Steigende Geburtenzahlen kein Grund zur Euphorie

Derzeitige Entwicklung nicht präzise abschätzbar

Heute meldete sich der Rostocker SPD-Landtagsabgeordnete Mathias Brodkorb in Schwerin zur Diskussion über steigende Geburtenzahlen zu Wort. Einhellig wird öffentlich in der Einführung des Elterngeldes der entscheidende Grund für den derzeitigen Anstieg der Geburtenzahlen gesehen und auf einen dauerhaften Trend gehofft. Hierzu Brodkorb: „So erfreulich die Entwicklung ist, so sehr muss man sich vor vorschnellen Schlussfolgerungen hüten. Zunächst dürfte ein erheblicher Teil der Entwicklung auf die anhaltend gute Konjunkturlage zurückzuführen sein. Dies führt bei vielen Menschen zu einem stärkeren sozialen Sicherheitsgefühl und begünstigt auch die Geburtenentwicklung. Ob und in welchem Umfang das Elterngeld tatsächlich zu einer Trendumkehr bei der Geburtenrate geführt hat, lässt sich erst in einigen Jahren sinnvoll diskutieren. Denn genauso gut könnte es sein, dass sich viele junge Paare durch das Elterngeld ihren Kinderwunsch einfach früher als geplant erfüllen. Das Elterngeld hätte dann zwar den Zeitpunkt der Geburten, nicht aber deren Anzahl beeinflusst. Die Folge dieser so genannten Tempoeffekte ist dann, dass wenige Jahre später die Geburtenzahlen wieder überdurchschnittlich einbrechen. Diese Entwicklung hat es in der Vergangenheit sowohl in der DDR als auch in Schweden nach der Einführung familienpolitischer Maßnahmen gegeben.“ Allerdings müsse man schon mehrere Jahre abwarten, um zu sehen, ob dieser Effekt auch beim Elterngeld Eintritt.

2 Kommentare zu „Steigende Geburtenzahlen kein Grund zur Euphorie“

  1. In Zeiten, wo Vollzeitmütter als Faulpelze gelten, wo einen schon der Begriff „Mutterliebe“ in die Nähe der Nazi-Ideologie rücken kann, und wo Kindererziehungsgeld ohne Rücktrittsforderung als „Herdprämie“ bezeichnet werden darf, richtet sich eine offenbar gut situierte und bürgerlich-aufgeklärte Frau mutig auf und fordert mit einem selbst gemalten Plakat die Wertschätzung der Familienarbeit. Na endlich, und hoffentlich hört auch jemand auf sie! Wenn nicht, dann wird sie nicht nur zur Ikone einer untergehenden Kultur sondern einer untergehenden Gesellschaft werden. Denn jungen Frauen, denen man heute vermittelt, dass Muttersein eine biografisch eher lästige Panne der Karriere ist, werden sich zunehmend gegen Kinder entscheiden.
    „Bin gespannt, wann unsere Gesellschaft merkt, dass sie mit der derzeitigen Familienpolitik am Ast sägt, auf dem sie sitzt. Wie es im Moment aussieht, offenbar leider erst beim Aufprall.“

  2. Heinrich Oldenburg

    Mit einem Fuß in kochendem Wasser, mit dem anderen in der Teifkühltruhe, „Im Durchschnitt ein angenehmes Raumklima!“, folgere der Statistiker – spöttelt man.

    Sehr geehrter Herr Brodkorb,

    lassen wir uns durch Statistikwitze die Statistik nicht vergällen. Schauen wir lieber selber hin.
    Aktuell, das Statistische Bundesamt teilt zur Freude von gewiss nicht nur Frau von der Leyen mit: In den ersten 9 Monaten 2007 wurden rd. 5000 Babys mehr geboren als in der gleichen Zeit des Vorjahres, 514 000 statt nur 509 000, ein Plus von etwa 1 %.

    Erstgebärende sind im Durchschnitt 29,4 Jahre alt, beim zweiten Kind 31,7 Jahre. Drittes Kind lassen wir mangels Häufigkeit mal außer Betracht.
    Also schauen wir doch mal, was sich vor 29 bis 32 Jahren an erfreulichen Ereignissen tat, an lebendgeborene Mädchen, die heute im statistisch prägnanten Mutterschaftsalter sind:
    1975 379 520 = 100,0 %
    1978 392 753 = 103,5 %
    Angesichts der wachsenden Zahl potenzieller Mütter würde ein Zuwachs von rd. 18 000 Geburten in den ersten neun Monatn 2007 keinen weiteren Rückgang der Fertilität anzeigen. Also ist der bejubelte Zuwachs ein reales Manko von 13 000.
    Bezieht man aber die auflaufende Auswanderungswelle mit ein, allein 2006 verließen offiziell 90 000 Fachkräfte plus Dunkelziffer von 60 000 unser Land, darunter zunehmend viele junge Hochqualifizierte, also gerade die Zielgruppe des von der Leyenschen Elterngeldes, so könnte bei der arg reduzierten Zahl Bleibenden doch ein Zuwachs an Geburten zu konstatieren sein.
    Ob das per Saldo für eine Wende ausreicht, mag jeder selber beurteilen. Die Geburtenzahl 2006 (678 000) reicht übrigens für ein Volk von 50 Mio, wenn sich denn alle diese Kinder in 30 Jahren für 2,1 statt nur 1,3 Nachkommen pro Frau entscheiden. Wenn?

    „Ja wenn“, so mein Sohn. Gleich nach dem Examen trat der junge Dipl.-Ing. seine erste Stelle im Ausland an. Bessere Vertragsbedingungen, kein vorgeschaltetes Praktikum, „in dem Sie sich beweisen können“, jugendliche Lust auf Neues und „hier kriegen wir Jungen demografisch die soziale A..Karte angedreht!“

    Meine beiden noch studierenden Kinder beobachten den Schritt des großen Bruders mit wachsendem Interesse.

    Bin gespannt, wann unsere Gesellschaft merkt, dass sie mit der derzeitigen Familienpolitik am Ast sägt, auf dem sie sitzt. Wie es im Moment aussieht, offenbar leider erst beim Aufprall.

    Ich grüße Sie, Herr Brodkorb.

    Heinrich Oldenburg
    otto-Wels-Straße 9
    32429 Minden

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