Wenigstens keine „Sechsen“ für die Landesminister

Nachgefragt bei der Sport- und Bildungspolitikerin Simone Oldenburg

Der meteorologische Herbst hat begonnen. Was für das Wetter gilt, gilt erst recht für die Kultur. Eine Reihe von kulturellen Veranstaltungen in M-V wird – nach den sommerlichen Open Air-Events – Einheimische wie Gäste auch zwischen September und November begeistern. Den Anfang macht das Usedomer Musikfestival und dann der Greifswalder polenmARkT. Zuvor werden noch die Festspiele M-V Mitte September beendet.

Schulstart und Schuldefizite

Das neue Schuljahr startete zudem am 31.August. 14000 Erstklässler wurden eingeschult. Kultusminister Brodkorb erwartete ohnehin einen „ruhigen Beginn“ des Schuljahres 2015/16. Allerdings: Viele Schulen, gerade Grundschulen, stellen den Schülerinnen und Schülern nicht genügend Computer zur Verfügung. Das digitale Zeitalter ist anscheinend in den Schulen in M-V noch nicht „eingezogen“.

Auch Kitas mit Problemen

Wenig Erfreuliches konnte die derzeitige Große Koalition im Schweriner Schloss auch der aktuellen Bertelsmann-Studie zur Qualität der Betreuung in den Kitas in M-V entnehmen. So benötigen die Kindertagesstätten in M-V der Studie zufolge für eine hochwertige frühkindliche Bildung 6700 zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher.

Bessere Bedingungen für die Kultur und den Sport?!

Dafür möchte die rot-schwarze Landesregierung mit ihrer aufgestockten Förderung in Sachen Kultur punkten. Ab 2016/17 sind jährlich zwei Millionen Euro mehr für die allgemeine Kulturförderung eingeplant. Nach Ansicht des Kultusministers Brodkorb wird dieses zusätzliche Geld die Kulturlandschaft in M-V stärken. Aber: Die meisten Kulturschaffenden in M-V halten das für Etikettenschwindel, weil das Kulturland M-V chronisch unterfinanziert ist.

Eine andere Baustelle im Land ist der Sport… Obwohl es nach wie vor herausragende sportliche Talente insbesondere in den olympischen Kernsportarten hierzulande gibt, mußte der hiesige Spitzensport 2012 bei den Olympischen Spielen in London 2012 das bislang schlechteste Abschneiden seit 1956 hinnehmen. Viele Talente wandern leider – da berufliche Perspektiven fehlen und die Bedingungen „woanders“ besser sind – in andere Bundesländer ab… Da mag Sportminister Caffier aus Anlass von 25 Jahren Landessportbund M-V noch so lobende Reden halten.

Wie beurteilt nun aber eine bildungsnahe und sportive Politikerin aus dem Schweriner Landtag die Situation in der Bildung, Kultur und im Sport in M-V?!

Nachgefragt bei Simone Oldenburg, Sprecherin für Bildungs- und Sportpolitik der Fraktion DIE LINKE im Landtag M-V

S.Oldenburg über die personellen Bedingungen an den hiesigen Schulen, ihre Vorschläge zu den Abiturprüfungen, die kulturelle und sportliche Förderung im Land sowie über ihre Kopfnoten für Herrn Caffier und Herrn Brodkorb

oldenburg

„Prinzip `Zuckerbrot und Peitsche`…“

Frage: Frau Oldenburg, das Schuljahr startete bereits, von einem wirklich „ruhigen Start“, wie ihn Kultusminister Brodkorb prognostizierte, kann aber keine Rede sein. Wie beurteilen Sie die Ausstattung der Schulen im Land? Gibt es den „Lehrermangel“ wirklich, um den die Diskussionen auch merklich leiser wurden…

Simone Oldenburg: Wir haben derzeit mindestens 100 Lehrerstellen, die nicht besetzt sind. Hinzu kommen mehr als 300 Stellen für Referendare, also zukünftige Lehrkräfte, die frei sind. Es mangelt also auch an dem eigenen Nachwuchs. In den kommenden Jahren benötigen wir mehrere tausend Lehrkräfte. Wenn wir also heute schon unbesetzte Stellen in dieser Höhe haben, muss das Land an der Attraktivität des Lehrberufes arbeiten, um hier nicht vollends baden zu gehen.

Frage: Gerade lobte sich der Kultusminister selbst für seine neuen monetären Ausschüttungen in puncto Kultur. Die Kulturschaffenden im Land können dieses Eigen-Lob nicht nachvollziehen… Wie geht es Ihnen da?

Simone Oldenburg: Es ist leider schon eine traurige Tradition, dass das Land beständig kürzt und streicht und auch Kulturschaffende zwingt, den Gürtel enger zu schnallen. Nun gibt das Land diesem Gürtel ein bisschen Luft, was längst nicht zum Aufatmen genügt. Der Kulturminister verfährt nach dem Prinzip „Zuckerbrot und Peitsche“.

Frage: Sie mußten zuletzt viel Häme seitens des Kultusministers einstecken, weil Sie eine Pflicht-Abitur-Abschlußprüfung in Mathematik in Frage stellten. Was sprachgewandte Schüler applaudieren ließ, rang dem Herrn Kultusminister nur ein müdes Lächeln ab. Wie stehen Sie jetzt zu Ihrem Vorstoß?

Simone Oldenburg: Wir benötigen dringend eine Reform der gymnasialen Oberstufe. Die Abschaffung von Grund- und Leistungskursen sowie der gemeinsame Unterricht, der in unterschiedlichen Prüfungen mündet, haben mit einem leistungsorientierten Unterricht und einer vertieften Allgemeinbildung wenig zu tun. Viele andere Bundesländer weigern sich erfolgreich, eine verbindliche Pflichtprüfung in Mathematik abzulegen. Warum sollen die Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern nicht zwischen Englisch und Mathematik wählen dürfen?

Frage: Ein anderes Thema, mit dem Sie sich beschäftigen, ist der Sport und die Sportförderung im Land. Nach 25 Jahren Sport in Mecklenburg-Vorpommern nach der Wende: Wo steht der Sport und die Sportförderung im Nordosten aus Ihrer Sicht? Nach Ansicht von Sportminister Caffier ist ja alles ganz positiv…

Simone Oldenburg: Die Sportförderung des Landes muss dringend aufgestockt werden. Der Landessportbund verzeichnet beständig steigende Mitgliederzahlen – die Förderung bleibt dagegen seit Jahren bei 8,7 Millionen Euro. Das führt dazu, dass pro Kopf weniger Förderung erfolgt und Trainer in M-V zu Konditionen arbeiten, die verdeutlichen, dass der Sport weit entfernt ist vom Siegertreppchen.

Frage: Sie sind ja studierte Pädagogin. Welche Noten würden Sie den Herren Brodkorb und Caffier für deren politisch-ministeriellen Leistungen geben?

Simone Oldenburg: Ich würde den Herren Ministern Kopfnoten geben – sie wurden ja gerade von SPD und CDU wieder eingeführt. Lorenz Caffier: Fleiß: 2, Zuverlässigkeit: 3, Teamfähigkeit: 4. Mathias Brodkorb: Fleiß: 3, Zuverlässigkeit: 3, Teamfähigkeit: 3.

Vielen Dank und weiterhin bestes bildungspolitisches Engagement! Wenigstens erhielten die genannten Herren Minister keine „Sechsen“…

Die Fragen stellte: Marko Michels.

Foto (DIE LINKE / Landtagsfraktion MV / Pressestelle): Simone Oldenburg, Sprecherin für Bildungs- und Sportpolitik der Landtagsfraktion DIE LINKE M-V.