Rostocker Instituts-Chef schmiedet Mathe-Asse für Weltolympiade

Prof. Hans-Dietrich Gronau fördert engagiert fachlichen Nachwuchs

Rechnen kann so schön sein: „Ein Mathematiker ist eine Maschine, die Kaffee in Theoreme umwandelt.“ Theoreme – das sind mathematische Lehrsätze, und der Schöpfer dieses denkwürdigen Zitats ist der Jahrhundert-Mathematiker Paul Erdös (1913 bis 1996), der seinen eigenen Grundsatz selber auch gelebt habe. Das erzählt Hans-Dietrich Gronau, Mathematik-Professor an der Universität Rostock. Gronau kannte Erdös persönlich, der legendäre Wissenschaftler begutachtete die Habilitationsarbeit des Rostockers. „Ich bin stolz, dass ich ihn  kannte“, sagt Gronau.

Vor drei Jahren erhielt der Rostocker Professor in Spanien den Paul Erdös Preis, den die Weltorganisation für nationale Mathematikwettbewerbe vergibt. Etwa 1500 Abhandlungen über mathematische Probleme und ihre Lösung verfasste Paul Erdös  teils alleine, teils mit Koautoren. „Ein überdurchschnittlicher Mathematiker schreibt in seinem Leben um die 20 solcher Abhandlungen“, sagt Gronau bewundernd.

Und auch Prof. Gronau hat sehr viel aufzubieten: Seit fast  30 Jahren ist  er, der das Institut für Mathematik an der Uni Rostock geschäftsführend leitet, als Trainer beziehungsweise Delegationsleiter der Internationalen Mathematikolympiade (IMO) aktiv. Der 61-Jährige war schon als Schüler dabei, bei der XI. Welt-Olympiade in Rumänien und gewann eine Bronzemedaille.  Später war er Vize- und Delegationsleiter.  Aber auch als Chef der Jury machte er sich einen Namen.  Den Vorsitz des nationalen Mathematik Olympiaden Vereins hatte er 16 Jahre inne, 2010 gab er dieses Amt ab.

Ganz aktuell macht der Rostocker Professor Mathe-Asse fit für die Welt-Olympiade (IMO). 16 Jugendliche aus ganz Deutschland, 15 bis 18 Jahre alt, bereiten sich in diesem Jahr darauf vor. Die Besten aus den nationalen Mathematik-Olympiaden und dem Bundeswettbewerb Mathematik werden für die IMO ausgewählt. „Es ist wie beim Sport“, sagt Prof. Gronau: „Viele trainieren, aber nur wenige schaffen es zum Weltmeistertitel“.

Im Juli wird Prof. Gronau die jungen Mathematiker nun zur Mathe-Olympiade  nach Mar del Plata in Argentinien führen. Als Maskottchen ist wie immer Plüschi „die Mathematigerin“ dabei. „Eine meiner großen Stützen ist der erst 27 Jahre junge Professor Christian Reiher“, sagt Prof. Gronau. Erst saß Reiher als Teilnehmer vor ihm und dann in der Jury neben ihm, dann organisierten Prof. Gronau und Christian Reiher zusammen Teile der Olympiade. Und Prof. Gronau erkannte schnell: da ist ein Ausnahmetalent am Werk. Er holte Reiher aus München zum Promovieren an seine Fakultät nach Rostock. Christian Reiher war seit mehreren Jahren Rekordteilnehmer der IMO. Von 1999 bis 2003 gewann er fünf Medaillen: Viermal Gold und einmal Bronze. Im letzten Jahr knackte die Dresdnerin Lisa Sauermann den Rekord.

„Rekorde sind ja da, um gebrochen zu werden“, sagt Reiher, der mit seinen wuscheligen, blonden Haaren, Brille, neugierigen, offenen Gesichtsausdruck  einen zweiten Rekord für sich verbuchen kann. Er ist mit 27 Jahren Juniorprofessor und von Rostock  nun an die Uni Hamburg gewechselt. Bei Prof. Gronau hat  er seine Doktorarbeit zum Thema „Endliche Kombinatorik“  – eines seiner Hobbys – in nur gut einem Jahr geschrieben und verteidigt und  damit ein 40 Jahre altes Mathe-Problem gelöst. Doch der IMO und seinem Rostocker Doktorvater bleibt er eng verbunden. Gemeinsam mit Gronau trainiert er die deutschen Teams für die Mathe-Welt-Olympiade. „Durch Prof. Gronau  habe ich viel gelernt, vor allem, wie man Aufgaben löst“, sagt Reiher.

In seiner Laufbahn hat Prof. Gronau viele junge Mathe-Asse zu Top-Mathematikern entwickelt.  Drei Beispiele: Jürgen Prestin hat Prof. Gronau schon als Schüler betreut. Jetzt ist er Professor in Lübeck und nun Nachfolger Gronaus als erster Vorsitzender der nationalen Mathematik-Olympiade. Auch schon als Schülerin betreute er die heutige Professorin Gabriele Steidel, geb. Drauschke. Später studierte sie an der Uni Rostock und arbeitet jetzt an der Uni Kaiserslautern.

Am Rostocker Institut für Mathematik schließlich arbeitet Jürgen Roßmann. Er fiel Prof. Gronau schon früh als begabter Matheschüler auf, später studierte er in Rostock, wo er nun als Professor lehrt.
„Ich weiß, dass Mathematik bei vielen Schülern nicht zu den Lieblingsfächern gehört“, sagt Prof. Gronau. „Das ist in anderen Ländern auch so“, weiß er aus seiner internationalen Arbeit. „Jeder sollte seine Chance haben, Fähigkeiten auszubauen“. Besonders erfreut es den Professor, wenn Mädchen ein Mathe-Talent haben. Wen wundert es, denn Ehefrau Annegret ist Mathe und Physik-Lehrerin, und auch die Tochter unterrichtet Mathematik. Daneben gibt es für Gronau ein Leben außerhalb der Mathematik: Er ist ein leidenschaftlicher Tänzer, außerdem forscht er im Verein für mecklenburgische Familien- und Personengeschichte. Seit seinem 60. Geburtstag ist er zudem begeisterter Golfspieler. Und ebenso begeisterter Opa!

HINTERGRUND
Die Internationale Mathematik-Olympiade ist der bedeutendste mathematische Schülerwettbewerb auf internationaler Ebene und wird seit 1959 jährlich in einem anderen Gastland veranstaltet. Der Wettbewerb besteht aus zwei viereinhalbstündigen Klausuren, in denen jeweils drei sehr knifflige Aufgaben gelöst werden müssen – einzeln und nicht im Team. Als Preise winken Gold-, Silber- und Bronzemedaillen, wobei nach dem Reglement der IMO nicht mehr als die Hälfte der Teilnehmenden eine Medaille erhalten soll. Nach den Klausuren bleibt für die Teilnehmer viel Zeit, um sich bei Ausflügen und gemeinsamen Sportveranstaltungen zu erholen und vielfältige internationale Kontakte zu knüpfen.

Quelle: Universität Rostock