Verbotene Telefonwerbung nimmt kein Ende

Verbraucherzentrale und das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz veröffentlichen Umfrage-Ergebnisse

Die am 4. August 2009 in Kraft getretenen gesetzlichen Vorschriften zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung bleiben hinter den Erwartungen zurück. Dies ergibt sich schon jetzt aus den Zwischenergebnissen einer seit dem Frühjahr 2010 von den Verbraucherzentralen durchgeführten Umfrage. Die Landespolitik fordert deshalb erneut, dass am Telefon geschlossene Verträge einer schriftlichen Bestätigung bedürfen.

Bundesweit haben sich bislang über 40.000 Verbraucher an der seit März 2010 durchgeführten Umfrage der Verbraucherzentralen beteiligt. Davon stammten 250 Verbraucher aus Mecklenburg-Vorpommern. Bei den meisten Anrufen drehte es sich um Werbung für Gewinnspiele und Lotteriedienstleistungen (etwa 76 %). Weitere Anrufe kamen von Energieversorgern, Telefon- und Internetdienstleistern, einem Zeitschriftenvertrieb oder einem Dienstleister für Bank- und Finanzprodukte. 12 % der Angerufenen sollten eine kostenpflichtige Rufnummer zurückrufen. Etwa 60 % der Teilnehmer war nicht klar, dass sie am Telefon eventuell einen Vertrag abgeschlossen haben. Am Einverständnis für den Werbeanruf fehlte es bei insgesamt 97 % der Angerufenen. Die Anzahl der Beschwerden ist bei der Gruppe der über 65-jährigen Verbraucher am höchsten (55 %).

Ganz offensichtlich haben die gesetzlichen Neuregelungen nicht das gewünschte Ergebnis gebracht. „Wir fordern daher weiterhin, dass am Telefon geschlossene Verträge von Verbrauchern schriftlich bestätigt werden müssen“, so Dr. Jürgen Fischer, Vorstand der Neuen Verbraucherzentrale. „Es kann nicht sein, dass Verbraucher trotz eines gesetzlichen Verbotes Werbeanrufe erhalten und sich hinterher gegen untergeschobene Verträge zur Wehr setzen oder Abbuchungen bei ihrer Bank wieder rückgängig machen müssen. Verbotene Telefonwerbung darf sich nicht länger lohnen!“ Da die konkreten Anzeichen notwendiger Nachbesserungen der rechtlichen Regelungen offensichtlich sind, sprach sich Minister Dr. Till Backhaus dafür aus, die ohnehin nicht gesetzlich fixierte dreijährige Evaluierungsfrist nicht abzuwarten und den Bund aufzufordern, Nachbesserungen früher in Angriff zu nehmen. „Die Verbraucherschutzministerkonferenz im September wäre geeignet die so genannte Bestätigungslösung wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Die Länder hatten diese schriftliche Bestätigung für telefonisch geschlossene Verträge im Bundesrat bereits 2009 gefordert. Die Ergebnisse dieser Befragung belegen, dass wir ohne dieses Instrument die unerlaubte Telefonwerbung kaum eindämmen können“, betont Verbraucherschutzminister Dr. Till Backhaus.

Typische Beispiele:

Gewinnspiel- und Lotteriewerbung

Die Anrufer werben dafür, dass sich die Angerufenen in Listen zur Teilnahme an diversen Gewinnspielen eintragen lassen. Dabei fragen sie nach Kontonummer und Bankleitzahl, um anschließend einen monatlichen Beitrag vom Konto einzuziehen. Häufig erhalten Verbraucher dann eine schriftliche Mitteilung darüber. In anderen Fällen gaukeln die Anrufer das Bestehen eines Vertragsverhältnisses vor. Die Angerufen werden dann gefragt, ob sie den Vertrag verlängern oder beenden möchten. Um das Notwendige zu veranlassen, werden in diesen Fällen auch die angeblich schon vorliegenden Bankverbindungsdaten abgefragt, damit sie im System abgeglichen werden können. Besonders dreist ist es, wenn sich die Anrufer als Verbraucherschützer ausgeben, die Verbraucher vor lästiger Werbung bewahren wollen und nach einem ganz ähnlichen Schema Verträge unterschieben.

Zeitschriftenwerbung

Ein Klassiker bleibt nach wie vor auch das telefonische Anbieten von Zeitschriftenabonnements. Die Verbraucher berichteten hier von der Akquise durch einzelne Verlagshäuser (zum Beispiel Bauer Media Group, Bauer Verlag Hamburg). Zeitschriftenabonnements wurden vielen Verbraucher auch telefonisch von Kooperationspartnern einzelner Privatsender (zum Beispiel von der SAT1/Pro7-Gruppe) angeboten, nachdem sie zuvor beim Televoting oder bei Gewinnspielen teilgenommen haben.

Telekommunikations- und Internetdienstleister

Im Bereich Telekommunikation- und Internetdienstleister sind hier nach den Angaben der Verbraucher Anbieter wie Primacall, klarmobil, Unity Media, in Erscheinung getreten. Nach wie vor werden Fälle geschildert, dass Verbraucher bei dem Anrufer lediglich der Zusendung von Informationsmaterial zugestimmt haben und daraufhin Vertragsbestätigungen erhalten.

Predicitve Dialer

Kurz nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelungen wurden sogenannte predictive dialer Programme eingesetzt, durch die gleichzeitig mehrere Verbraucher angewählt werden, von denen aber nur zum zuerst Abhebenden eine Verbindung hergestellt wird. Alle anderen hören das Klingeln und erhalten beim Abheben keine Verbindung. Die Belästigung entsteht hier bereits durch das Klingeln und die damit verbundene Vortäuschung eines Anrufs. Anrufe von prediktiven Dialern können bislang nicht mit Bußgeldern geahndet werden.