Rundes Jubiläum für Rüganer Bob-Olympiasieger

Meinhard Nehmer wird 70 Jahre

Sieben Jahrzehnte zu schaffen, ist an sich schon eine große, zumindest biologische Leistung. Diese Jahrzehnte fast auch immer sportlich ausgiebig gestaltet zu haben, überwiegt um so mehr. Meinhard Nehmer, das Bob-Ass aus Varnkewitz auf der Insel Rügen, wird am 13. Januar 2011 stolze, weise 70.

Er begann mit dem Speer und tauschte diesen dann – eher ungeplant – gegen den Bobschlitten ein. Ein „Tausch“, der sich lohnte, denn der Rüganer wurde unter anderem 1976/80 dreifacher Olympiasieger.

Nachgefragt beim Geburtstagskind Meinhard Nehmer

„Mit diesem großen Erfolg hatten wir keineswegs gerechnet …“

Frage: Herr Nehmer, so einfach vom Leichathletik-Stadion in die Bob-Bahn wechselt man doch gar nicht … Wie war das eigentlich bei Ihnen?

Meinhard Nehmer: Ich hatte mir ja eine schwere Schulterverletzung zugezogen und auch eine Operation half nicht weiter. Dabei hatte ich schon gute Leistungen als Speerwerfer vorweisen können, denn meine Bestweite lag bei 81,50 Metern. Aber ich wollte dem Sport aktiv erhalten bleiben und als dann ab Ende 1972 der DDR-Bobverband Talente für den wieder geförderten Bobsport suchte, dachte ich mir: „Das könnte vielleicht etwas für Dich sein!“

Damals, 1973, nahm unter anderem Trainer Horst Hörnlein, ein ehemaliger Rodler, die Sichtung vor. Viele Interessenten für den Bobsport kamen dabei aus der Leichtathletik, was auch bei Schweizern, Österreichern oder Bundesdeutschen so ähnlich war. Die Sichtung verlief insgesamt sehr erfolgreich für mich und so beschloss ich als 32-jähriger, die Sportart zu wechseln.

Frage: Die ganz großen Erfolge stellten sich dann punktgenau bei den Olympischen Winterspielen 1976 in Innsbruck-Igls ein. Waren Sie damals selbst von den beiden olympischen Goldmedaillen überrascht?

Meinhard Nehmer: Bereits bei den olympischen Testrennen 1975 lief es außerordentlich gut für uns. Wir wurden hinter den Schweizern sogar Zweite. Und auch bei den WM 1975 waren wir unter den besten Sechs. Ein Trend, der sich im olympischen Winter fortsetzte. So hofften wir vor den Winterspielen 1976 zumindest auf eine Medaille, wenn alles gut lief, sogar auf zwei.

Aber dass wir dann so klar zweimal Gold gewannen – im Zweier mit Bernhard Germeshausen vor dem Zimmerer-Bob aus der Bundesrepublik und im Vierer mit Jochen Babock, Bernhard Germeshausen bzw. Bernhard Lehmann vor dem Schärer-Bob aus der Schweiz – war dann ziemlich überraschend. Nein, mit diesem großen Erfolg hatten wir vorher keineswegs gerechnet.

Frage: Wie war das Verhältnis zur Konkurrenz, z.B. zu Wolfgang Zimmerer, dem Onkel der Ski-Königin der Winterspiele 2010, Maria Riesch?

Meinhard Nehmer: Wir hatten stets ein sehr gutes Verhältnis. 1976 war es ja von offizieller Seite nicht gewünscht, dass wir intensive Kontakte zur bundesdeutschen Konkurrenz herstellten. Dennoch waren wir stets fair zueinander. Unter Sportlern ist das Miteinander ja ohnehin kaum zu reglementieren, man tauscht seine Erfahrungen aus, sucht die sportlichen Gespräche. Wir sehen uns auch jetzt noch „ab und zu“. Gespräche gab es dann natürlich verstärkt während meiner Tätigkeit als Trainer. Auch zu den anderen bundesdeutschen Bob-Assen war das Verhältnis kameradschaftlich, so zu Stefan Gaisreiter oder Georg Heibl.

Frage: Was ist eigentlich schwieriger – aktiver Bobsportler zu sein oder als Trainer zu fungieren?

Meinhard Nehmer: Als aktiver Sportler muß man sich schon mehr schinden, bekommt zwar die Hinweise und Tipps vom Trainer, wenn man aber die erhoffte Leistung nicht bringt, dann weiß man: Es hat an einem selbst gelegen. Eine Entschuldigung gibt es dann nicht.

Als Trainer steht man „nur“ neben der Bob-Bahn, hofft, dass die Sportler die Hinweise umsetzen, fiebert mit und drückt die Daumen. Manchen Sportlern gelingt es meistens, die Anregungen des Trainers zu befolgen, anderen weniger. Als Trainer kann man dann nur versuchen, immer wieder zu motivieren, Ratschläge zu geben und Mut zuzusprechen. Aber letztendlich ist jedes Team während des Wettkampfes auf sich gestellt, muß wissen, worum es geht …

Sportler und Trainer zu sein – beides ist höchst unterschiedlich und bringt völlig neue Herausforderungen sowie Erkenntnisse mit sich.

Frage: Und wie feiern Sie das 70.Jubiläum?

Meinhard Nehmer: Eigentlich haben wir eine Feier mit der Familie, mit den Kindern und den guten Bekannten geplant. Eigentlich, denn von den guten Bekannten gibt es viele. Ich hoffe nur, dass nicht mehr so viel Schnee auf Rügen fällt, denn davon haben wir mittlerweile mehr als genug!

Dann eine schöne Geburtstagsfeier am 13.Januar 2011, alles Gute, viel Gesundheit und Schaffenskraft sowie gute Monate 2011!

Marko Michels