunkte die EM in Brandenburg und die olympische Regatta in Rio de Janeiro.

Drei Ruder-EM-Medaillen 2016 für M-V

Die Ruder-Europameisterschaften in Brandenburg Anfang Mai 2016 bescherten den Ruderinnen und Rudern auch aus M-V drei Medaillen. Der gebürtige Rostocker Hannes Ocik (Schweriner Rudergesellschaft) und der gebürtige Bad Doberaner Felix Drahotta (jetzt Leverkusen) konnten dabei über Gold mit dem Deutschland-Achter jubeln. Dieser verwies Russland und Großbritannien auf die Plätze zwei und drei.

Marie-Louise Dräger (Olympischer Ruder-Club Rostock von 1956) ruderte hingegen mit Ronja Fini Sturm (Ruder-Club Havel Brandenburg) mit dem leichten Doppelzweier zu Silber hinter den Niederländerinnen Ilse Paulis und Maaike Head.

Und Silber gab es ebenfalls für Stephan Krüger (Olympischer Ruder-Club Rostock von 1956) zusammen mit Marcel Hacker (SC Magdeburg) im Doppelzweier hinter den Kroaten Martin Sinkovic und Valent Sinkovic.

Olympia-Regatta 2016 mit starken Briten

Bei der olympischen Regatta im August 2016 waren dann vor allem die Ruderinnen und Ruderer aus Großbritannien mit dreimal Gold, zweimal Silber sehr erfolgreich, wobei die britischen Boote den Vierer ohne (Herren), den Zweier ohne (Frauen) und den Achter (Herren) gewannen.

Die deutsche Ruder-Mannschaft erkämpfte in Rio hingegen zweimal Gold, einmal Silber.

Philipp Wende, Lauritz Schoof, Karl Schulze bzw. Hans Gruhne belegten im Doppelvierer Platz eins – wie auch der Frauen-Doppelvierer mit Annekatrin Thiele, Carina Bär, Julia Lier bzw. Lisa Schmidla. Die deutschen Achter-Recken ruderten auf den Silber-Rang in der Besetzung Maximilian Munski, Malte Jakschik, Andreas Kuffner, Eric Johannesen, Maximilian Reinelt, Felix Drahotta, Richard Schmidt, Hannes Ocik und Martin Sauer.

Damit kam M-V 2016 auch „in den Genuss“ olympischer Ruder-Medaillen dank des gebürtigen Rostockers Hannes Ocik (Schweriner Rudergesellschaft) und des gebürtigen Bad Doberaners Felix Drahotta (jetzt Leverkusen).

21 mit Medaillen

21 Länder erkämpften bei der olympischen Ruder-Regatta 2016 Medaillen, darunter 10 Staaten eine oder mehrere Goldmedaillen. Europa war der dominierende Kontinent mit 30 von 42 Medaillen. Australien/Ozeanien sicherte sich 6 Medaillen. Der amerikanische Doppelkontinent holte drei, Asien zwei und Afrika eine Medaille.

Übrigens: Die Saison-Höhepunkte 2017 sind unter anderem die Indoor-Ruder-EM in Paris, die „World Games“ mit dem Indoor-Rudern in Wroclaw, die Ruder-EM in Racice bzw. Steti (Tschechien) und die Ruder-WM in Sarasota (USA).

Exkurs: Rio 2016 und der Rudersport/Olympische Achter-Entscheidung mit britischem Sieg

Zum 27.Mal wurden bei den Spielen in Rio im Achter-Rudern der Herren olympische Medaillen vergeben. Bei den bisherigen rudersportlichen Achter-Regatten unter den olympischen Ringen zwischen 1900 und 1912 triumphierten dabei deutsche Achter sechsmal (1960, 1968, 1976, 1980, 1988 und 2012). Die USA führen in dieser Bootsklasse mit 12 Olympiasiegen. Die „restlichen“ Achter-Olympia-Medaillen bei den Herren erkämpften bis 2012  Kanada bzw. Großbritannien (je drei) sowie Neuseeland bzw. die Niederlande (je einen).

Blick in die Herren-Achter-Geschichte aus M-V-Sicht

Aus M-V-Blickwinkel konnten bislang, bis zu den Spielen 2012 in London, zwölf Ruderer olympisches Edelmetall im Herren-Achter erringen, so Werner Klatt, Hans-Joachim Lück, Ulrich Karnatz (2 x), Karl-Heinz Prudöhl, Karl-Heinz Danielowski, Ulrich Kons, Karl-Heinz Groddeck (2 x), Klaus Aeffke, Hans-Jürgen Wallbrecht, Peter Thiede, Manfred Schneider und Hans Sennewald.

Goldene Achter Momente erlebte 1960 in Rom Karl-Heinrich von Groddeck, in Tutow (Vorpommern) geboren und für den Ratzeburger RC startend, bei den Spielen 1960 in Rom – das erste Achter-Gold für Deutschland, seinerzeit vor Kanada und der Tschechoslowakei.

In Tokyo 1964 folgte Silber, erneut für Karl-Heinrich von Groddeck, der bereits Olympia-Silber 1956 mit dem Zweier mit errungen hatte, unter anderem zusammen mit Klaus Aeffke, in Neustrelitz geboren, für den Ratzeburger RC startend, und mit Hans-Jürgen Wallbrecht, in Neubrandenburg geboren und ebenfalls für den Ratzeburger RC startend – hinter den USA.

Goldene Momente 1976 und 1980

In Montreal 1976 jubelten gleich fünf Ruderer vom ASK Vorwärts Rostock im Achter über Gold: Werner Klatt, Hans-Joachim Lück, Ulrich Karnatz, Karl-Heinz Prudöhl und Karl-Heinz Danielowski. Der DDR-Achter verwies damals Großbritannien auf Platz zwei.

Vier Jahre später, in Moskau 1980, waren wieder zwei Ruderer des ASK Vorwärts Rostock am Achter-Gold der DDR beteiligt: erneut Ulrich Karnatz und zudem Ulrich Kons. Wieder wurde Großbritannien auf Rang zwei distanziert.

Weitere olympische Medaillen im Achter-Rudern bei den Herren „für M-V“  gewannen 1972 der gebürtige Schweriner Manfred Schneider (SC Dynamo Berlin, Bronze mit dem DDR-Achter), 1992 Hans Sennewald (Olympischer Ruder-Club von 1956 Rostock, Bronze mit dem vereinten deutschen Achter) und 1996 der gebürtige Ueckermünder Peter Thiede (unter anderem ASK Vorwärts Rostock, Olympischer Ruder-Club von 1956 Rostock, RC Hansa Dortmund, Silber mit dem vereinten deutschen Achter).

Die Entscheidung von Rio

Wie ging „das olympische Ganze“ nun 2016 im Achter-Rudern der Herren aus?!

„Zwei Neue“ aus M-V, also die „Nummern 13 und 14“,  konnten in Rio olympisches Edelmetall im Herren-Achter erkämpfen – und zwar der gebürtige Rostocker Hannes Ocik (Schweriner Rudergesellschaft) und der gebürtige Bad Doberaner Felix Drahotta (früher Rostocker Ruder-Club von 1885, jetzt Bayer Leverkusen).

Es gab leider nicht das ersehnte siebente deutsche Herren-Achter-Gold, aber letztendlich war der britische Achter am 13.August 2016 doch um einiges stärker. Dennoch: Auch Silber ist ein erstklassiges Ergebnis und das deutsche Herren-Achter-Team um Hannes und Felix sollte nicht zu enttäuscht sein. Eine olympische Silbermedaille zu erkämpfen, das ist schon erstklassig!

Das genaue Herren-Achter-Ergebnis 2016 lautet: Großbritannien vor Deutschland, den Niederlanden, den USA, Polen und Neuseeland.

Großbritannien 2016 erfolgreichste Ruder-Nation

Ansonsten ging die olympische Ruder-Regatta 2016 mit den Entscheidungen am heutigen 13.August zu Ende. 550 Ruderinnen und Ruderer aus 60 Ländern wetteiferten um die Medaillen in den 14 Bootsklassen.

Richtig dominant war keine Nation, da sich immer mehr Länder auf einzelne Bootsklassen spezialisieren. Letztendlich war Großbritannien mit 3 x Gold, 2 x Silber das erfolgreichste Ruder-Land in Rio, gefolgt von Deutschland mit 2 x Gold, 1 x Silber, Neuseeland ebenfalls mit 2 x Gold, 1 x Silber, Australien mit 1 x Gold, 2 x Silber und den Niederlanden mit 1 x Gold, 1 x Silber, 1 x Bronze.

Während Großbritannien den vierten Olympiasieg bei den Herren im Achter feierte, jubelten die USA-Achter-Frauen über ihren vierten Olympiasieg in der Sportgeschichte, den dritten – nach 2008 und 2012 – in Folge. Den ersten Olympiasieg im Frauen-Achter für die USA hatte es 1984 gegeben.

Die Siege in den Einer-Wettbewerbe 2016 sicherten sich hingegen Kim Brennan aus Australien bei den Frauen und Mahe Drysdale aus Neuseeland bei den Herren.

… Die Ergebnisse 2016 für den ORC 1956 Rostock

Marie-Louise Dräger (Olympischer Ruder-Club von 1956 Rostock) wurde mit Fini Sturm im leichten Doppelzweier im B-Finale Fünfte und damit Gesamt-Elfte in dieser Bootsklasse. Für Stephan Krüger (Olympischer Ruder-Club von 1956 Rostock) gab es zusammen mit Marcel Hacker im B-Finale mit dem Doppelzweier der Herren den zweiten Rang hinter Australien und damit in der Endabrechnung den achten Rang.

Angemerkt: Vor mehr als 135 Jahren geboren: Der Usedomer Ruderer Bernhard von Gaza

Übrigens: Die erste „Olympia-Medaille“ für „M-V“, eine Platzierung unter den besten Drei bei olympischen Spielen, erkämpfte am 30.Juli bzw. 31.Juli 1908 auf der Themse in London der Ruderer Bernhard von Gaza, der 1881 in Usedom geboren wurde und 1917 im ersten Weltkrieg ums Leben kam.

Dieser startete für die RG Wiking Berlin von 1896 und vertrat das deutsche Team bei den IV. Olympischen Spielen in London. Dort starteten pro Entscheidungsrunde – aufgrund der „Enge“ der Themse – nur jeweils zwei Ruderer gegeneinander. In seinem Halbfinale unterlag Bernhard von Gaza dem Briten Harry Blackstaffe, dem späteren Olympiasieger im Einer, im anderen Halbfinale distanzierte ein weiterer Brite, Alexander McCulloch, den Ungarn Karoly Levitzky. Das Finale entschied dann Blackstaffe gegen McCulloch für sich. Ein Rennen um Platz drei fand nicht statt – damit rangieren Bernhard von Gaza und Karoly Levitzky gemeinsam auf dem inoffiziellen Platz drei.

Insgesamt nahmen neun Ruderer aus sechs Ländern am olympischen Einer-Wettbewerb der Herren 1908 teil.

Marko Michels