Zensus 2011: Viel zu tun für die Datenschutzkontrolle

Religiöses Bekenntnis bleibt freiwillig!

Bereits am 1. November sollen die Meldebehörden Daten im Rahmen der Vorbereitung der Volkszählung 2011 übermitteln. Damit tritt die Vorbereitung in ihre heiße Phase, ohne dass bisher die erforderlichen Sicherheitskonzepte stehen. Hierzu erklärt der Landesdatenschutzbeauftragte Karsten Neumann:

„Der registergestützte Zensus ist Beleg dafür, in welchem erschreckenden Maße inzwischen öffentliche Datensammlungen über die Bürgerinnen und Bürger bestehen und für übergreifende Zwecke – oder datenschutzrechtlich gesprochen: für gesetzliche Zweckänderungen – nutzbar gemacht werden können. Mit dem Ziel der Überwindung von „Erhebungswiderständen“ der Betroffenen werden deren Selbstbestimmungsrechte konterkariert. Zugleich stellt der registergestützte Zensus durch die Eröffnung von Vergleichs- und Kontrollmöglichkeiten das technische Mittel des Datenabgleichs zur Verfügung. Das „Rückwirkungsverbot“ bspw. in § 8 Abs. 2 Satz 3 ZensG („Eine Rückmeldung an die Meldebehörden ist unzulässig.“) vermag wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht zu überzeugen. Völlig unklar ist bislang, wie die Landestatistikämter die durch den Abgleich festgestellten Differenzen klären sollen, ohne dass diese zu einer Korrektur der Meldedatenbestände führt, § 12 Abs. 5 ZensG. Vielmehr kann der Zensus zu einer Generalrevision der hinzugezogenen Datenbestände bei den Behörden und Kirchen führen, die sich für den einzelnen Bürger nachteilig auswirken können.

Die in § 22 Abs. 2 Satz 2 des Zensusgesetzes formulierten Zulässigkeitsvoraussetzungen stellen enorme Anforderungen an die Kommunen, die in M-V im Jahr 2011 auch noch eine Verwaltungsreform zu bewältigen haben, und an die Kontrolle durch die zuständigen Landesdatenschutzbeauftragten, der wir verstärkt nachgehen werden. Laut Gesetz ist die „Übermittlung  nur zulässig, wenn das Statistikgeheimnis durch gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen, insbesondere zur räumlichen, organisatorischen und personellen Trennung der Statistikstellen von den für nichtstatistische Aufgaben zuständigen Stellen der Gemeinden und Gemeindeverbände, gewährleistet ist.“ Die Umsetzung dieser Maßnahmen werden wir vor dem 1. November 2010 landesweit prüfen.

Die Wiederaufnahme des Datums „Religionszugehörigkeit“ in den Datenbestand der Volkszählung 2011 ist im Ergebnis der Anhörung des Bundestages nicht nachzuvollziehen. Nachdem die Bundesregierung der Erhebung dieses Merkmals nicht zugestimmt hat, ist dieser Punkt nun durch den Deutschen Bundestag wieder eingeführt worden. Diesem Anliegen ist weiterhin schon aus verfassungsrechtlichen Gründen entgegenzutreten. Es verwundert schon sehr, wenn die Europäische Union, deren Mitgliedstaaten teilweise einen wesentlich höheren Anteil ausländischer Zuwanderer zu verzeichnen haben, auf die Erhebung solcher Daten verzichtet, der deutsche Gesetzgeber dies aber für unverzichtbar hält.

Mit § 7 Absatz 4 wird in Nummer 19 noch ein zusätzliches Merkmal eingeführt, nämlich das: „Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (sunnitischer Islam, schiitischer Islam, alevitischer Islam, Buddhismus, Hinduismus und sonstige Religionen, Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen).“ Dieses Merkmal soll in der Haushaltsstichprobe erhoben werden. Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 ist dies das einzige Merkmal, das freiwillig angegeben werden kann. Hier fragt sich, warum die Freiwilligkeit so weit weg von der Erhebungsnorm versteckt wurde? Jedenfalls wird in der Öffentlichkeitsarbeit und bei der Erhebung gesondert darauf hingewiesen werden müssen, dass eben diese Angabe freiwillig ist. Mit der Aufnahme des Datums „Religionszugehörigkeit“ und „Religionsbekenntnis“ als freiwillige Angabe erhöhen sich die Anforderungen an die Gewährleistung der Datensicherheit und der Anonymisierung der Daten. Dies werden die Datenschutzbehörden bei ihrer Kontrolle der Zensusdurchführung besonders berücksichtigen.

Ich werde die Vorbereitung und Durchführung des Zensus auf Landes- und kommunaler Ebene eng kontrollieren, um die Anonymität der Befragten zu gewährleisten“, so Neumann abschließend in Schwerin.