Statt Offenlegung fährt Bagger vor

Rostocker Stadtwerke mit bundesweit einzigartiger Aktion gegen Verbraucher

Rostock. „Das haben wir den Stadtwerken nicht zugetraut“, empört sich Dr. Jürgen Fischer von der Neuen Verbraucherzentrale. Am Freitag letzter Woche wurde durch einen Zeitungsbericht bekannt, dass die Stadtwerke einer Familie aus Pölchow bei Rostock durch massiven Technikeinsatz die Gasversorgung unterbrochen haben. Die betroffenen Verbraucher hatten seit 2005 konsequent den geforderten Gaspreiserhöhungen widersprochen und sich zur Unterstützung dieser Forderung auf eine Kürzung der Gasrechnung im Umfang des Erhöhungsbetrages eingelassen. Selbstverständlich wissen auch die Verbraucherschützer hierzulande und bundesweit, dass die Gaspreiserhöhungen der letzten Jahre große Auseinandersetzungen mit sich brachten. Insbesondere seit dem höchstrichterlich beschieden war, dass die Erhöhungen Billigkeitskriterien des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 315 BGB) zu entsprechen haben, müssen bei einseitigen Preiserhöhungen nachvollziehbare Zahlen auf dem Tisch. Wer also der Begründung für eine Gaspreiserhöhung keinen Glauben schenkt, kann vom Versorger eine Offenlegung der Gründe für den Preisanstieg verlangen. Tut er das nicht, wird die erhöhte Gasrechnung noch nicht fällig und der betroffene Verbraucher zahlt zunächst nur den alten Preis weiter. Durch tausendfache Kürzung entstand in den letzten Jahren ein gewisser Druck auf die Versorger. Trotzdem haben sie vor massenhaften Zahlungsklagen und einer damit verbundenen Offenlegung der Preiserhöhungen zurückgeschreckt. Auch der Weg, durch Androhung einer Versorgungssperre zum Ziel zu kommen, schien bislang nicht gangbar. So liegen diverse Urteile vor, die den Versorgern selbst schon das Recht zur Sperrandrohung absprechen. Auch die Bundeskartellbehörde hatte vor unbegründeten Sperrungen gewarnt und klargestellt, dass erst eine Offenlegung der gründe für Preiserhöhungen erfolgen müsse.

In Rostock haben die Gerichte zwar den Stadtwerken Recht gegeben, doch sind die Entscheidungen nicht für alle Fallgruppen und Tarife maßgeblich. Hoffnung gibt ein Urteil des Landgerichts Rostock vom 26. 04. 2007, in dem die Unwirksamkeit einer Preisklausel in einem Gassondervertrag festgestellt wurde. Nach wie vor aber sind wichtige Fragen zur Prüfung der Angemessenheit der Gaspreise ungeklärt und weitere höchstrichterliche Entscheidungen sind nötig. Dem sind die Stadtwerke zuvorgekommen und schieben jetzt noch eine saftige Preiserhöhung nach.

1 Kommentar zu „Statt Offenlegung fährt Bagger vor“

  1. Wechsel des Anbiters, einzigste Chance bei einem so Verbraucher unfreundlichen Anbieter. Dies sei auch bei Strom angeraten, denn die Rechte werden hier mit Füßen getreten.

Kommentarfunktion geschlossen.