„Was Bilder nicht zeigen“: Internationale Tagung in Rostock

Experten diskutieren über die Macht der Invisibilisierung

Das Institut für Bildtheorie der Universität Rostock veranstaltet ab Mittwoch (29.06.2011) bis zum 1. Juli eine internationale Tagung zum Thema „Unsichtbar – Wissenskulturen als Bildkulturen und ihre Macht der Invisibilisierung“, was so viel heißt wie unsichtbar machen. Es geht bei Invisibilisierung nicht um Täuschung, sondern um Ablenkung oder Umlenkung von Aufmerksamkeiten. Es werden 15 namhafte Wissenschaftler aus Japan, Österreich, der Schweiz und Deutschland erwartet. „Die Experten werden auf unterschiedliche Art und Weise und aus den verschiedensten Perspektiven der Logik des Bildes nachspüren“, sagt Marco Gutjahr, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Theologischen Fakultät der Universität Rostock.

„Gemeinsam ist allen Experten die Ausgangshypothese, dass Prägnanz und Evidenz wohl kaum Merkmale von Bildern selbst sind – seien es ästhetisch anspruchsvolle oder wissenschaftlich funktionale, sondern sie werden erzeugt im Gebrauch. Daher kann man nach medialen Verfahren, Techniken und Praktiken fragen, die so etwas wie visuelles Wissen konstituieren und sichtbar machen“, sagt Gutjahr. Die Bildforschung hat es sich demnach zur Aufgabe gemacht, den theatralen Charakter solcher Inszenierungen zu beschreiben und ihre soziale Codierung zu entschlüsseln. „Damit hat sie westliche Wissenskulturen als das herausgestellt, was sie eben auch sind: Bildkulturen“, sagt Gutjahr.

Anliegen der Tagung ist es, noch einen Schritt weiterzugehen und nach den Invisibilisierungsstrategien von visuellen Präsentations? und Repräsentationsformen zu fragen. „Denn um die Ordnung des Sichtbaren zu gestalten und um die Prägnanz und Evidenz von Bildern zu inszenieren, müssen die Praktiken zu ihrer Herstellung unsichtbar bleiben, müssen ihre Texturen maskiert und die bedrohliche Materialität des Bildes verschleiert werden: Die ‚Hand im Bild’ wird invisibilisiert“, sagt Gutjahr. Nach seiner Auffassung gibt es einiges am Bild, das sich nicht zeigt – oder nur verwischte Spuren hinterlässt. Deshalb ist es Anliegen der Tagung, die Fragen nach systematischen wie historischen Konstellationen des Bildes neu zu stellen. Ob es nun die berühmten Felszeichnungen in der Höhle von Lascaux sind, ein Bild von Picasso, Tätowierungen, Ultraschallbilder oder unser eigenes Passbild – Bilder sind kulturelle Manifestationen und als solche Ausdruck menschlicher Bestrebungen, sich Welt anzueignen und sich zu ihr ins Verhältnis zu setzen.

„So alltäglich der Umgang mit Bildern auch ist, so problematisch ist die wissenschaftliche Beschäftigung mit Ihnen, denn Bilder sind Medien hoher Evidenz“, behauptet Gutjahr. Sie dienen als Beweismittel in Gerichtsprozessen, ‚regeln’ den Straßenverkehr und sind unverzichtbar in der medizinischen Diagnostik. Woher kommt diese Evidenz der Bilder? Bilden sie die Welt ab wie sie ist? Oder gibt es Dinge, die Bilder nicht zeigen, die sie vielleicht sogar verbergen? Darauf wollen die Experten in Rostock Antworten finden.

Quelle: Universität Rostock