Resümee: Deutsche Meisterschaften im Frauen-Boxen in Wismar

Starke Kämpferinnen vom Niederrhein und aus Bayern

Insgesamt 99 Frauen, Jugendliche und Juniorinnen kämpften vom 7. bis 10. Juli in der Weltkulturerbe- und Hansestadt Wismar, in der Sporthalle an der Bürgermeister-Haupt-Straße, um die deutschen Meistertitel im Frauenboxen.

Die Wismarer Organisatoren um Box-Urgestein Fiete von Thien boten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Championats beste Bedingungen und bewiesen wieder einmal, dass Mecklenburg-Vorpommern, speziell Wismar, einen exzellenten Ruf in der Box-Welt hat. Viele ehrenamtliche Helfer, insbesondere von der Box-Abteilung des PSV Wismar, sowie eine tatkräftige Unterstützung durch die Stadt Wismar, sowie das großzügige Sponsoring von rund 50 Unternehmen trugen dabei zum großen Erfolg der Meisterschaften bei.

Die „Danzlüd ut Wismar“, die Turn-Küken der TSG Wismar und die Trachten-Mädchen vom Tanz-Ensemble Wismar boten für ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm. Und natürlich waren auch zahlreiche Ehrengäste aus Politik, Sport, Kultur und weiteren gesellschaftlichen Bereichen zugegen, darunter natürlich auch Norbert Baunach, der Landes-Boxpräsident M-V. Seit mehr als neun Jahrzehnten ist der Boxsport in Wismar, einer Hochburg des Faustkampfes in Deutschland, vereinsmäßig organisiert. Mit Anne Cravaack und Alice Altmann haben in der Hansestadt auch zwei frühere Nachwuchs-Meisterinnen im Boxsport ihr Zuhause.

Nicht nur dabei, sondern im Ring aktiv, war auch Sabine Felser vom PSV Rostock, die schon eine mehrjährige Box-Erfahrung hat und schon in den verschiedensten Bereichen „glänzte“. Die 33-jährige ist ausgebildete „Medizinisch-Technische Radiologie-Assistentin“, hat einen Magister in Sportwissenschaften, Erziehungswissenschaften und in Soziologie, war eine sehr gute Judoka, schreibt an ihrer Doktorarbeit an der Universität Rostock, ist freiberufliche Dozentin und Ju-Jutsu-Landestrainerin. Gerade im Ju-Jutsu feierte Sabine Felser exorbitante Erfolge. So wurde sie „World Games“-Siegerin 2005, bei den Weltspielen in den nichtolympischen Sportarten, Weltmeisterin 2000 sowie 2002, Europameisterin 1999, 2001 und 2003 und zudem achtfache deutsche Meisterin. Bei den Deutschen Box-Meisterschaften 2010 in Wismar erkämpfte sie nun, wie schon 2008, die Bronzemedaille. Wie vor zwei Jahren unterlag sie im Halbfinale der Kroatin Nicolina Orlovic (Bayern)nach Punkten.

„Mit dem Herzen Ju-Jutsuka…“

Frage: Sabine, vor fünf Jahren waren Sie noch „Wold Games“-Siegerin auf der Ju-Jutsu-Matte in Duisburg. Nun, in Wismar, avancierten Sie zur Box-Lady. Suchten Sie einmal wieder die Abwechslung? Wollten Sie es sich vor allem persönlich beweisen, dass Sie auch als Boxsportlerin nach wie vor mithalten können? Und nicht zuletzt: Sind Sie eine echte Kämpferin?

Sabine Felser: Letztendlich habe ich mit dem Boxen nach meinem Karriere-Ende im Ju-Jutsu angefangen. Es geht dabei eher um den Spaß an der Sache. Ich wollte als aktive Sportlerin nicht so abrupt aufhören und daher mein Wechsel in den Ring. Was die Kämpferin betrifft: Tja, ein Faible für Kampfsportarten habe ich schon, aber auch ohne „Kämpfe“ fehlt mir nichts. Ich denke, dass ich ein ausgeglichener Mensch bin, aber ich bin seit meiner Kindheit beim Judo, Ju-Jutsu oder nun Boxen dabei. Da fehlt es dann schon schwer, loszulassen.

Frage: Seit 1904 ist Boxen für die Herren olympisch. Mit 108 Jahren „Verspätung“ folgen nun die Frauen, 2012 in London. Diese alte „Kampfkunst“ Boxen… Was bedeutet Ihnen diese Sportart?

Sabine Felser: Der Faustkampf für Männer hat ja zweifellos eine immens lange Tradition, schon in der Antike gehörte er zum Programm der Olympischen Spiele. Ich persönlich hocke, wenn ich nicht selbst aktiv bin, nun nicht unbedingt vor dem Fernseher, um mir Frauen-Boxsport anzusehen. Ich finde es gut, dass die Frauen ihre olympische Chance bekommen, diese haben sie sich wirklich verdient, aber ich persönlich bin vom Herzen her Ju-Jutsuka.

Frage: In zwei Jahren, wie bereits angesprochen, wird das Boxen für Frauen olympisch. Wie beurteilen Sie diese „olympische Gleichberechtigung“ im Box-Ring? Wie ist Ihre Meinung zur Qualität des Frauen-Boxens auf nationaler Ebene?

Sabine Felser: Ich kann ja nur konkret etwas zur Situation in Deutschland sagen. Wir haben natürlich hierzulande schon einige sehr gute Kämpferinnen, aber sowohl was die Leistungsdichte als auch die Quantität betrifft, sind die boxenden Herren den Frauen um einiges voraus. Andere Nationen, ob Russland, die USA, verschiedene asiatische Staaten, haben gegenüber dem Frauen-Boxsport in Deutschland deutliche Vorteile. Sie widmen sich diesem schon länger intensiv und daher hat dieser dort eine ganz andere Stellung als bei uns. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Wie es in zehn Jahren aussehen wird, bleibt abzuwarten. Der Frauen-Boxsport wird ja mittlerweile hierzulande gefördert.

Frage: Zu den deutschen Meisterschaften 2010 in Wismar… Wie lautet Ihr Resümee? Zufrieden mit der persönlichen Leistung?

Sabine Felser: Insgesamt schon. Natürlich hatte ich etwas Pech bei der Auslosung. Mit Nicolina Orlovic hatte ich im Halbfinale eine sehr starke Gegnerin. Gegen diese hatte ich schon vor zwei Jahren im Halbfinale geboxt und verloren. Wie nun auch… Mein Kampf 2010 war aber um einiges besser als der von 2008. Mir fehlte ganz einfach die Kampferfahrung. Ich hatte seit 2008 nicht einen einzigen Kampf auf nationaler Ebene und das macht sich in einem Fight mit einer so starken Gegnerin wie Nicolina dann doch bemerkbar. Aber eins muss noch erwähnt werden, ich hatte die besten Fans hinter mir. Vielen Dank an alle, die den Weg aus Rostock auf sich genommen und mich unterstützt haben.

Frage: Wie sieht eigentlich Ihr spezielles Box-Training aus?

Sabine Felser: Als feststand, dass die Deutschen Meisterschaften in Wismar ausgetragen werden, habe ich mich noch einmal aufgerafft und mich intensiv auf die Titelkämpfe vorbereitet. So gab es eine Zusammenarbeit mit der Boxabteilung des PSV Rostock, so dass ich dreimal in der Woche ein spezielles Boxtraining absolvieren konnte. Nebenbei gab es diverse Laufeinheiten und auch ein wenig Ju-Jutsu. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei Klaus-Dieter Schildt vom PSV Rostock bedanken. Er nahm sich die Zeit ein halbes Jahr lang mit mir ein- bis zweimal jede Woche zu trainieren. Dank geht aber auch an Jan Kriegisch und alle Trainingspartner die für Sparringskämpfe zur Verfügung standen.

Frage: Sie sind ja auch Landestrainerin im Ju-Jutsu. Welche Herausforderungen müssen Sie dort leisten?

Sabine Felser: Tja, Ju-Jutsu und Mecklenburg-Vorpommern ist eine ganz schwierige Symbiose. Ich habe ausschließlich Wettkämpfer aus einem Verein, das ist mein eigener… Es fehlt hierzulande ganz einfach die Konkurrenz, diese belebt bekanntlich das Geschäft… Und wenn diese ausbleibt – und eine gute Förderung dazu – kann es dauerhaft nicht gut um die Zukunft des Ju-Jutsu „Made in M-V“ bestellt sein. Aber ich habe ein tolles Team. Nicht viele Kämpfer, aber diese sind mit dem Herzblut dabei und auch deuschlandweit erfolgreich.

Frage: Sie sind so ungemein vielseitig – persönlich, beruflich und sportlich… Eine pure Power-Frau?

Sabine Felser: Vieles war „unfreiwillig“, vieles ist „aus heiterem Himmel“ auf mich zugekommen und für einiges habe ich mich ganz bewusst entschieden. Aber so ist das Leben heutzutage, man muß vielfältig und aufgeschlossen sein, wenn man Erfolg haben möchte.

Dann weiterhin maximale Erfolge im Sport und persönlich. Bleiben Sie „kämpferisch“!

Marko Michels

Resümee: 8. Landesmeisterschaften im Boxsport in Wismar
Bayern erfolgreichster Landesverband
/ MV mit acht Medaillen und starker Sabine Felser

Die mecklenburgischen und vorpommerschen Faustkämpferinnen konnten bei den achten nationalen Titelkämpfen in der Sporthalle an der Bürgermeister-Haupt-Straße in Wismar leider kein Gold im Boxring „schürfen“. In der Klasse bis 73 Kilogramm unterlag die einzige MV-Finalistin, Julia Stelter aus Waren/Müritz, gegen Jessica Colapietro (NRW) in der Juniorinnen-Klasse bis 73 Kilogramm nach technischem K.O in Runde eins. Sehr stark präsentierte sich die Rostockerin Sabine Felser in ihrem Fight gegen die Bajuwarin Nicolina Orlovic, ebenfalls eine Ausnahme-Boxsportlerin. Zwar unterlag Sabine, präsentierte sich und MV jedoch hervorragend. Der Erfolg von Nicolina Orlovic blieb nicht der einzige Erfolg bei den Frauen für Bayern. In der Klasse bis 69 Kilogramm setzte sich Andrea Strohmaier durch.

Auch bei den jüngeren Faustkämpfern kamen die Bajuwarinnen zu weiteren fünf Goldmedaillen. Bester Landesverband wurde schließlich auch Bayern mit sieben erboxten Meisterschaften (Juniorinnen/Jugend/Frauen) vor Niederrhein und Westfalen mit je drei Titeln. Tasheena Bugar vom Karlsruher SC wurde als beste Boxerin des Turnieres geehrt. Die Gastgeberinnen aus MV holten – neben der Silbernen durch Julia Stelter – immerhin noch siebenmal Bronze.

Fazit: Eine gelungene Veranstaltung – sowohl sportlich als auch organisatorisch – bei Innen- und Außentemperaturen um die 40 Grad…
Nicht nur im Boxring wurde daher geschwitzt!

M.M.

Die Siegerinnen bei den 8.Deutschen Meisterschaften (Frauen) vom 7. Juli bis 10. Juli im Boxsport in Wismar

Juniorinnen (Jahrgänge 1994/95)

bis 45 Kilogramm: Aysan Mammadova (TG Worms), Bronze: Gabriele Hinz (BC Traktor Schwerin)
bis 48 Kilogramm: Yasmin Paul (BC Hanseat Hamburg)
bis 51 Kilogramm: Katharina Eckstein (TG Karlsruhe)
bis 57 Kilogramm: Lisa Kloß (SV Blau-Weiß Könnern)
bis 63 Kilogramm: Lina Meyer (TV Altötting)
bis 66 Kilogramm: Darlene Joerling (Telekom Münster)
bis 73 Kilogramm: Jessica Colapietro (TV Wreden),  Silber: Julia Stelter (ESV Waren)
bis 77 Kilogramm plus: Anabelle Fiedler (SC Leinefelde), Bronze: Nadine Stelter (ESV Waren)

Jugend (Jahrgänge 1992/93)

bis 48 Kilogramm: Christina Ruprecht (1.BC Haan Augsburg), Bronze: Laura Kanter (PSV Wismar)
bis 51 Kilogramm: Schiba Esmailpoor (PSV Münster)
bis 57 Kilogramm: Kristina Slobodjanikowa (BC Kaufbeuren)
bis 60 Kilogramm: Ornella Wahner (Eintracht Berlin)
bis 64 Kilogramm: Katinka Semrau (BC Piccollo Fürstenfeldbruck)
bis 75 Kilogramm: Lisa Cielas (KSV Halle 08)

Frauen (18 Jahre plus)

bis 48 Kilogramm: Sarah Bormann (TG Hanau)
bis 51 Kilogramm: Pinar Yilmaz (ASV Wuppertal), Bronze: Jane Körke (Allround Rostock)
bis 54 Kilogramm: Azize Nimani (Eintracht Berlin), Bronze: Steffi Schumacher (ESV Waren)
bis 57 Kilogramm: Maike Klüners (Sportring Düsseldorf), Bronze: Veronika Dubinina (BC Traktor Schwerin)
bis 60 Kilogramm: Tasheena Bugar (Karlsruher SC), bis 64 Kilogramm: Olivia Luczak (BSU Wuppertal)
bis 69 Kilogramm: Andrea Strohmayer (BSC Bayern 02 Augsburg), Bronze: Julia Grosche (BSK Seelze)
bis 75 Kilogramm: Nicolina Orlovic (BSC Bayern 02 Augsburg)