Blick auf das kulturelle und sportive Geschehen
Immer höher. Immer weiter. Immer schneller. Dazu: Immer schöner. Immer spektakulärer. Immer mehr.
Kulturzeit in M-V
Sommerzeit ist bekanntlich Kultur- und Sportzeit. Gerade „fielen“ einige „Vorhänge“ bei kulturellen Veranstaltungen. Zu den Schlossfestspielen 2015, mit der Verdi-Oper „La Traviata“, kamen 28000 Zuschauer. Das ist weniger als erwartet (mehr als 30000), aber mehr als befürchtet.
Das zunächst äußerst wechselhafte Wetter Mitte Juli setzte allen Open Air-Veranstaltungen zu. Auch die im Juli beendeten Schloßgartenfestspiele in Neustrelitz, mit dem Musical „Hello Dolly“, kämpften mit Regen, Blitz und Donner. 12000 Besucher hatten diese letztendlich dennoch. Es wäre daher töricht, die Schuld den Theatern zu geben, denn die künstlerischen Leistungen, das „Drumherum“ stimmte bei beiden Festspielen, sie waren sogar excellent. Und das trotz der extremen Sparzwänge, die seitens der Politik auferlegt wurden!
Hanse Sail mit Besucher-Rekord?!
Zudem wurde n ebenfalls „die Segel“ bei der 25.Hanse Sail „eingerollt“. Ein prächtiges maritimes Event mit vielen sportlichen und kulturellen Elementen. Zur Jubiläums-Sail wurden mehr als eine Millionen Besucher gezählt, so jedenfalls die offiziellen Angaben. „Einige Offizielle“ hätten wohl gern 1,5 Millionen registriert, aber Wachstum, auch bei den Besucherzahlen, kennt Grenzen.
Und es macht wenig Freude, von den exorbitanten Menschenmassen mitgezehrt, mitgerissen und genervt zu werden.
Statt Zuschauer- nun die Besucher-Quote?!
Tausende Besuchen machten und machen sich auch zu den Vineta-Festspielen in Zinnowitz, zu den Störtebeker-Festspielen auf Rügen, zum Piraten Open Air in Grevesmühlen, zum „Kleinen Fest im großen Park“ in Ludwigslust, zum Schwedenfest in Wismar, zum Boizenburger Hafenfest oder zu den Konzerten der Festspiele M-V auf. Jedoch: Sollte die Bedeutung der einzelnen regionalen, traditionsreichen Veranstaltungen nur unter der Maßgabe der Quantität bewertet werden?! Sicher nicht! Auch die Qualität muß stimmen – und sie stimmte bei allen erwähnten Festivitäten.
Am dritten August-Wochenende lädt nun das 24.Schweriner Drachenbootfestival Aktive und Zuschauer zum Mitmachen und Mit-Anschauen ein. 50000 Besucher werden auch in diesem Jahr erwartet. So jedenfalls die offizielle Lesart. Das war in den letzten Jahren schon so, warum soll es nun anders sein?
Die Frage ist nur: Wer die Strichlisten für die Anwesenheit führt! Viel wichtiger als das ist aber die Frage nach dem aufrichtigen Sport, die viel zu selten gestellt wird. Hauptsache, die Aktiven, Betreuer fühlen sich wohl, können ihren Sport hervorragend präsentieren und die Fans können ihre Teams fröhlich anfeuern. Das ist es, was zählen muß.
Wie ist es aber beim „großen Sport“?!
Beim „großen Sport“ ist es – im Vergleich zu kulturellen Events und regionalen Sportveranstaltungen – ähnlich: Es wird nur noch auf Medaillen-Anzahl, Weltrekorde, Zuschauer-Rekorde, Werbe-Einnahmen und TV-Quote geschaut. Die Leistungen der Einzelnen/des Einzelnen geht unter. Ein vierter Platz – völlig unwichtig. Schon Silber- und Bronze-Platzierungen sind anscheinend etwas für „Verlierer“.
Gesetze der Ökonomie…
Sport findet unter den Gesetzen einer brutalen Ökonomie statt, die förmlich zu Lug und Betrug herausfordern. Gerade fanden die Schwimm-WM in Kazan statt, wobei die Gesichter in Deutschland angesichts der dortigen Medaillen-Flaute immer länger wurden. Am Ende jubelten Sponsoren, Sportpolitiker und Offizielle über die einzige Goldmedaille für den Deutschen Schwimm-Verband im Becken: über Gold für Marco Koch m Brustschwimmen. Nach einigen Jahren war endlich mit dem Schweriner Carl Louis Schwarz ein Mecklenburger am Start. Keine Medaille. Aber viel Kampfgeist und Hingabe für seinen Sport. Mitunter zählt das viel mehr…
Immer mehr Events
Im Anschluß an das weltmeisterliche Schwimmen geht es meisterlich vielfältig weiter: mit der Badminton-WM in Jakarta vom 10.August bis 16.August oder den EM im Reitsport in Aachen vom 11.August bis 23.August. Und so geht es sportlich „Schlag auf Schlag“ weiter: die WM im Kanu-Rennsport vom 19.August bis 23.August in Mailand, die Leichtathletik-WM vom 22.August bis 30.August in Peking, die Judo-WM vom 24.August bis 30.August in Astana, die Ruder-WM vom 30.August bis 6.September in Frankreich oder die WM im Ringen vom 7.September bis 12.September in Las Vegas.
Die WM im Straßen-Radsport vom 19.September bis 27.September in Richmond, die Amateur-Box-WM vom 5.Oktober bis 18.Oktober in Doha, die Turn-WM vom 23.Oktober bis 1.November in Glasgow oder die WM im Gewichtheben vom 20.November bis 29.November in Houston werfen ebenfalls bereits ihre Schatten voraus.
M-V und der Spitzen-Sport
Was bliebe dazu – quantitativ – anzumerken. Aus M-V-Sicht sicherlich nicht viel Gutes… Athletinnen und Athleten mit Geburtsort in M-V oder mit einem Verein in M-V werden in diesem Jahr nicht sonderlich zahlreich gerade bei den WM in den olympischen Traditionssportarten dabei sein.
Im Bereich „Kanu-Rennsport“ ist möglicherweise überhaupt kein Sportler eines M-V-Vereines bei den WM im Mailand am Start. Lediglich der gebürtige Neubrandenburger Stefan Holtz und der gebürtige Schweriner Peter Kretschmer sind bei den Welt-Titelkämpfen in Italien – allerdings sind beide außerhalb von M-V aktiv… Ein sportliches „Waterloo“ für das Kanu-Land M-V, das Leistungsträger, wie Ilse Kaschube, Anke Ohde, Carola Zirzow, Rüdiger Helm, Andreas Dittmer, Ramona Portwich, Anke von Seck oder Martin Hollstein hervor brachte.
In der Leichtathletik sieht es nicht besser aus. Nur Stabhochspringerin Martina Strutz (Schweriner SC) hält die M-V-Flagge bei den WM der Leichtathleten in Peking hoch. Kein neuer Jürgen Schult, kein neuer Christian Schenk und keine neue Franka Dietzsch in Sicht? Nur Anna Rüh, die gebürtige Greifswalderin und Mitglied des SC Neubrandenburg, die dieses Mal denkbar knapp die WM-Qualifikation verpasste, könnte mit Blickrichtung Rio 2016 noch etwas reißen. Kling hart, ist aber so… M-V war auch einmal ein Leichtathletik-Land, das mit (aufrichtigen) Erfolgen bei WM, EM und Olympia beeindruckte… Und jetzt?!
In anderen Sportarten kaum besser
Im Ringen, Judo, Segeln, Turnen, Gewichtheben, Radsport sieht es auch nicht gerade „rosig“ aus. Bemerkenswert immer noch, was in den Judo-Stützpunkten des Landes geleistet wird, auch bei den Bahn-Radsportlern oder Ringern. Für die Straßen-Radsport-WM hat zumindest der gebürtige Rostocker Andre Greipel gute Medaillen-Chancen. Bei den WM im Gewichtheben könnte der gebürtige Stralsunder Robby Behm starten, aber auch der ist inzwischen „außerhalb von M-V“. Sein Vater Andreas, der seine erfolgreiche Zeit in den 1980ern und Anfang der 1990er hatte, ist noch immer der erfolgreichste Gewichtheber aus M-V…
Nur: Wenn junge Talente abwandern müssen, weil sie hier keine berufliche Perspektive haben, dann muß sich auch die Landespolitik hinterfragen… Viele sportliche Talente beendeten zudem vorzeitig ihre sportliche Karriere, weil sich Ausbildung, Studium und Training oftmals nicht miteinder verbinden lassen, das eine unter dem anderen leidet. Sicher, es gibt Kooperationen mit den Universitäten und Hochschulen des Landes und den Sportverbänden hierzulande, aber das alles ist noch sehr überschaubar und hängt zu viel vom „Goodwill“ der Beteiligten ab. Klare (neue) Maßgaben müssen da her!
Blick zum Rudern und Schlußbetrachtung
Bald sind auch Ruder-WM, auch das eine klassische M-V-Erfolgssportart. Mit Hannes Ocik (Schwerin) und Stephan Krüger (Rostock) sind „heiße Medaillen-Anwärter“ auf WM-Medaillen in Aiguebelette „in den Booten“. Vielleicht sogar noch mehr… Aber auch im Rudern schläft die internationale Konkurrenz bekanntlich nicht…
Will der (aufrichtige) Hochleistungssport hierzulande den internationalen Anschluss nicht verlieren, müssen neue Förder- und Verbandsstrukturen her. Bald werden 25 Jahre Landessportbund M-V gefeiert. Ob es wirklich etwas zu feiern gibt, wird frau/man in den kommenden Wochen sehen…
Denn: Sport ohne erfolgreiche Persönlichkeiten, mit Vorbildwirkung, wird dauerhaft nicht erfolgreich sein. Und Erfolge entstehen nur, nicht nur im Sport, wenn Engagierte und Talente richtig gefördert und motiviert werden.
Übrigens: Es reicht nicht, im Ausland mehr oder minder subtil Talente abzuwerben, ja einzukaufen, damit diese für „Schwarz-Rot-Gold“ triumphieren sollen! Wie wäre es mit einer kompetent-nachhaltigen Nachwuchsförderung im eigenen Land – für alle! Talente, Etablierte und Engagierte gibt es doch durchaus hierzulande, ob nun die erfolgreiche Journalistin Annett Möller, die erfolgreiche Kauffrau Kinga Peters, die erfolgreichen Unternehmerinnen Ivonne Derstappen oder Anne Zander, die erfolgreiche Manga-Zeichnerin Jennifer Heß, die erfolgreiche Künstlerin Ulrike Hanitzsch und viele mehr. Sich dem Tun dieser zuzuwenden, es zu würdigen, ist fundierter, als falschen Vorbildern in Politik und „Fun“-Sport zu frönen.Oder diese sogar noch zu unterstützen..
Marko Michels
Foto/Michels: Vom 14.August bis 16.August „steigt“ das 24.Drachenbootfestival in der Landeshauptstadt M-V.