Von Rostock über Rio wieder zurück nach Rostock

Das Tischtennis-Jahr 2016 im Rückblick

Das Tischtennis-Jahr ist auch im Endspurt. 2016 ging es „an und auf der Platte“ wieder runder, ob bei regional in M-V, national im deutschen Lande und international bei den EM, WM und sogar beim Turnier unter den fünf olympischen Ringen in Rio. In M-V präsentierten sich natürlich ebenfalls filigrane, technisch versierte und ambitionierte Tischtennis-Spielerinnen bzw. Spieler, so insbesondere beim TSV Rostock Süd.

Wie verlief nun aber dieses 2016 aus tischtennis-sportlicher Sicht beim TSV Rostock Süd und darüber hinaus?!

Nachgefragt bei Ulrich Creuznacher vom TSV Rostock Süd

U.Creuznacher über das Tischtennis-Jahr 2016 aus regionaler Sicht, den aktuellen Spielbetrieb in M-V bzw. in Rostock, das olympische Tischtennis-Turnier 2016 in Rio de Janeiro und über den tischtennissportiven Start 2017

„Ein erfolgreiches Tischtennis-Jahr…“

Frage: Lang ist dieses 2016 nicht mehr… Was waren dabei die Höhepunkte aus Sicht des TSV Rostock Süd?

Ulrich Creuznacher: Das Jahr begann hervorragend, denn beim ersten Jahreshöhepunkt, den Landesmeisterschaften der Damen und Herren im Januar 2016 gingen alle Einzel-Titel an den TSV Rostock Süd. Dabei überraschte der Erfolg von Sven Stürmer nicht, der von Birgit Finger bei den Damen umso mehr. Mit 57 Jahren gewann die frühere Oberliga-Spielerin erstmals den Titel und schlug auf dem Weg dorthin die weitaus jüngere Elite des Landes.

Insgesamt stand Birgit Finger dreimal auf dem Podest (auch Bronze im Doppel, Silber im Mixed). Für Sven Stürmer bedeutete der zweite Meistertitel nach 2014 zugleich den inoffiziellen Hattrick bezüglich der drei wichtigsten Einzel-Titel des Landes, den Siegen beim Landespokalturnier, in der Landesrangliste und eben der Landesmeisterschaft. Das gelang vor ihm nur wenigen und bis auf eine Ausnahme auch nur Süd-Akteuren.

Süds Senioren sind seit Jahren zudem spitze im Land. Über den Süd-Tellerrand hinausgeblickt, gilt das für die Rostocker Tischtennis-Oldies in fast ausnahmsloser Gänze. Bei den Landesmeisterschaften (Januar) der Senioren holten Rostocks Tischtennis-Oldies in jeder Altersklasse mindestens einen Titel, bei den 40- bis 49-Jährigen sogar fünf Titel in fünf Wettbewerben.

Die Hansestädter erkämpften sich 47 Podestplätze, davon 18 goldene, 14 silberne sowie 15 bronzene Plaketten. Der Medaillenrekord von 2015 (48) wurde knapp verfehlt, der TSV Rostock Süd in der Endabrechnung wieder die stärkste Kraft im landesweiten Seniorenbereich (je 12x Gold, Silber und Bronze). Die Südler Ute Dudek, Gabriele Oerlicke-Kirsten, Katrin Putbrese und Mathias Wähner (alle AK 40), Birgit Finger, Michael Peters und Axel Bartsch (alle AK 50), Marion Geselle (AK 65), Wolfgang Pagel (AK 70), Lieselotte Raese und Edith Bruhn (AK 80) sowie Holger Radloff (AK 60) vom SV Nord-West Rostock schafften das Kunststück, sowohl im Einzel, Doppel als auch Mixed auf dem Treppchen zu stehen.

Auf norddeutscher Ebene im März des Jahres war die Luft dagegen dünner. Doch auch hier gelang es den Rostockern, tischtennissportlich zu glänzen. Eine Sternstunde erlebte Siegfried Mönke (ESV Lok Rostock), der in allen Wettbewerben der Altersklasse Ü75 eine Medaille gewann.

Den bronzenen Plaketten im Mixed und Doppel folgte Sensations-Silber im Einzel. Im Finale war Mönke, den alle nur „Siggi“ rufen, „nur“ dem 33-fachen DDR-Meister Siegfried Lemke (0:3) unterlegen. Unsere Süd-Senioren holten unter anderem ebenfalls Edelmetall, Marion Geselle (AK 65) gleich zweimal (Bronze im Einzel, Silber im Doppel). Zum starken Süd-Abschneiden gesellten sich noch die Podest-Platzierungen von Wolfgang Pagel (AK 70, Bronze im Mixed) sowie Birgit Finger und Michael Peters, die zusammen in der AK 50 ebenfalls Mixed-Bronze gewannen.

Ohne Medaillen, aber dafür mit unbezahlbaren Eindrücken und Erlebnissen waren für etliche Rostocker Tischtennis-Senioren die Tischtennis-Weltmeisterschaften im spanischen Alicante (Mai) verbunden. 4600 Aktive (!) an der Costa Brava und sechs Süd-Oldies mittendrin…

Mit Birgit Finger, Michael und Andreas Dinse, Rajko Grawert, Hilmar Dzyk und Sven Roll vom TSV Rostock Süd reisten gleich sechs WM-Frischlinge dorthin. Den Süd-Tross begleiteten Martin Powilleit (SV Nord-West Rostock) sowie Hans-Joachim Blümel (11. Teilnahme!) und Eckard Karzenburg (beide ESV Lok Rostock). Sieben Rostocker erreichten die Einzel-Hauptrunde, in der für alle leider zu früh Schluss war.

Zu den größten Erfolgen gehörte das Erreichen der Runde der letzten 32 im Doppelwettbewerb (Hauptrunde) der AK 40 (Michael Dinse bzw. Rajko Grawert) und 50-Jährigen (Birgit Finger mit ihrer Partnerin Andrea Schödel, Singen) – alles immerhin auf Weltebene. Alle „haben Blut geleckt“ und die Planungen für WM 2018 in Las Vegas sind schon angekurbelt.

Süds Supertalent Til Puhlmann gewann war nicht den ersehnten ersten Landesmeistertitel in der Jugend (15-17 Jahre), doch dafür konnte der damals erst 15-Jährige bei den Norddeutschen Meisterschaften der Jugend (U 18) für Mecklenburg-Vorpommern lang verloren geglaubte Erfolge an Land ziehen. Denn: Oft wurde der  Tischtennis-Nachwuchs von MV überregional belächelt.

Im der Feld der besten Spieler aus Brandenburg, Berlin, Hamburg, Schleswig-Holstein, und Mecklenburg-Vorpommern sprang Puhlmann jedoch erstmals in die KO-Runde und wurde am Ende Neunter. Knapp an Bronze vorbei schrammte der Süd-Youngster im Doppel mit Schwerins Talent Alexander Pataman vorbei, verloren die erhoffte Medaille trotz einer 2:0-Satzführung mit 2:3 und 11:13 im fünften Satz leider aus den Augen…

Der TSV Rostock Süd blickt auch mit großer Freude auf seine Handicap-Sportler zurück. Zwar verpasste Rollstuhlfahrerin Cindy Eggert nach Bronze im Vorjahr bei den Deutschen Meisterschaften die anvisierte Podest-Platzierung im Einzel, das Happy End blieb also aus, aber Cindys Leistung war wieder klasse.

Besser lief es für die Südler Mario Haack und Mark Albrecht, die bei der Deutschen Meisterschaft der Behinderten ihrerseits Bronze gewannen – beide bei ihrem jeweiligen Turnier-Debüt. Albrecht schaffte dies im Einzel der Aalgemeinen Klasse (keine Einstufung in Wettkampfklasse 1-10 möglich), Haack indes im Doppel (WK 6-7). Für 2017 haben alle höhere Ziele ausgerufen.

Mit Sorge mussten wir die Tabellen-Situation der Oberliga-Mannschaft betrachten. Am Ende der Saison 2015/16 konnte die „Erste“ den Klassenerhalt dank eines Wahnsinns-Endspurts halten. Das Team um Kapitän Mathias Wähner holte aus den letzten vier Spielen sieben Punkte.

Dabei wurde der designierte und bis dahin verlustpunktfreie Meister, SC Poppenbüttel II, am letzten Spieltag bezwungen – Süds größte Sensation der letzten Jahre. Die Saison schloss man auch dadurch auf dem sechsten Rang ab und entging in der zweiten Saison nach dem Wiederaufstieg 2013/14 dem erneuten Abstieg. Zurzeit brechen die Südler einen Start- und Sieg-Rekord nach dem anderen. In der laufenden Spielzeit wurden alle fünf Auftaktspiele gewonnen, darunter erneut bei einem absoluten Meisterschafts-Favoriten.

Frage: Wie sieht der aktuelle Spielbetrieb in Rostock im Herbst 2016 aus?

Ulrich Creuznacher: Gerade sind die Stadtmeisterschaften der Erwachsenen und Senioren zu Ende gegangen. Das Erfreuliche ist der leichte Teilnehmeranstieg zu den Vorjahren in der allgemeinen Klasse, auch wenn es wiederholt zu keiner Damen-Konkurrenz kam.

Den wohl wichtigsten Sieg errang Uwe Franke vom TSV Rostock Süd, der die Herren A-Konkurrenz (Landesliga und höher) für sich entschied und damit das Direktticket zu den Landesmeisterschaften 2017 löste. Das Herren B-Turnier (Bezirksliga und tiefer) gewann erstmals Bernd Huckstorf vom SV Nord-West Rostock.

Schon zwei Wochen vorher spielte der Tischtennis-Nachwuchs seine Stadtbesten aus. Eine Veranstaltung, die seit einigen Jahren fast ausschließlich vom SV Nord-West Rostock und uns besucht wird. Das ist sehr, sehr schade, ist es doch nur eine von zwei Chancen für andere Rostocker Vereine, sich mit den anderen Talenten zu messen.

– Zur Info: Leider hat es auch in diesem Jahr nicht geklappt, eine Nachwuchs-Stadtliga auf die Beine zu stellen. Bei den Rostocker Titelkämpfen teilten sich Nord-West und Süd die Siege unter sich auf. Randy Zach (Schüler C) und Daniel Schrank (Jugend) vom SV Nord-West Rostock sowie Fabio Putbrese (Schüler B) und Tobias Stenzel (Schüler A) vom TSV Rostock Süd hießen die Sieger bei den Jungen.

Dagegen wurden die Nord-Westlerinnen Martha Braunschweig (Schülerinnen B) und Maxi Langschwager (Schülerinnen A) kampflose Stadtmeisterinnen in ihren Altersklassen.

Ansonsten läuft der Ligen-Betrieb in allen Rostocker Spielklassen sehr reibungslos ab. Für alle war die Ergebniserfassungs-Software „click-tt“ neu, aber auch hier hat sich das Gröbste eingespielt.

In der Stadtliga führt derzeit der letztjährige Staffelsieger Süd VI (9:1 Punkte). Der Staffel-Favorit SV Eintracht Rostock (mit dem ehemaligen Oberliga-Spieler Christian Kahle) hat erst vor kurzem ins Geschehen eingegriffen, aber beide Male eindrucksvoll gewonnen.

Beide Kontrahenten werden am 4.November  aufeinander treffen. Dann lässt sich vielleicht schon eine erste Tendenz ersehen, ob Eintracht dem gewachsenen Erwartungsdruck standhalten konnte.

In der Stadtklasse zeichnet sich ein sofortiger Wiederaufstieg des SV Rövershagen an. Die Rand-Rostocker waren letztes Jahr in den Rostocker Stadtspielbetrieb „eingestiegen“ – kamen aus der Bezirksklasse – und konnten die Stadtliga-Niveau nicht halten.

Nun führt Rövershagen die erste Stadtklasse deutlich an, gewann alle sieben bisherigen Partien und die meisten sehr deutlich. Dahinter werden wohl drei bis fünf Teams um den zweiten Rang kämpfen.

Die zweite Stadtklasse ist an der obersten Spitze dagegen breiter aufgestellt. Der SV Hafen Rostock und SV Warnemünde sind hier die Favoriten und das gleich im Doppel-Pack (Hafen III und IV sowie Warnemünde I und II).

Interessant: Auch in dieser Spielzeit ist der TSV Rostock Süd mit einer gemischten Mannschaft aus „Stehenden“ und „Sitzenden“ am Start. Die Rollstuhlfahrer Cindy Eggert und Christoph Busch treten mit „Normalos“ gegen „Normalos“ ein – eine echt tolle Sache.

In den höheren Ligen sind insgesamt fünf Süd-, vier Nord-West und ein Lok-Team vertreten. Letztere kämpfen in der Bezirksliga von Beginn an gegen den Abstieg. Ein Unterfangen, das nach jetziger Einschätzung erfolglos sein wird. Nord-West IV und Süd V sitzen derzeit sattelfest, wobei Süd V sogar vorsichtig auf die Top drei schaut.

Was Süd IV in der Landesliga, ist Nord-West I in der Verbandsliga: ein Rostocker Sorgenkind. Beide Teams haben derzeit nach fünf (Süd IV), bzw. drei Spielen (Nord-West I) noch keine Zähler eingefahren.

Die anderen Stadtvertreter stehen besser da, am besten Süd II und III als Erster und Zweiter in der Verbandsliga. Süd III verlor lediglich zum Saisonauftakt gegen Süd II (5:9), das noch verlustpunktfrei ist. Etwas wackelig wird wohl auch wieder die Saison für Nord-West III in der Landesliga werden. Der einzige Sieg gelang bis dato gegen Süd IV (10:8). Einen Blick nach oben wirft dagegen Nord-West II, das momentan Vierter ist und vielleicht Nord-West I so den Rücken freihalten kann.

Einen furiosen Startrekord legten die Oberliga-Herren des TSV Rostock Süd hin. Nach fünf Siegen in den ersten fünf Punktspielen ist MV`s beste Herren-Mannschaft dank dieser historischen Leistung weiterhin Tabellenführer. Drei Heimsiegen folgten am letzten Wochenende zwei Auswärtssiege, unter anderem beim Staffel-Favoriten TTG 207 Ahrensburg/Großhansdorf (9:7), das zuvor ohne Punktverlust war.

Schon echter Wahnsinn, denn in den letzten Jahren rissen die Südler auswärts selten solch hohe Bäume aus. Ich bin gespannt, wie lange Tomasz Rakowski, Sven Stürmer, Mathias Wähner, Daniel Jokiel, Chris Rehberg und Youngster Til Puhlmann (als Einziger noch ungeschlagen!) diese Erfolgswelle reiten können. Meinetwegen darf es gerne noch eine Weile so weitergehen.

Frage: Olympia in Rio bot ja wieder das übliche chinesische Einerlei… Was waren aus Deiner Sicht die zumindest „kleinen“ Überraschungen? Das erfolgreiche Auftreten der Japaner, die deutschen Frauen?!

Ulrich Creuznacher: Ja, das kann man so unterschreiben. Die deutschen Tischtennis-Ladies haben sensationell aufgetrumpft und den Herren schon ein bisschen die Show gestohlen.

Der Halbfinalkrimi gegen Japan, gegen welche die Deutschen bei der Team-WM wenige Monate zuvor noch im Viertelfinale verloren haben, sucht seinesgleichen. Die klare 0:3-Niederlage im Finale gegen ein übermächtiges China trübte das Bild keineswegs.

Im Einzel hätte Deutschlands Beste, Han Ying, auch aufs Podest kommen können, aber sie traf schon im Viertelfinale auf die spätere chinesische Siegerin Ding Ning und verlor (0:4).

Die Männer „retteten“ ihr Olympia zum Glück mit Bronze in der Mannschaft (3:0 gegen Südkorea), nachdem diese das erneute Finale nach London 2012 verpassten (1:3 im Halbfinale gegen Japan). Dort hat man sich vielleicht ein wenig verzockt, aber im Nachhinein lässt sich das leicht sagen.

Im Einzel hatten die deutschen Herren gute Chancen, vor allem Team-Bronzemedaillen-Gewinner Dimitrij Ovtcharov. „Dima“ verlor sein Viertelfinale und damit die Chance auf die Wiederholung seines London-Erfolgs durch ein von arger Nervosität geprägtes 2:4 gegen einen der letzten aktiven europäischen Altmeister, Vladimir Samsonov aus Weißrussland.

Bittere Geschichte am Rand: Samsonov ließ gegen London-Sieger Zhang Jike aus China etliche Chancen aus, verlor erst dieses Halbfinale 1:4 und anschließend auch das Spiel um Bronze gegen den Japaner Jun Mizutani ebenfalls 1:4.

Letzte Frage: Welche großen Ziele hat der TSV Rostock Süd für 2017? Wann „steigen“ die ersten Turniere in M-V im neuen Jahr?

Ulrich Creuznacher: Das neue Jahr wartet traditionell gleich zu Beginn mit vielen Turnieren auf, einige davon mit höhepunktverdächtigem Charakter. Dazu zählen insbesondere die Landesmeisterschaften MV der Damen und Herren in Kühlungsborn (21./22. Januar 2017) und der Senioren in Barth (27.-29. Januar 2017).

Bei letztgenanntem Turnier sind wir sogar vom TSV Rostock Süd als durchführender Verein vor Ort vertreten.

Und nur eine Woche später messen sich die zwei besten Damen und Herren mit Norddeutschlands Elite in Bremen (4./5. Februar 2017). Das Jahr 2017 beginnt im Tischtennis also ereignisreich.

Vielen Dank, weiterhin bestes Engagement im Tischtennis-Sport und maximale Erfolge!

Marko Michels