Wichtiger fechtsportlicher Leistungstest vor Olympia in Rio

Die EM im Fechten im Juni 2016 in Torun

Der letzte ganz große Leistungstest für die europäischen Fechterinnen und Fechter vor den olympischen Wettkämpfen in Rio ist auch bereits wieder Geschichte.

Bei den Europameisterschaften im Fechtsport vom 20.Juni bis 25.Juni in Torun (Polen) dominierte Russland mit 10 Medaillen (6 x Gold) vor Frankreich mit 9 Medaillen (2 x Gold) und Italien mit 6 Medaillen (1 x Gold). Jeweils einen EM-Titel erkämpften auch Rumänien, Deutschland und Estland. Medaillen sicherten sich zudem Ungarn, die Schweiz, die Ukraine, Großbritannien und Polen.

Aus deutscher Sicht errang Benedikt Werner mit dem Säbel Gold. Jeweils Bronze erreichten Andre Sanita (Florett-Herren, Einzel, Sieger Timur Safin aus Russland) und Carolin Golubytskyi (Florett-Einzel, Damen, Siegerin Arianna Errigo aus Italien).

Im Degen-Einzel der Herren – vor 40 Jahren holte in dieser Disziplin Alexander Pusch Olympia-Gold 1976 in Montreal – setzte sich Yannick Borel aus Frankreich durch.

Für Russland waren die Medaillen in Torun im Juni 2016 die Fecht-EM-Medaillen Nummer 149 bis 158 seit den ersten offiziellen Fecht-Europameisterschaften im Fechten 1981.

Wie war das Kräfteverhältnis im Fechtsport jedoch noch bei den WM 2015 in Moskau und bei Olympia 2012 in London?!

Fecht-WM 2015 ebenfalls mit starken russischen Fechterinnen und Fechtern

Bei den WM im Juli 2015, fast vor Jahresfrist,  hatte sich zudem eine alte Tradition fortgesetzt. Wie so oft, nicht nur im eigenen Land, präsentierten sich die russischen Fechterinnen und Fechter in ausgezeichneter Verfassung und errangen die meisten Medaillen – viermal Gold, dreimal Silber, zweimal Bronze, gefolgt von Italien mit viermal Gold, einmal Bronze (Frankreich war in Moskau nicht ganz so stark, „holte“ aber immerhin drei Medaillen!).

Besonders erfolgreich waren Inna Deriglasowa mit Doppel-Gold (Einzel, Team) im Florett-Fechten und Sofija Welikaja ebenfalls mit Doppel-Gold aber im Säbel-Fechten (Einzel, Team).

Überraschend stark zudem das sportliche Auftreten von „Team U.S.A.“ mit fünf Medaillen. Auch für Amerikas Fecht-Legende Mariel Zagunis, der anmutigen Säbel-Fechterin, gab es wieder Edelmetall: Bronze mit dem Team. Die außergewöhnliche US-Fechterin hat dabei eine beeindruckende Erfolgsvita mit dem Säbel: Einzel-Olympiasiegerin 2004, Einzel-Olympiasiegerin 2008, Olympia-Dritte mit dem Team 2008, Einzel-Olympia-Vierte 2012, dazu 4 x Gold, 5 x Silber, 4 x Bronze bei Weltmeisterschaften!

Die Fecht-WM 2015 aus globaler Sicht

Von den sechs Goldmedaillen in den Individual-Wettbewerben sicherte sich der „alte Kontinent“ fünf. Der  Ungar Geza Imre wurde die Nummer eins mit dem Herren-Degen. Mit dem Herren-Säbel setzte sich der Russe Alexej Yakimenko durch. Die Italienerin Rossella Fiamingo verteidigte ihren Titel von 2014 erfolgreich mit dem Frauen-Degen. Und die schon angesprochenen Russinnen Inna Deriglazova (Damen-Florett) und Sofija Welikaja (Damen-Säbel) waren in den anderen beiden Damen-Konkurrenzen erfolgreich.

Blieben die Team-Entscheidungen… In den Säbel-Team-Wettbewerben schaffte bei den Frauen Russland mit Sofija Welikaja Gold vor der Ukraine und den USA. Bei den Herren distanzierte Italien die Mannschaften aus Russland und Deutschland auf den Silber- bzw. Bronze-Rang. Mit den Florett erwiesen sich die italienischen Damen und die italienischen Herren bei diesen WM als  „unbezwingbar“. Die chinesischen Degen-Fechterinnen (vor Rumänien) und die ukrainischen Degen-Fechter lächelten hingegen bei ihren Siegerehrungen „goldig“.

Für  „den Rest der Welt“ blieben nur zwei Goldmedaillen, darunter jene im Florett-Wettbewerb des Herren-Einzels. Dort belegte Japans Yuki Ota Rang eins. Und Chinas Degen-Fechterinnen mit Hao Jialu, Sun Yujie, Sun Yiwen und Xu Anqi holten den anderen WM-Titel für ein nicht-europäisches Land.

Olympische Fecht-Wettkämpfe 2012 in London mit einigen Überraschungen

Das sah vor vier Jahren, bei den Spielen 2012, noch etwas anders aus. Der Fechtsport bot seinerzeit einige faustdicke Überraschungen. Waren die olympischen Fecht-Konkurrenzen in der Historie oftmals eine Angelegenheit der Europäerinnen und Europäer, so sah „das Ganze“ bei den „Olympics“ längst nicht so eindeutig aus.

Zwar wurde Italien mit sieben Medaillen, davon dreimal Gold, die beste Fecht-Nation, aber dahinter folgen mit Südkorea (sieben Medaillen, davon dreimal Gold) und China (drei Medaillen, davon zweimal Gold) bereits Asiens Fecht-Mächte.

Von den 30 olympischen Fecht-Medaillen ging überdies nur etwas mehr als die Hälfte, 17 Medaillen, an den „alten Kontinent“. Asien kommt auf zehnmal Edelmetall, Nordamerika und Südamerika auf je einmal Edelmetall. Europa beherrscht nicht mehr allein die Planche.

Im Blickpunkt der olympischen Konkurrenzen in London stand dennoch eine Europäerin, die Italienerin Valentina Vezzali, die Bronze im Florett-Einzel und Gold mit dem italienischen Florett-Team erkämpfte. Fünf Goldmedaillen, eine Silbermedaille und zwei Bronzemedaillen lautet die olympische Ausbeute der feschen Italienerin seit 1996 – das ist schon ziemlich stark.

Die Gold-Mädel und Gold-Jungs in London mit Degen, Säbel oder Florett kamen aus sechs Ländern. Elisa Di Francisca (Italien)gewann bei den Damen mit dem Florett. Ihr Pendant bei den Herren war Lei Sheng (China). Die beste olympische Degen-Fechterin 2012 war Jana Schemjakina aus der Ukraine, die im Finale Deutschlands Britta Heidemann bezwang. Bei den Herren war sensationell der Venezuelaner Ruben Limardo die Nummer eins.

Die herausragende Säbelfechterin war dieses Mal nicht die Amerikanerin Mariel Zagunis, die Olympiasiegerin 2004 sowie 2008 und 2012 immerhin Olympia-Vierte. In London erkämpfte Kim Ji-yeon (Südkorea) Gold. Der Ungar Aron Szilagyi setzte in der britischen Hauptstadt wiederum die Säbel-Tradition der Magyaren fort – sein erster Platz bedeutete das 13.Einzel-Gold für Ungarn im Fechten mit dem Säbel.

Die olympischen Goldmedaillen in den Mannschaftskonkurrenzen sicherten sich Italien (Damen-Florett, Herren-Florett), Südkorea (Herren-Säbel), China (Damen-Degen).

13 Länder erfochten Medaillen, davon 6 Länder eine oder mehr Goldmedaillen.

Für Deutschland gab es neben der „Silbernen“ für Britta Heidemann, für Rio de Janeiro leider nicht qualifiziert, noch Bronze für die Florett-Herren Peter Joppich, Benjamin Kleibrink, Sebastian Bachmann und Andre Weßels.

Mal schauen, wie die deutsche Bilanz bei den Fechterinnen und Fechtern in Rio dann aussehen wird…

Weitere Informationen zum internationalen Fechtsport unter www.fie.org .

Marko Michels