Unterwegs zu den WM nach Richmond

Straßen-Radsportler aus M-V mit guten WM-Chancen


Radeln bei WM und Deutschland… Das waren in der Vergangenheit durchaus Erfolgsmomente, wobei der Radsport – aus eigenem Verschulden – oft nicht die besten Schlagzeilen hatte.

Radfahren

In diesem Jahr stehen als Saison-Höhepunkt noch die Weltmeisterschaften im Straßen-Radsport vom 19.September bis 27.September in Richmond auf dem Programm. Im vorläufigen WM-Kader wurden auch drei Rostocker, Andre Greipel, Paul Martens bzw. Paul Voß, berücksichtigt. Gerade Andre Greipel, der bei der diesjährigen „Tour de France“ vier Etappen gewann und gerade bei den Cyclassics in Hamburg der Beste war, hat gute WM-Medaillen-Chancen.

Zum deutschen WM-Aufgebot wird mit allergrößter Wahrscheinlichkeit auch Trixi Worrack (Bad Doberan/Rostock) gehören, die unter anderem 2006 Vize-Weltmeisterin im Straßen-Einzel wurde und 2012, 2013 bzw. 2014 mit dem Team „Specialized-lululemon“ triumphierte.

Wie war das „Kräfteverhältnis“ jedoch bei den bisherigen globalen Radrennen in den Einzel-Wettbewerben – bei Olympia und den Weltmeisterschaften?!

Blick in die Historie – kurz vor den WM 2015

Olympische Radsport-Moment bei den Herren

Seit 1896 gibt es – mit Unterbrechungen – olympische Straßen-Einzel-Entscheidungen bei den Männern. Und die „großen Vier“ waren dominierend: Italien, Deutschland, Frankreich und Russland.

Für Italien gab es bereits 5 Olympiasiege und insgesamt sieben Medaillen (5 x G/2 x S), gefolgt von Deutschland mit zweimal Gold und insgesamt 7 Medaillen (2 x G/2 x S/3 x B), Frankreich mit zweimal Gold und insgesamt vier Medaillen (2 x G/2 x S) und Russland mit zweimal Gold und insgesamt vier Medaillen (2 x G/2 x B).

Zwischen Athen 1896 und London 2012 erkämpften 21 Länder olympisches Edelmetall im Herren-Einzel-Straßenrennen, darunter 12 Staaten eine oder mehrere Goldmedaillen. Radfahrer aus Europa errangen dabei 50 von 56 Medaillen. Lediglich die USA (eine Medaille), Australien (eine Medaille), Kanada (eine Medaille), Kolumbien (eine Medaille) und Kasachstan (zwei Medaillen) konnten in diese Phalanx einbrechen. Für die Vereinigten Staaten erkämpfte 1984 in Los Angeles Alexi Grewal den Sieg und für Kasachstan belegte 2012 in London Alexej Winokurow Platz eins – die einzigen Olympia-Gold-Medaillen im Straßen-Einzel-Rennen für Nicht-Europäer.

Bekannte Olympiasieger in der Straßen-Entscheidung sind unter anderem Aristidis Konstantinidis (Griechenland) 1896, Wiktor Kapitonow (UdSSR) 1960, Hennie Kuiper (Niederlande) 1976, Sergej Suchorutschenkow (UdSSR) 1980, Pascal Richard (Schweiz) 1996, Samuel Sanchez (Spanien) 2008 und natürlich – aus deutscher Sicht – Olaf Ludwig 1988 und der gebürtige Rostocker Jan Ulrich 2000, der später leider für weniger erfreuliche Schlagzeilen sorgen sollte.
Die deutschen Herren „schürften“ hingegen – neben Gold 1988 und 2000 – Silber u n d Bronze: Silber für August Gödrich 1896, Silber für Bernd Gröne 1988, Bronze für Edi Ziegler 1952, Bronze für Christian Henn 1988, Bronze für Andreas Klöden 2000.

Zwischen 2009 und 2012 ganz stark – die Briten, Australier und Andre Greipel

In der letzten Olympiade, dem Zeitraum zwischen den Spielen 2008 und 2012, waren insbesondere die Welt-Titelkämpfe 2009, 2010 und 2011 wichtige sportliche Orientierungen im Hinblick auf London.

2009 setzte sich in Mendrisio der Australier Cadel Evans durch, 2010 folgte in Geelong der Norweger Thor Hushovd und 2011 war der Brite Mark Cavendish in Kopenhagen der Beste.

Für die Australier gab es dabei zwischen 2009 und 2011 einen kompletten Medaillen-Satz: Nach dem Gold durch Cadel Evans errangen Allan Davis 2010 Bronze und Matthew Goss 2011 Silber.

Auch Andre Greipel sicherte sich einen Podestplatz: Bei den WM 2011 ging Bronze an den Hanseaten.
Beim Olympia-Rennen in London triumphierten aber andere: Alexander Winokurow (Kasachstan) vor Rigoberto Uran (Kolumbien) und Alexander Kristoff (Norwegen).

Nach Olympia 2012

Nach Olympia 2012, bei den WM 2012 in Valkenburg und 2013 in Florenz, gingen indes die Podestplätze an Philippe Gilbert (Belgien), Edvald Bpasson Hagen (Norwegen) bzw. Alejandro Valverde (Spanien) und Rui Costa (Portugal), Joaquim Rodriguez (Spanien) bzw. erneut Alejandro Valverde (Spanien).

Weltmeisterliche Historie – Straßen-Radsport-Einzel der Herren (bis 2013)

Zwischen 1921 und 1995 fanden im Straßen-Radsport (Einzel der Männer) auch separate Weltmeisterschaften für Amateure statt, bis die Radsportfunktionäre einsahen, dass es zwischen „offiziellen Profis“ und „inoffiziellen Staatsamateuren“ eigentlich keine Unterschiede mehr gibt… Ein langer Denkprozess zwar, aber seit 1996 dürfen sich die besten Radfahrer messen, die neben ihren radsportlichen Arbeitsgeräten kaum andere berufliche Verpflichtungen haben.

Bei den so genannten Amateur-Welt-Titelkämpfen im Männer-Straßen-Einzel waren jedenfalls Italien (19 Titel), Deutschland (8 Titel, davon DDR 7 und das vereinte Deutschland 1 Titel), Frankreich sowie die Niederlande (je 7 Titel), Belgien (5 Titel), Dänemark, die Schweiz und Polen (je 4 Titel) die erfolgreichsten Nationen, wobei 66 der 68 Amateur-WM-Titel an Europa gingen. Lediglich der Australier Jack Hobbin (1950) und der Amerikaner Alexi Grewal (1984/gleichzeitig Olympiasieg) sorgten für nicht-europäische Erfolge.

Aus deutschem Blickwinkel jubelten bei den weltmeisterlichen Amateuren sieben Athleten: 1958 sowie 1959 jeweils Täve Schur, 1960 Bernhard Eckstein, 1982 Bernd Drogan, 1983, Uwe Raab, 1986 Uwe Ampler, 1988 (gleichzeitig Olympiasieg) Olaf Ludwig und 1993 der Rostocker Jan Ulrich.

Bei den Profis im Straßen-Einzel seit 1927 ff. dominierte und dominiert Belgien mit 48 Medaillen, davon 26 x Gold, vor Italien mit 55 Medaillen, davon 19 x Gold, Frankreich mit 34 Medaillen, davon 8 x Gold, Spanien mit 22 Medaillen, davon 5 x Gold, die Niederlande mit 17 Medaillen, davon 7 x Gold, Deutschland mit 15 Medaillen, davon 2 x Gold (durch Heinz Müller 1952 und Rudi Altig 1966), und die Schweiz mit 13 Medaillen, davon 3 x Gold.

Aus „Nicht-Europa“ schafften nur die USA (5 Medaillen, davon 3 x Gold durch Greg LeMond 1983/1989 sowie den mehr als bekannt-berüchtigten Lance Armstrong 1993), Australien (4 Medaillen, davon 1 x Gold durch Cadel Evans 2009) sowie Kanada (eine Medaille) Profi-WM-Plaketten im Herren-Straßen-Einzel.

Der Belgier Eddy Merckx wurde übrigens viermal Straßen-Einzel-Champion: 1964 als Amateur sowie 1967, 1971 und 1974 als Profi.

Die Frauen bei olympischen Straßen-Einzel-Rennen

Erst seit 1984 dürfen die Frauen olympische Straßen-Einzel-Rennen bestreiten. Damals siegte die US-Amerikanerin Connie Paraskevin – und Sandra Schumacher aus Köln wurde Dritte. Danach hieß es „The Germans in Silver!“. Für Jutta Niehaus (1988), Hanka Kupfernagel (2000) und Judith Arndt (2004) war stets ein radsportlicher „Silberstreif“ am „olympischen Horizont“.

Das olympische Ranking im Frauen-Radsport (Einzel-Entscheidungen auf der Straße) führt die Niederlande mit 3 x Gold, 1 x Silber vor Australien mit 2 x Gold, den USA, Frankreich und Großbritannien mit jeweils 1 x Gold, 1 x Silber an.

Im letzten olympischen Zyklus von 2009 bis 2012 die Italienerinnen eine Macht. Gold ging 2009 an Tatiana Guderzo. Zweimal, 2010 und 2011, war Georgia Bronzini die Nummer eins. Dazu gab es auch einmal Bronze 2009 für die italienische Damen-Mannschaft. Die „Niederlande“ wurden übrigens dreimal (!) Vize-Weltmeisterinnen in diesem Zyklus. Und das deutsche Team sicherte sich einmal Bronze 2011 – dank Ina-Yoko Teutenberg.

Bei den 2012er Spielen jubelte aber eine Niederländerin – Marianne Vos, vor Lizzie Armitstead (Großbritannien) und Olga Zabiliniskaja (Russland).

Nach den Spielen 2012 in Valkenburg bzw. 2013 in Florenz – Austragungsorte wie bei den Herren – war zweimal Marianne Vos vorn. 2012 gewann Marianne vor Rachel Neylan (Australien) und Elisa Longo Borghini (Italien) sowie 2013 vor Emma Johannsson (Schweden) und Rossella Ratto (Italien).

Blick in die WM-Historie im Straßen-Einzel bei den Damen (bis 2013)

Seit 1958 ff. werden WM im Straßen-Einzel ebenfalls für Frauen angeboten und die erfolgreichsten Länder sind bislang die Niederlande mit 26 Medaillen, davon 9 x Gold), Italien mit 20 Medaillen, davon 5 x Gold, Frankreich mit 16 Medaillen, davon 9 x Gold, Belgien mit 16 Medaillen, davon 6 x Gold, und Deutschland mit 12 Medaillen, davon 5 x Gold.

Die deutschen WM-Triumphe gehen dabei auf das sportliche Konto von Elisabeth Eichholz (1965), Beate Habetz (1978), Ute Enzenauer (1981), Judith Arndt (2004) und Regina Schleicher (2005).

Medaillen für nicht-europäische Länder bei den Frauen erradelten seit 1958 die USA (10 Medaillen, davon 2 x Gold), Australien (4 Medaillen) und Kanada (2 Medaillen).

Für die USA gewannen Audrey McElmury (1969) und Beth Heiden (1980). Beth Heiden war zudem eine begnadete Eisschnellläuferin, die 1979 Mehrkampf-Weltmeisterin wurde, dazu 1 x Mehrkampf-Silber 1980, zweimal Sprint-Silber 1978/1979, einmal Sprint-WM-Bronze 1980 und einmal Olympia-Bronze 1980 über 3000 Meter errang.

Und: Wie sah es vor Jahresfrist in Ponferrado bei den dortigen WM in den Straßen-Einzel-Wettbewerben 2014 aus?! Bei den Frauen setzte sich die Französin Pauline Ferrand-Prevot vor Lisa Brennauer (Deutschland) und Emma Johansson (Schweden) durch. Bei den Herren triumphierte der Pole Michal Kwiatkowski vor Simon Gerrans (Australien) und Alejandro Valverde (Spanien).

Nun gilt es jedoch, für die Straßen-Radsportlerinnen und -Radsportler erfolgreich bei den Welt-Titelkämpfen in Richmond zu bestehen.

Marko Michels

Foto/Michels: Radfahren ist der Hit, ob leistungssportlich oder breitensportlich, ob bei Rad-WM oder bei Triathlon-WM (wie hier in Hamburg).