Rostocker Forscher zu diesem Bereich sehr aktiv
Windenergieanlagen, die von der Küste aus am Horizont zu sehen sind, könnten bald Geschichte sein. Rostocker Forscher arbeiten an einer Lösung, wie man Offshore-Windenergieanlagen auch in tieferen, küstenferneren Gewässern installieren kann.
Die Idee ist simpel: Anstatt die Windräder mithilfe eines massiven Fundaments mit dem Meeresboden zu verankern, will die Arbeitsgruppe von Dr.-Ing. Frank Adam vom Stiftungslehrstuhl für Windenergietechnik (LWET) der Universität Rostock auf schwimmenden Unterstrukturen mit Ankerseilen in Kombination mit einem Schwergewichtsanker setzen.
Im Unterschied zu fest mit dem Meeresboden verbundenen Anlagentypen benötigt diese entwickelte schwimmende Lösung keine extrem teuren Errichterschiffe, da die Windenergieanlage bereits an der Kai-Kante auf die Unterstruktur moniert wird. Die Offshore-Windenergieanlage ist damit mobil und flexibel einsetzbar.
Zwei Jahre hat die Arbeitsgruppe des LWET mit Simulationssoftware berechnet, wie sich schwimmende Windenergieanlagen mit mehr als 6 Megawatt Nennleistung bei Wind und Wetter auf See verhalten. Schwerpunkt der Arbeit war hier die Unterstruktur, also jener Teil, der sich zwischen dem auf dem Meeresboden aufliegenden Fundament und dem Turm der Windenergieanlage befindet.
Nachdem das Anlagenverhalten im Betrieb im letzten Jahr im Wind-Wellen-Kanal des LHEEA (Laboratoire de recherche en Hydrodynamique, Énergétique et Environnement Atmosphérique) in Nantes (Frankreich) bereits erfolgreich erprobt werden konnte, soll nun der weitaus komplexere Transport und Installationsvorgang des Systems getestet werden. „Es wird spannend und sich zeigen, ob der von uns neu entwickelte Transport- und Installationsprozess das bestätigt, was wir erwarten“, sagt Frank Adam.
Der LWET hat im Rahmen des Europäischen FördernetzwerkesMaRINET2 (Marine Renewable Infrastructure Network for Enhancing Technologies) den Zuschlag für einen zweiwöchigen Test im Herbst 2018 erhalten. Die Versuche finden im privaten Forschungsinstitut SSPA in Göteborg (Schweden) statt, das über den nötigen Schleppkanal mit Wellengenerator verfügt. Dort wird das etwa 1,2 Meter breite und ein Meter hohe Modell der Unterstruktur zusammen mit einer aufgesetzten maßstäblichen Windenergieanlage auf Herz und Nieren getestet.
„Wir untersuchen so die Stabilität des Systems von der Kai-Kante bis zum Abschluss des Installationsprozess auf See“, sagt der 33-jährige Diplom-Ingenieur und Vater von drei Kindern. Frank Adam hat an der Technischen Universität Dresden Maschinenbau in der Vertiefungsrichtung Angewandte Mechanik studiert und an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg zum Thema schwimmende Unterstrukturen für Offshore-Windenergieanlagen promoviert. In Rostock setzt er seine Forschungen zu diesem Thema fort.
Im Rahmen einer mehrjährigen Kooperation zwischen dem Rostocker LWET und dem Dresdner Industriepartner GICON (Großmann Ingenieur Consult GmbH) können die Rostocker Forscher ihre Entwicklung somit in der Praxis testen. Die Firma GICON hat seit 2009 viele Erfahrungen bei der Entwicklung schwimmender Unterstrukturen für Offshore Windenergieanlagen gesammelt.
Frank Adam: „Wir sind sehr glücklich, dass wir trotz der sehr starken internationalen Konkurrenz den Zuschlag für die Testreihen erhalten haben. Wir können nun unsere rechnerischen Ergebnisse für den neuesten Typen des GICON®-SOF mit methodischen Messungen aus den Versuchen in der Praxis überprüfen.“
Der größte Vorteil der entwickelten Unterstruktur liege in deren Stabilität, sagt Adam. Damit seien auch die Anforderungen an die Windkraftanlagen im Vergleich zu anderen schwimmenden Lösungen geringer. Auf Basis der in den letzten Jahren gewonnen Erkenntnisse im Bereich schwimmender Offshore-Systeme bekommt der Stiftungslehrstuhl für Windenergietechnik (LWET) der Universität Rostock inzwischen Kooperations-Anfragen aus der ganzen Welt.
Die Entwicklungsarbeit wurde in den letzten zwei Jahren durch den Europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE) der Europäischen Union (EU) und des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern gefördert.
Pressemitteilung der Universität Rostock