Zwischen Bundespräsidenten-Wahl und universitärer Namenlosigkeit

Seltsame Entwicklungen und Attitüden

Der neue Bundespräsident steht bereits fest. Am Sonntag, 12.Februar 2017, wird ihn die Bundesversammlung in Berlin wählen. Nachdem sich SPD, CDU, CSU, Bündnis 90/Die Grünen und die FDP für dessen Wahl aussprachen, ist alles nur noch eine Formsache.

Andere Kandidatinnen bzw. Kandidaten, die Noch-SPD-Partei-Chef Sigmar Gabriel „im Auge hatte“, sagten ab, die gegenwärtig amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel fand keine geeignete Person aus CDU und CSU, die bereit war, das Amt zu übernehmen.

Wie sehen die Alternativen aus?!

Dafür nominierten AfD, Linke, Freie Wähler und die Piratenpartei Gegen-Kandidaten, denn was wäre eine vermeintliche „Wahl“ ohne Gegen-Kandidaten – genau eine „Scharade“. So gehen Christoph Butterwege, nominiert durch die Linke, Albrecht Glaser, nominiert durch die AfD, Alexander Hold, ja, genau der von SAT.1, nominiert durch die Freien Wähler, und Engelbert Sonneborn, nominiert durch die Piratenpartei bzw. DIE PARTEI, ins Bundespräsidenten-Rennen 2017.

Letztendlich ist aber die Mehrheit der „Fünf“, also von CDU, SPD, CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, in der Bundesversammlung so gross, dass die anderen Kandidaten keine Chance haben werden.

Nummer 12 steht schon fest

Somit wird Frank-Walter Steinmeier nach Theodor Heuss (1959-1969), Heinrich Lübke (1959-1969), Gustav Heinemann (1969-1974), Walter Scheel (1974-1979), Karl Carstens (1979-1984), Richard von Weizsäcker (1984-1994), Roman Herzog (1994-1999), Johannes Rau (1999-2004), Horst Köhler (2004-2010), Christian Wulff (2010-2012) und Joachim Gauck (2012-2017) der 12.Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland werden.

Gedanken zum Vorgänger

Sein Vorgänger war Joachim Gauck. Was wird von dessen Amtszeit nachhaltig in Erinnerung bleiben?! Sehr wenig, denn er fand nie die passenden Worte, die nötig waren, um die gewaltigen Verwerfungen in der deformierten Demokratie zu kritisieren, dabei Akzente zu setzen und zu beeindrucken.

Nicht wenige Bürgerrechtler, die einst in den DDR-Gefängnissen inhaftiert waren, frühere DDR-Bürger, deren Lebensläufe von der DDR-Staatssicherheit bzw. von DDR-Behörden zerstört, deren Gesundheit ruiniert wurde, fanden in ihm keinen Repräsentanten. Kritische Worte von ihm zur Gier und zur Skrupellosigkeit „an den Märkten“ vernahm man so gut wie nie. Und wenn, dann höchstens latent.

Er zeichnete von Deutschland der letzten Jahren ein durchweg positives Bild und das trotz der extremen Spaltung in der Gesellschaft, der geschönten Statistiken zum Arbeitsmarkt und zum angeblichen Fachkräftemangel, der eigentlich ein partieller ist, hierzulande.  Kaum ein kritisches Wort von ihm zur Entwicklung Deutschlands nach der so genannten Wende 1989/90. Wie alte Stasis und DDR-Funktionäre aus SED, Ost-CDU, LDPD, NDPB und Bauernpartei – dank westdeutscher Hilfe – an die neuen „politischen Fresstöpfe“ gelangten.

Dass viele Stasis nach 1990 sogar in der Bundesbehörde für die Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes der DDR weiter beschäftigt waren und sind. Dass der Aufbau der Bundesrepublik – wie übrigens auch der „DDR“ – mit Hilfe der  alten Nazis praktiziert wurde. Dass Deutschland nicht nur Fussball-Weltmeister, sondern auch drittgrösster Waffen-Exporteur ist.

Dass extremer Hunger, 43 Kriege bzw. kriegerische Konflikte in der Welt toben und die deutsche Diplomatie – nicht allein, aber auch – versagte. Dass ein differenzierter Blick auf die Zuwanderungspolitik notwendig ist und dass die Schere zwischen „Arm“ und „Reich“ ebenfalls hierzulande immer weiter auseinander geht.

Es wird – entgegen der Behauptungen der SPD, Union und der linksliberalen Blätter – sehr, sehr wenig von der Amtszeit des Bundespräsidenten Gauck in Erinnerung bleiben.

Eine Uni verliert Namen und Verstand?!

In Erinnerung bleiben wird aber das Wirken und Schaffen von Ernst Moritz Arndt, dem Historiker, Freiheitskämpfer und Schriftsteller. Kein „Säulenheiliger“, der auch irrte und seine Irrungen in den richtigen Kontext setzte, dem es – nach der blutigen Unterdrückung durch Napoleon – auch um  ein freiheitliches und unabhängiges Deutschland ging, so wie er sich Freiheit, Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, Staatlichkeit und Eigenständigkeit für jedes Volk wünschte.

Nicht immer fand er dabei die „richtigen Worte“, mitunter war er in der Wortwahl zu extrem, aber wer seine Worte heute ohne Kontext, gerade im historischen, zitiert, wird der Persönlichkeit Ernst Moritz Arndt nicht gerecht.

Dass die Universität Greifswald nun nicht mehr seinen Namen tragen soll, ist dabei wieder einmal dem „Aufstand der Ignoranten“ zu verdanken, die ihn nun als unverbesserlichen Antisemiten titulieren.

Zwischen Wahrheit und Lüge

Arndt sagte einmal, dass nichts Herz, Mut und Kraft geschwinder bricht als die Lüge, denn die Lüge ist das teuflischste, weil das feigste Laster.

Nun werden Einlassungen von ihm aus der Schublade geholt, von denen er sich letztendlich auch distanzierte bzw. die aus dem Zusammenhang gerissen werden. Man braucht ja etwas zur Rechtfertigung. Auch dazu gibt es ein gutes Zitat von ihm: „Der Mensch ist am phantasievollsten in seinen Rechtfertigungen.“

Werden nun die „Geisteswissenschaften“ in M-V etwa zu „Geistloswissenschaften“?!

Die ersten Wochen 2017 in M-V

Wie sahen die ersten Wochen des Jahres 2017 nun in M-V aus – neben „Schulz-Effekt“, „Merkel-Mallus“, „Trump-Bashing“, „Bundespräsidenten-Wahl“, „schönen Statistiken“, „Vogel-Grippe und Menschen-Grippe“, IS und SI, politischem Tralala und Hopsasa, „Fake-News“, Theater-Ball oder Fuss-Ball?!

Ziemlich dürftig, was die selbst ernannten Eliten in Politik, Wirtschaft, Medien und Kultur so boten.

Die Leute werden weiter „hinters Licht“ gefühlt, werden als „Stimmvieh“ missbraucht, lassen sich von nichtigen Themen emotionalisieren und sollen den Blick auf bzw. für das Wesentliche verlieren.

Es werden Menschen in höchste Positionen gehievt, die weder den entsprechenden Geist noch Charakter dazu haben. Aber die Massenmedien und politischen Büchsenspanner applaudieren dazu… Fragt sich nur, wie lange so etwas gut gehen kann.

Schon bei Wilhelm Busch heisst es: „Aber, wehe, wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe…“

Dann viel Erfolg und „MeckPomme Alaaf!“. Es ist ja ohnehin bald die Zeit der offiziellen Clownerie!

Kommentar – Dr. Marko Michels (unter anderem selbst Student, 1993/94, an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität zu Greifswald)