Von München 1972 bis Rio de Janeiro 2016

Nachgefragt bei Rostocks früheren Erfolgs-Turner Reinhard Rychly


Zwischen dem 6.August und 16.August werden die Turnerinnen und Turner ihre 14 Entscheidungen im Geräte-Turnen in Rio absolvieren. Gerade die turnsportlichen Wettkämpfe werden bei Olympia 2016 sicher hochklassig.

Von Turn-Olympia 2012 in London…

Die olympischen Turnwettbewerbe in London vor vier Jahren, 2012, boten jedenfalls Turnkunst und Turnsport der Extraklasse. Die Mehrkampf-Finals gewannen die Amerikanerin Gabrielle Douglas und der Japan Kohei Uchimura. Die US-Frauen und die chinesischen Männer stellten in London die stärksten Riegen.

Für Deutschland gab es großartige Erfolge. So gab es jeweils Silber für Marcel Nguyen im Mehrkampf-Finale und am Barren. Fabian Hambüchen belegte Platz zwei am Reck. Die deutschen Männer wurden immerhin Siebenter und Marcel Nguyen schaffte zudem Platz 8 am Boden.

Die deutschen Mädel beeindruckten insbesondere bei ihren Vorstellungen in den Finals am Stufenbarren und beim Sprung. Am Stufenbarren imponierte Elisabeth Seitz mit Platz sechs. Höchst unglücklich verfehlte Janine Berger die Bronzemedaille beim Sprung. Die junge Janine erreichte dort 15,016 Punkte – ganz knapp hinter der Russin Maria Paseka, die letztendlich 15,050 Punkte aufwies. Oksana Tschusowitina, die Zweite von 2008, wurde hinter Janine Fünfte.

Bei den Turn-Herren konnten 22 Länder eine Platzierung unter den besten Acht erreichen, bei den Turn-Frauen waren es 11 Länder – ein Beweis dafür, wie beliebt der Turnsport weltweit ist.

zurück nach Turn-Olympia 1972 in München…

Vor 44 Jahren, bei den Olympischen Spielen in München 1972, bestimmten drei Länder das dortige Niveau maßgeblich mit – die Sowjetunion mit 16 Medaillen, darunter 6 x Gold, Japan ebenfalls mit 16 Medaillen, darunter 5 x Gold, und die DDR mit 9 Medaillen, darunter 3 x Gold.

Bei den Herren war Sawao Kato aus Japan mit 3 x Gold (Einzel, Mehrkampf, Team und Barren), 2 x Silber am erfolgreichsten. Bei den Damen brillierte insbesondere die Weissrussin Olga Korbut mit 3 x Gold (Team, Schwebebalken und Boden). Die Russin Ljudmilla Turischtschewa schaffte hingegen Gold im Frauen-Mehrkampf.

Auch eine Turnerin und ein  Turner aus Rostock errangen in München Medaillen. Christine Schmitt vom SC Empor Rostock belegte mit der DDR-Frauen-Riege Platz zwei und der gebürtige Rostocker Reinhard Rychly, der für den ASK Vorwärts Potsdam startete und in diesem Jahr 65 wird, kam mit der DDR-Herren-Riege auf Rang drei. Für die DDR belegten in München 1972 Klaus Köste (Pferdsprung) sowie Karin Janz (Pferdsprung und Stufenbarren) jeweils erste Ränge.

…und wieder in die Gegenwart zu Turn-Olympia in Rio

Wie beurteilt nun Reinhard Rychly, der am 7.November junge 65 wird, die damaligen Wettkämpfe? Was erwartet er von den deutschen Turnerinnen und Turnern 2016?

Reinhard Rychly über seine Olympischen Spiele 1972 in München, die Chancen der deutschen Turnerinnen und Turner in Rio und die eigenen aktuellen sportlichen Aktivitäten

„Vielleicht können wir uns über die eine oder andere Überraschung in Rio freuen…“

Frage: Vor 44 Jahren hatten Sie Ihren erfolgreichen olympischen Turn-Wettkampf in München. Wie war das damals?

Reinhard Rychly: Der Wettkampf verlief seinerzeit für mich optimal. Ich machte während der Entscheidung keine größeren Fehler und war mit meiner Leistung sehr zufrieden. Unser Ziel war es ja, Platz drei zu belegen, was dann auch tatsächlich gelang. Die japanischen und sowjetischen Turner waren dann wiederum eine Klasse für sich, die turnten auf einem ganz anderen Level. Die Resonanz bei den Turn-Wettkämpfen 1972 war ebenfalls hervorragend.

Fast 11000 Zuschauer fasste die Sporthalle am Olympiapark und sie war stets ausgezeichnet besetzt – eine tolle Kulisse. Das bundesdeutsche Publikum feuerte dabei auch das DDR-Team an, daran erinnere ich mich noch. Es war auf unserer Seite.

Sehr beeindruckt war ich vom sowjetischen Turner Nikolai Andrianow. Er zeigte sehr schwierige Programme, turnte mit sehr viel Eleganz und einer großen Leichtigkeit. Ich kannte ihn bereits von Nachwuchs-Wettbewerben. So erlebte ich Nikolai vor München bereits bei den Jugend-Wettkämpfen der Freundschaft in Moskau und bei einem Turn-Länderkampf.

Ein wirklich erstaunlicher Turner. Ansonsten bewiesen ja die Japaner ihre große Klasse, ob Sawao Kato, Mitsuo Tsukahara oder Akinori Nakayama. Bei den Frauen imponierten Olga Korbut aus der UdSSR und unsere Karin Janz.

Frage: Welche Chancen haben aktuell die deutschen Turnerinnen und Turner in Rio aus Ihrer Sicht?

Reinhard Rychly: Ichglaube, man kann nicht mit zu großen Erwartungen den Wettkämpfen im Turnen in Rio entgegensehen, denn nach den WM 2015,die ja gleichzeitig als Qualifikation dienten, gelang es unseren Turnerinnen und Turnern nicht auf Anhieb, sich zu qualifizieren. Deshalb wird im Mannschaftskampf nicht mit einer vorderen Platzierung zu rechnen sein.
Unsere beiden Spitzenturner Fabian Hambüchen und Marcel Nguyen waren zudem längere Zeit verletzt, so dass wir im Mehrkampf als auch in den Gerätefinals wohl nicht auf Medaillen hoffen können.

Vielleicht werden wir uns jedoch über die eine oder andere Überraschung freuen, wie zum Beispiel  über die Bronzemedaille von Pauline Schäfer am Balken bei der letzten WM.

Frage: Sind Sie heute immer noch sportlich aktiv?

Reinhard Rychly: Was meine sportliche Aktivität angeht, versuche ich immer noch, mich ein- bis zweimal in der Woche zu bewegen. Das Fußballspielen, das für mich bis vor drei Jahren im Vordergrund stand, mußte ich aufgrund von Knieproblemen und anschließender Operation leider aufgeben.

Mittlerweile gehe ich wieder regelmäßig in die Turnhalle und versuche, noch einige Bewegungsabläufe an den Geräten hinzubekommen und ergänze das mit einigen athletischen Grundübungen.

Vielen Dank, weiterhin beste Gesundheit sowie sportliches Aktiv sein sowie alles erdenklich Gute!

Marko Michels