Neue Verbraucherzentrale fordert gesetzlich verbindliche Kriterien für die Herkunftskennzeichnung
(NVZ) – Rund zwei Drittel der deutschen Verbraucher bevorzugen laut einer Forsa-Umfrage von 2010 Lebensmittel, die in der Region aus heimischen Rohstoffen erzeugt wurden. Wen wundert da, dass Handel und Hersteller diese Käufergruppe verstärkt mit Herkunftsversprechen umwerben. Doch Werbeslogans wie „Aus Norddeutschland“ in Angebotsflyern und an Verkaufsregalen oder Produktnamen wie „Mecklenburger Salami“ halten nicht immer, was sie zu versprechen scheinen: Bei der überwiegenden Mehrheit regional beworbener Lebensmittel bleibt die Herkunft der Rohstoffe im Dunkeln. Die Verbraucherzentrale fordert deshalb gesetzlich verbindliche Kriterien für die Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln und eine Definition von „Region“, „Heimat“ oder „Nähe“ durch die Benutzer dieser Begriffe.
„Häufig werden die Verbrauchererwartungen nach heimischer Frische aus der Nähe enttäuscht. Denn meist erfolgt nur die Herstellung oder Verarbeitung in regionalen Betrieben“, so Uta Nehls von der Neuen Verbraucherzentrale in Rostock. Durch die grafische Gestaltung der Verpackung, z. B. Bilder von Rügener Kreidefelsen oder der Müritz können sich Verbraucher getäuscht fühlen, wenn die Produkte nicht in Mecklenburg Vorpommern hergestellt werden oder die Zutaten von weit her kommen.
Bei vielen Produkten stellen Firmennamen und Markenbezeichnungen wie „Müritzer“ (Käse), „Elmenhorster“ (Säfte) oder „Rostocker Chilisalami“ einen Orts- oder Regionenbezug her. Hier bleibt für Verbraucher unklar, ob es sich dabei um die Herkunft der Rohstoffe, die Verarbeitung oder sogar nur um eine spezielle Rezeptur handelt. So muss der Fisch für die Rügener Fischsoljanka nicht zwangsläufig in der Ostsee gefangen worden sein, sondern kann auch aus dem Pazifischen Ozean stammen. Das ovale Identitätskennzeichen auf Lebensmitteln tierischer Herkunft hilft da auch nicht weiter, weil es nur angibt, wo das Produkt zuletzt bearbeitet oder verpackt wurde.
Bei Handelsmarken wie „Unser Norden“ oder „Aus unserer Heimat – echt und gut“ ist es lohnenswert, die tatsächliche Herkunft der Rohstoffe zu hinterfragen. Unter Umständen kann „Heimat“ oder „Nähe“ ein sehr großes Gebiet umfassen. Wenn sich hinter dem Slogan „aus der Nachbarschaft“ ganz Norddeutschland verbirgt, dann täuscht dies häufig die Vorstellung der Verbraucher vom Hersteller „um die Ecke“.
Manchmal nimmt es auch der Handel mit der Regionalwerbung in Angebotsflyern nicht so genau, so stammt Hirtensalat mit schwarzen Oliven „aus Norddeutschland“ und Orangensaft wird mit „Qualität aus der Heimat“ beworben. Die regionale Herkunft ist eine so genannte Vertrauenseigenschaft, die für den Verbraucher kaum nachprüfbar ist. Außerdem müssen Verbraucher für regional beworbene Produkte häufig tiefer in die Tasche greifen. Regionalwerbung muss daher wahr und klar sein. Sie ist derzeit jedoch rechtlich nur ungenügend geregelt, was Irreführung und Täuschung der Verbraucher ermöglicht. Die Verbraucherzentrale fordert daher einheitliche Kriterien und einen gesetzlichen Rahmen für die Regionalkennzeichnung von Lebensmitteln.