Südkoreaner lernen von Forschern der Uni Rostock
Die Motorenforschung an der Universität Rostock stößt auf Interesse bei dem Schiffmotorenhersteller Hyundai Heavy Industries aus Südkorea. Die in Rostock entwickelten neuen Motorengenerationen sollen schadstoffärmer und klimaneutral sein.
Weit über Ländergrenzen hinaus forschen für den Klimaschutz: Am Lehrstuhl für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren der Universität Rostock wird das praktiziert. Auf der internationalen Großmotorentagung im Herbst 2018, die der Lehrstuhl 2010 ins Leben gerufen hat und seitdem alle zwei Jahre für die internationale Fachwelt ausrichtet, wurden Experten von Hyundai Heavy Industries aus Südkorea, einem weltweit führenden Schiffsmotorenhersteller, auf die Rostocker Forscher aufmerksam.
Ein gutes halbes Jahr später ist zwischen Hyundai und der Universität Rostock eine Kooperation entstanden. Das südkoreanische Unternehmen hat den 37-jährigen Experten Seung Chel Pack für ein einjähriges Forschungsprojekt an die Rostocker Alma Mater geschickt. Er arbeitet hier an der Seite des 31-jährigen Doktoranden Benjamin Stengel an optimalen Konzepten für den Einsatz neuartiger Einspritz-Systeme am Schiffsmotor. Das ist das Spezialgebiet von Benjamin Stengel. Er verfolgt das Ziel, flexible Einspritzsysteme aus dem LKW-Bereich, so genannte Common-Rail-Systeme, für die Anforderungen an zukünftige Schiffsmotoren weiterzuentwickeln. Dadurch könnten unterschiedlichste Kraftstoffe stets optimal eingespritzt werden, um den Schadstoffausstoß und Kraftstoffverbrauch zu senken. Der gebürtige Pasewalker, der an der Universität Rostock Maschinenbau studierte, will in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt herausfinden, wie sich zukünftige, CO2-reduzierte maritime Kraftstoffe am saubersten im Motor verbrennen lassen.
Der Südkoreaner Seung Chel Pack, der jede freie Minute nutzt, um Deutsch zu lernen, ist wissensdurstig und hat sich schon in dieses Thema vertieft. „Mir gefällt besonders der Austausch mit den jungen Forschern aus Rostock und ich habe Zeit, über fachliche Zusammenhänge nachzudenken“, sagt Pack, der seine Frau und die beiden Kinder für das eine Jahr mit nach Rostock gebracht hat. Und Benjamin Stengel sieht sich, wie er sagt, gefordert, täglich Englisch zu sprechen. Zudem bekomme er durch intensive fachliche Nachfragen seines südkoreanischen Kollegen auch Denkanstöße für seine Forschung.
Die Kooperation läuft auf eine längerfristige Zusammenarbeit mit den Südkoreanern hinaus. Dazu sagt Professor Bert Buchholz, Inhaber des Lehrstuhls für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren: „Schiffsmotorenforschung ist stark international verwoben. Die deutsche maritime Industrie beschäftigt etwa 400.000 Mitarbeiter und ist in vielen Bereichen Technologieführer. Neben permanenter Forschung zum Erhalt dieser Technologieführerschaft müssen neueste Erkenntnisse aber auch ihren Weg in die praktische Umsetzung finden. Hyundai baut in Korea Schiffsmotoren in großer Stückzahl mit hochwertigen Baugruppen europäischer Zulieferer. Es ist unser gemeinsames Interesse, dass diese Motoren so effizient und umweltfreundlich wie möglich sind“.
Auf dem Schiffsmotoren-Prüfstand der Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik der Uni Rostock steht der größte Ein-Zylinder-Forschungsmotor einer europäischen Universität. Und der weckt das besondere Interesse des Südkoreaners. Denn hier werden Simulationsverfahren und Motorenversuche miteinander verknüpft, um neuartige Brennverfahren für Schiffsmotoren experimentell zu erforschen. Im Focus stehen dabei die Dual-Fuel-Motoren, die sich wahlweise mit Diesel oder Erdgas betreiben lassen.
Oberstes Ziel der Universität Rostock ist es, neue schadstoffarme und klimaneutrale Motoren zu entwickeln. Die Herausforderung formuliert Professor Buchholz so: „Wir wollen erreichen, dass die Emissionen an Schadstoffen und Treibhausgasen durch Großmotoren auf den Weltmeeren stark reduziert und verschärfte Abgasnormen im Schiffsverkehr künftig nachweisbar eingehalten werden“.
Neue Ziele zur Senkung der Treibhausgasemissionen, die die International Maritime Organisation (IMO) vorgelegt hat, verlangen nach innovativen Lösungen. Der Verbrauch von fossilen Kraftstoffen muss gesenkt werden und perspektivisch müssen neue, klimaneutrale Kraftstoffe in der Schifffahrt eingeführt werden. Damit wird die Grundlage für die maritime Energiewende gelegt.
Den Forschern hilft dabei ein so genannter intelligenter Injektor, der mit einem Drucksensor und komplexer Auswertelogik ausgerüstet ist. Mit deren Hilfe sollen alternative Kraftstoffe automatisch erkannt und die Einspritzung des Kraftstoffs haargenau angepasst werden, um eben Emissionen zu verringern und das Potenzial dieser neuen Kraftstoffe voll auszunutzen.
Pressemitteilung der Universität Rostock / Text: Wolfgang Thiel