„Wer zu spät kommt…“: Der 1. Mecklenburger Uhrenclub im Fokus

Nachgefragt bei Uwe Oertel, Vorsitzender des ersten Mecklenburger Uhrenclubs

 Läuft die Zeit oder läuft sie nicht?! Für wen läuft sie ab und für wen beginnt ein neues Zeitalter.

 Uhren sind mittlerweile unerlässlich, um zeitlich auf der Höhe zu sein. Bereits die alten Ägypter benutzten die Schattenuhr und in der Gegenwart erfreuen sich der „Wecker“, insbesondere am Morgen, und die „Schwarzwälder Kuckucksuhr“ größter „Beliebtheit“…

 Sogar Uhren-Clubs gibt es mittlerweile, sogar in M-V….

 Der Vorsitzende des ersten Mecklenburger Uhrenclubs ist dabei ein Schweriner, Uwe Oertel.

 MV-SCHLAGZEILEN fragte nach

 U.Oertel über den 1. Mecklenburger Uhrenclub, die Bedeutung von Uhren an sich, deren Geschichte, Innovationen bzw. Entwicklung, die Notwendigkeit zur Pünktlichkeit und die Aktivitäten des hiesigen Uhrenclubs

 „Zeugen vom hohen technischen Verständnis vorangegangener Generationen…“

Frage: Herr Oertel, Fussball-Clubs gibt es ja wie Sand am Meer, „Sanduhren“ ebenfalls, aber Ihr Uhrenclub, der mecklenburgische, ist schon einmalig. Seit wann gibt es ihn? Welche Ziele und Ambitionen hat der erste Mecklenburger Uhrenclub?

 Uwe Oertel: Den 1. Mecklenburger Uhrenclub e. V. gibt es seit dem 18. Juni 2015. Als Anlaufstelle für Uhren-Fans wollen wir nicht nur klassische Sammler sein, sondern alle ansprechen, die sich mit Uhren aller Art, egal ob Großuhr, Taschenuhr, Armbanduhr oder Spieluhr beschäftigen.

 Insbesondere dem Erhalt, der Wiederherstellung und der Präsentation dieser technisch hochwertigen Erzeugnisse menschlicher Entwicklungskunst haben wir uns verschrieben. So dient zum Beispiel unser Projekt „Kirchturm-Uhren in Not“ dazu, oft jahrhundertalte Traditionen der Zeitanzeige zu bewahren und wieder mehr in den Blickwinkel der Öffentlichkeit zu bringen.

 Es wird dazu eine Wanderausstellung geben, die im Juni in einer Örtlichkeit in Schwerin ihren Anfang nehmen soll. Gleichzeitig wollen wir damit auch einen Beitrag zur Erhaltung des kulturellen Erbes im ländlichen Raum Mecklenburg-Vorpommerns leisten.

Frage: Uhren gibt es ja bereits seit Menschengedenken… Was fasziniert Sie an Uhren? Was begeistert Sie an diesen? Eigentlich ist eine Uhr ja nur ein „Gebrauchsgegenstand“, ein „Hilfsmittel“…

Uwe Oertel: Uhren oder Zeitmessgeräte sind als Hilfsmittel für die Definition von Zeiträumen und für die Organisation menschlichen Zusammenlebens schon seit Menschengedenken sehr wichtig.

 Dabei haben sich die Erfinder dieser Geräte unterschiedlichster Materialien bedient und mussten einen Großteil des vorhandenen Wissens über viele naturwissenschaftliche Bereiche wie beispielsweise Mathematik, Materialkunde, Physik oder Astronomie anwenden.

Uhren als herausragende technische Geräte wurden weit vor der Erfindung des Automobils, der Weltraumtechnik oder der heutigen elektronischen Geräte hergestellt, erreichten eine hohen Fertigungstiefe und zeugen von dem hohen technischen Verständnis vorangegangener Generationen.

 So wurde beispielsweise um 1759 in England der Schiffschronometer entwickelt. Dieses Gerät konnte bereits damals mit einer Gangabweichung von 5 Sekunden auf einer 81 tägigen Schiffsfahrt – wohlgemerkt auf den damaligen Segelschiffen – überzeugen. Nur damit war letztlich auch eine ausreichend genaue Bestimmung der Schiffsposition auf den Weltmeeren möglich.

In den darauffolgenden Jahren bis heute konnte diese Präzision auch in tragbaren Uhren erreicht und übertroffen werden. Dazu sind unterschiedliche Komplikationen von einfachen Mondphasenanzeigen bis zu ewigen Kalendern oder Anzeige von Ausschnitten des Sternenhimmels möglich, und das alles in mechanischer Ausführung, also letztendlich in Form eines Getriebes mit Steuerung.

Der hier vorhandene Ideenreichtum und das hohe technische Können im Zusammenspiel der unterschiedlichsten Wissensgebiete ist es, was mich an Uhren fasziniert. Im Übrigen waren die Entwickler von Uhren auch oft die Vorreiter bei der Herstellung von unterschiedlichen hochwertigen Materialien, die heute Anwendung in anderen Industriebereichen finden. So zum Beispiel temperaturunabhängige Materialien, Federn, Legierungen, härtbare Stähle, Hochleistungsöle usw.

Frage: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!“, lautet eine sehr, sehr freie Übersetzung einer Gorbatschow-Aussage des Jahres 1989. Würden Sie den Satz so unterschreiben? Sind Sie – wegen fehlerhafter Uhren – auch schon einmal so richtig „zu spät“ gekommen und „durch das Leben“ bestraft?

Uwe Oertel: Ich denke, die Aussage von Gorbatschow hatte wohl eher weniger einen direkten Uhrenbezug. Aber ja – ich glaube schon, dass derjenige, der in unserer Gesellschaft eine festgelegte Uhrzeit für ein bestimmtes Ereignis nicht einhält oder sich nur im akzeptierten Rahmen verspätet – das berühmte akademische Viertel – „bestraft“ werden kann. Welche Frau wird denn begeistert sein, wenn der mögliche Zukünftige sich beim ersten Treffen massiv verspätet?

Oder ist es gut, wenn der Zubringer zum Flughafen erst eine Minute nach Abflug des Urlaubsfliegers ankommt, weil der Fahrer eine defekte Uhr hat? Ich vermute, auch die meisten Personaler in der Wirtschaft akzeptieren eine Verspätung beim Vorstellungsgespräch eher nicht. Mich selbst hat es wegen einer Verspätung noch nie so richtig hart getroffen, abgesehen vielleicht von den Einträgen im Klassenbuch und der anschließenden Elternreaktion, wenn ich morgens den Unterricht wegen eines defekten Weckers verschlafen habe.

Frage: Zurück zum Uhrenclub… Welche Aktivitäten entwickelte dieser in der Vergangenheit schon?

Uwe Oertel: An Aktivitäten hat der Uhrenclub bisher neben dem bereits erwähnten Projekt „Kirchturmuhren in Not“ fünf Uhrenbörsen und fünf clubinterne Exkursionen zu unterschiedlichen mit dem Thema Uhren besetzten Orten entwickelt.

Dies ist auch auf unserer Homepage (uhrenclub.mv.de) für jeden Interessierten nachvollziehbar. Aber allein für das Projekt „Kirchturmuhren in Not“ haben zwei Personen in einem Zeitraum von zwei Jahren und drei Monaten 430 von circa 600 Kirchen des Landes besucht und dabei 120 funktionierende – 60 elektrisch und 60 mechanisch betrieben – sowie 105 defekte Turmuhren erfasst.

Frage: Bald wird ja auch eine Uhren-Antik-Messe im Schweriner Schloss veranstaltet. Was wird Interessierten dort präsentiert?

Uwe Oertel: Auf der Antik-Uhrenmesse am 27.Mai 2017 im Schweriner Schloss werden den Interessierten Armbanduhren in unterschiedlichsten Ausfertigungen, Taschenuhren, unter anderem auch einige aus dem 17.Jahrhundert, Spieluhren und Teile von Turmuhren präsentiert. Darüber hinaus bringt der eine oder andere Aussteller vielleicht auch noch Uhrmacherwerkzeug oder Uhrenteile mit.

Letzte Frage: Wie wichtig sind Ihnen Uhren?

Uwe Oertel: Ich denke, eine Zeitanzeige und eine gesellschaftlich akzeptierte Zeiteinteilung für das Zusammenleben von Menschen ist absolut erforderlich. Uhren als solche sind für mich faszinierende technische Geräte, die die Innovationsbereitschaft und den Erfindungsreichtum des Menschen über einen historisch langen Zeitraum ganz besonders deutlich verkörpern und die Beschäftigung damit ist ein schönes Hobby.

Vielen Dank, weiterhin bestes Engagement für den Uhrenclub M-V und immer eine funktionierende Uhr in der Tasche oder am Arm!

Text/Foto: Marko Michels