Zum Ruhme des Spottes oder zur Ähre des Butterbrotes?!

Der Sport in M-V zwischen Sportgala, Sport-Historie und der Zukunft


Morgen wird die Sportgala des Landessportbundes M-V in einem schnieken Hotel in der Rostocker Innenstadt präsentiert.

Eine Sportministerin hält eine Rede, weitere Funktionäre ebenfalls, alles wird funktionieren, wie am sportlichen Schnürchen. Vor geladenen Gästen.

Her mit den Orden und Händedrücken

Es wird ausgezeichnet und geehrt, was die Orden- und Plaketten-Sammlung so hergibt. Man wird über so viel „Lametta“ sogar staunen: Ist denn schon wieder Weihnachten?! Eigentlich sollte doch der sportliche Osterhase durch Feld und Flur hoppeln.

Ehrung für die „Besten“ der „Besten“ der „Allerbesten“

Aber egal, erst mal müssen die Besten geehrt werden, noch aus 2016. Wobei „die/der Beste“ immer so eine Sache ist. Schon „im Buch der Bücher“ steht: „Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden und wer bescheiden bleibt, der wird erhöht…“ Im Sport wurde daraus das bekannte „Dabei sein ist alles…“

Was zwar löblich ist, bei Sportpolitikern, Sportministern, Sportfunktionären und all jenen Leute, die glauben für den Sport wichtig sein zu müssen, allenfalls nur ein müdes Kopfschütteln auslöst.

Gold und Geld machen nicht glücklich?!

Das ist bedenklich, kennt man doch die dunkelsten Seiten des Hochleistungssportes in Ost- UND Westdeutschland bis 1990 hinlänglich. Grund dafür, war die Gier nach immer mehr Ruhm, immer mehr Prestige, immer mehr Gold(-Medaillen). Dabei warnte schon früh ein weiser Apachen-Häuptling: „In der Gier nach Gold (und Geld) werden die unsportiven Bleichgesichter in ihr Verderben laufen“. So kam es dann auch – und angelangt sind wir beim „russischen Sündenbock“, der herrlich zur Ablenkung eigenen Versagens dient.

Tja, eine Sportgala findet statt. Vielleicht noch mit Schnittchen und Häppchen, mit Sekt-Gläsern und sogar mit Champus…

Das wird ein Spass!

Es wird gelacht, sich gegenseitig auf die nicht mehr starken Schultern geklopft, was man so alles – dank der honorigen Steuerzahler, die natürlich alle nicht namentlich erwähnt und geehrt werden – erreichte und es wird in „alten Erinnerungen“ geschwelgt, die schnell noch, so viel politische Korrektheit muss sein, sportlich frisiert werden.

So viel Realitätsverlust löst beim gemeinen Sportenthusiasten nun ebenfalls ein Kopfschütteln aus. In Zeiten, in denen es heisst, dass alle den Gürtel enger schnallen müssen, auch wenn sie Hosenträger nutzen, sind Galas, noch dazu im Sport, anachronistisch.

Volksfest statt Sportgala

Baut doch auf dem Rostocker Uni-Platz eine grosse Bühne auf, zeichnet diejenigen aus, die es wirklich verdienen, ladet alle Mecklenburger und Vorpommern ein, so viel Mineralwasser und Bratwürstl, natürlich die kalorienarmen, sollten doch vorhanden sein.

Was sollen schnieke Hotel, wo doch Olympioniken früher in billigen umgebauten Pensionen wohnten, die man heute als „Absteigen“ titulieren würde – und das sogar ohne „leichte Mädchen“ fertig brachten.

Sagt jetzt nicht, es sei kein Geld da! „Berliner Flughafen“, „Cargolifter Brandenburg“, „Nürburgring Rheinland-Pfalz“, „Stuttgart 21“ oder „Hamburger Elbphilharmonie“ lassen grüssen.

Geld haben wir genug. Es muss nur sinnvoll ausgegeben werden. Am besten für die sportliche Zukunft, für die Kinder und Heranwachsenden.

Und wenn Ihr auf Sport-Historisches verweist, dann denkt auch einmal – jenseits der Profi-Fussballerei, der Profiboxerei, der Motorsporteritis und der ganzen sportlichen Kirmes-Events – an die Sportlerinnen und Sportler, die scheinbar aus dem Blickfeld verschwunden sind und Grosses leisteten, aber eben nicht in den Mainstream-Sportarten, die echte Sportfans nicht mehr sehen wollen.

Nur vier Beispiele – grossartige sportliche Frauen aus Rostock

Am 15.März, also vier Tage nach der Sportgala M-V 2017, hätte eine bekannte Wasserspringerin des SC Empor Rostock ein rundes Jubiläum gehabt: Christiane Lanzke, Jahrgang 1947, die nicht nur als Wasserspringerin, sondern auch als Hauptdarstellerin im Film „Das Mädchen auf dem Brett“ aus dem Jahr 1966 von Kurt Maetzig berühmt wurde, wäre 70 „Lenze“ geworden. Leider verstarb sie bereits im Jahr 2005.

Zwar war ihre sportliche Karriere, die sie 1966 gesundheitsbedingt als 19jährige beenden musste, relativ kurz, aber dennoch bleiben die Erfolge der attraktiven Sportlerin unvergessen. Bei den Europameisterschaften 1962 in Leipzig wurde Christiane Lanzke hinter Ingrid Krämer, die damals noch für Dresden startete, Vize-Europameisterin im Kunstspringen.

Zwei Jahre später, 1964, siegte Christiane Lanzke beim Internationalen Springertag in Rostock sowohl im Kunstspringen als auch im Turmspringen. Bei den Olympischen Spielen 1964 in Tokyo kam sie im Turmspringen auf Rang fünf und im Kunstspringen auf Rang neun. Ingrid Krämer, die 1964 Mitglied des SC Empor Rostock war, schaffte – nach ihrem Doppel-Erfolg in Rom 1960 – Gold im Kunstspringen und Silber, hinter Lesley Bush aus den USA, im Turmspringen. Grosse Momente für die Sportregion M-V, speziell für das Wasserspringen…

Vor 30 Jahren, im Februar 1987, schied auch eine grosse Wasserspringerin aus dem Leben: Heidi Becker, die bei Olympia 1972 bzw. 1976 vordere Ränge belegte, EM-Gold 1970 im Kunstspringen holte, wurde nur 32 Jahre alt… Eine herausragende, eine anmutige und grazile Springerin…

Von Brit Wiedemann zu Sabine Röther

Zwei Sportlerinnen, auch aus Rostock, feierten und feiern demnächst ihre Jubiläen. Brit Wiedemann, die ausgezeichnete Volleyballspielerin, Olympia-Teilnehmerin 1988 in Seoul, EM-Zweite 1989 und EM-Dritte 1991, feierte ihren „50.“ Ende Januar … Noch immer die erfolgreichste Rostocker Volleyballerin „aller Zeiten“!

Und im Juni schafft eine bekannte Rostocker Handballerin 60 „Lenze“ – Sabine Röther, die einst für das Frauen-Team des SC Empor Rostock spielte und 1978 Weltmeisterin und 1980 Olympia-Dritte wurde. Seitdem hat keine deutsche Frauen-Handball-Auswahl mehr eine olympische Medaille gewonnen…

Vier grossartige Rostocker Sportlerinnen, die für Werte standen und stehen.

Sport ist wertvoll

Ja, Sport vermittelt Werte, keine Geld-Werte, keine Markt-Werte, sondern ideelle Werte, wie Freundschaft, friedvolles Miteinander, Toleranz, Verständnis, Mitgefühl und Aufrichtigkeit.

Eine Sportlerin und ein Sportler selbst haben keinen Markt-Wert, denn sie sind keine Ware. Wer dieses aber dennoch glaubt und es praktiziert, wie die Fußball- oder Profibox-Freaks, vergeht sich am Sport. Der tritt den Sport, die olympische Idee, ja die Bedeutung des Sportes mit Füssen.

Am morgigen 11.März müssten eigentlich alle Sportenthusiasten geehrt werden. Unzählige ehrenamtliche Trainer, Übungsleiter und Sportengagierte werden kein „Lametta“ erhalten. Keine Urkunde. Keinen feuchten Händedruck unserer politischen Würdenträger, welche die Hosenträger nicht enger ziehen müssen…

Was soll`s. Sie werden weiter machen. Zum Ruhme des echten Sportes. Für die sportliche Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen. Und für die Zukunft eines friedvollen Zusammenlebens.

Marko Michels