Neubrandenburgerin überzeugte in der Olympiastadt von 1988

Triathletin Anja Dittmer mit Aufwärtstrend

Olympische und Paralympische Winterspiele, Fußball-Bundesliga und die Ereignisse um Hansa Rostock, die Eishockey-WM in Deutschland oder die baldige Fußball-WM in Südafrika, die gerade beendete Volleyball-Bundesliga und der Schweriner SC oderdie  zweite Handball-Bundesliga der Herren mit dem SC Empor Rostock und Post Schwerin, da geraten andere Sportarten mit Mecklenburger Beteiligung schnell aus dem Blickfeld …
Das betrifft leider auch die „ITU World Championchip Series“ der Triathletinnen und Triathleten, unter anderem mit Anja Dittmer vom SC Neubrandenburg.

Anja DittmerDie 34jährige Anja, dreifache Olympia-Teilnehmerin, in der Vergangenheit bereits Europameisterin und Weltcup-Erste, startete bereits viel versprechend in die neue Triathlon-Saison. Ein Höhepunkt ist in diesem Jahr z.B. die die WM auf der olympischen Distanz vom 8. bis 12.September in Budapest.

Doch es gibt weitere Herausforderungen: Eine zweite Etappe der „Weltmeisterschafts-Serie“ 2010 war am zweiten Mai-Wochenende die Olympiastadt von 1988 – Seoul/Südkorea.

Doch wie lief es dort für Anja ? Wie lautet das persönliche Resümee der Neubrandenburgerin ? Gab es Probleme ? Wo lagen die Stärken und Schwächen ? Wie waren die Ergebnisse der deutschen Team-Kolleginnen ?

„Möchte andere durch meinen Sport inspirieren …“

Dazu Anja:

… Resümee zum Wettkampf:

„Am letzten Wochenende bin ich in Seoul beim zweiten Rennen der WM-Serie gestartet. Mit meinem 11.Platz bin ich ganz zufrieden. Es ging schon deutlich besser als bei meinem ersten Rennen in Sydney, bei dem ich 20. wurde und wohl noch ziemlich müde und langsam vom Grundlagentraining war. Auch der Rückstand nach vorne mit 1:16 Minuten hielt sich dieses Mal in Grenzen.“

… über ihre Defizite:

“Nicht zufrieden war ich mit meiner Schwimmleistung. Dabei lief es im 14 Grad kalten Fluss trotz Neopren nicht so rund für mich. Ich glaube, ich bin gegen den Strom geschwommen ;-). Dabei ging das Schwimmen in Sydney doch ganz gut mit nur 22 Sekunden Rückstand zur Spitze!“

… über ihrem Kampfgeist:

Anja Dittmer“Nun ich kam ziemlich weit hinten aus dem Wasser und dachte schon, dass es das war . Aber trotzdem galt es, natürlich immer weiter zu machen und auf das „Gute“ zu hoffen. Mit einem schnellen Wechsel und einer sehr harten ersten Runde konnte ich bald auf eine Gruppe mit sehr starken Radfahrern, beispielsweise Nicola Spirig, Emma Snowsill, aufschließen. Mit deren Hilfe schaffte ich es nach circa 30 Kilometern, auf die mittlerweile größere führende Gruppe aufzuschließen.

Dieses bescherte mir die schnellste Radzeit des Tages. Dafür gibt es seit diesem Jahr sogar eine extra Wertung und Punkte. Nun ich fühle mich nicht gerade als stärkste Radfahrerin, besonders nicht im Zeitfahren, aber die Situation mit meinem schlechten Schwimmen und dem Auffahren sowie „Durchschlängeln“ durch die Gruppen ergaben eine gute Zeit für mich. Die Radstrecke mit den vielen scharfen Kurven, Wendepunkten und Antritten lag mir auch sehr. Ich konnte sogar ziemlich weit vorne vom Rad absteigen, hätte ich nur noch einen Tick später meine Radschuhe ausziehen können, dann wäre es fast perfekt gewesen.“

… über ihre Laufleistung und die Entscheidung:

“Mein Wechsel zum Lauf war „so lala“, ich konnte nicht wirklich schnell meine Schuhe anziehen. Ich habe jedoch versucht,  schnell loszulaufen. Das ging viel besser als in Sydney, aber so richtig gut fühlte ich mich auch nicht auf den ersten Metern. Etwas später bin ich dann in meinen Rhythmus gekommen, aber da hatte sich schon eine größere Gruppe mit ziemlich deutlichen Abstand vor mir gebildet.

Ich bin dann den größten Teil der Strecke alleine gelaufen und konnte ein paar Athleten überholen, die am Ende langsamer wurden. Im Zielsprint gewann Daniela Ryf (Schweiz) vor Barbara Riveros (Chile) und Emma Moffat (Australien).“

… über die deutschen Kolleginnen:

“Das deutsche Team-Resultat war sehr ansprechend. Mit Svenja Bazlen/Platz 14 und Kathrin Müller/Platz 16 hatten wir ein solides Mannschaftsergebnis.“

… über Probleme während der Entscheidung:

“ Nach etwa einer Stunde im Wettkampf hatte ich gesundheitliche Probleme. Ich dachte schon, dass das vielleicht von der Anstrengung kam sowie der Tatsache geschuldet war, dass ich kurz vorher viel Wasser getrunken hatte und der Magen nicht wirklich „mitspielte“. Aber mittlerweile hatten zu diesem Zeitpunkt mehrere Athleten Probleme mit dem Magen, und ich glaube ganz stark, dass der Han-River in der 11 Millionen Einwohner Metropole Seoul wohl nicht so sauber war … Oder lag es doch am koreanischen Essen?“

… über die Rückkehr in die Heimat und kommende Herausforderungen:

Anja Dittmer“Nun ich bin wieder zurück in Saarbrücken. Mir geht es gut, nur der Jetlag macht mir zu schaffen. Mein nächstes Rennen ist am 23.5. in Dunkerque (Sprintrennen für mein französisches Team Beauvais). Am 6.6. folgt das nächste Rennen der WM Serie in Madrid.“

Hoffentlich wird dann die Madrider Entscheidung mehr im medialen Interesse hierzulande sein …

Aber was meinte Anja Dittmer treffenderweise schon in Bezug auf die mediale Berücksichtigung des Triathlon im TV sowie über die Praxis ihrer Sportart:

Frage:
Fühlen Sie sich ein wenig – gerade im Hinblick Medieninteresse – ein wenig übergangen ? Wie könnte der Triathlon eventuell für TV-Übertragungen noch attraktiver werden ?

Anja Dittmer: Ich habe meine Sportart ja nicht gewählt um in den Medien zu sein, sondern weil sie mir Spass macht, daher fühle ich mich nicht übergangen. Jedoch hilft natürlich das öffentliche Interesse der Professionalität der Sportart. Triathlon ist eine sehr zeit- und energieaufwändige Sportart.

Es wird leider nur der Weltcup oder, wie 2007, die WM in Hamburg im deutschen Fernsehen übertragen. Vielleicht kann durch die deutschen Erfolge der letzten Jahre bei WM und Olympia mehr Medieninteresse geweckt werden. Als sehr attraktiv für das Fernsehen kann ich mir auch sehr kurze Sprint-Triathlons vorstellen.

Frage: Kann eigentlich jede/jeder Triathlon betreiben ?

Anja Dittmer: So schwer ist ein Triathlon ja auch nicht, fast jeder kann schwimmen, Rad fahren und laufen. Es gehört nur ein Wille dazu, und ein bißchen Übung wäre hilfreich. Man muss nur gesund sein und auf geht`s!
Ich hoffe, dass ich mit meinem Sport andere inspirieren kann, sich zu bewegen. Meine Schokoladendisziplin ist das Laufen …

Frage: Wie ist übrigens das Verhältnis zur Konkurrenz ?

Anja Dittmer: Natürlich versucht man, den anderen im Wettkampf zu schlagen, doch nach dem Rennen wird dann auch zusammen gefeiert. Es geht im Triathlon-Lager sehr familiär zu.

Viel Erfolg für die kommenden Wettkämpfe !

– Anja Dittmer – Steckbrief

Geburtsjahr: 1975 in: Neubrandenburg – Verein: SC Neubrandenburg -Disziplin: Triathlon – Trainer: Kris Gemmel Beruf: Fernstudium Sportmanagement, Bauzeichnerin, Sportsoldatin – Erfolge (Auswahl): EM-Einzel (Gold 1999/Silber 2006), Weltcup-Gesamt (Erste 2004/Dritte 2006), WM 2007 und 2002 (6.),dreifache Olympia-Teilnehmerin 2000/2004/2008

– Historisches zum Triathlonsport in der DDR: Vor 28 Jahren erster anerkannter “DDR-Dreikampf” in Rostock …

“A3K” – dieses war die umständliche Abkürzung für Ausdauerdreikampf in der DDR und der beinhaltete eigentlich den Triathlonsport im Osten Deutschlands.
Zwischen Ostseeküste und Sächsischer Schweiz gab es in den 1980er Jahren eine so genannte “A3K-Bewegung”, die dem aufkommenden “US-Trend” Triathlon entgegenwirken sollte. Triathlon wurde daher in der DDR – in Abgrenzung zu den “profihaften” Wettbewerben in Amerika und Westeuropa – ganz bürokratisch “A3K” genannt.

Im Jahre 1982 fand in Rostock der erste bekannte DDR-Dreikampf in den Triathlondisziplinen statt und das, obwohl zwei Jahre später, 1984, DTSB- Vizepräsident Berg erklärte: “Triathlon in der DDR gibt es nicht und wird es nie geben !”.
Doch den Siegeszug der neuen Sportart konnten auch die DDR-Sportfunktionäre nicht aufhalten … Sechs Jahre später, am 12. Mai 1990, war es dann so weit: Der DDR Triathlon-Verband konstituierte sich – und noch im selben Jahr fand die Aufnahme in den gesamtdeutschen Fachverband statt. Triathleten aus M-V bestimmen seither national wie international das Niveau dieser Trendsportart mit !

– Zu den „Wurzeln“ des internationalen Triathlon

Der “Triathlon” wurde um 1920 in Frankreich erfunden und erfreute sich in den 1920er Jahren dort einiger Beliebtheit.
Dennoch gab es weltweit keine entsprechende Resonanz, so dass es schnell “still” um diese Ausdauer-Sportart wurde. Mitte der 1970er Jahre wurde der “Triathlon” in den USA dann wieder “entdeckt”.

Den ersten Triathlon-Wettbewerb gab es am 25.September 1974 in San Diego. Teilnehmer war auch der spätere Mit-Initiator des Iron Man 1978, John Collins, ein auf Hawaii stationierter Marine-Offizier.
Beim Iron Man auf Hawaii 1982 – in jenem Jahr mit 2 Veranstaltungen – nahmen bereits 580 bzw. 850 und 1984 schließlich sogar über 1000 Athleten teil.

Offizieller Weltverband ist die 1989 gegründete “International Triathlon Union”, die auch noch im selben Jahr die ersten Weltmeisterschaften ausrichtete.
Diese Weltmeisterschaft fand in Avignon statt.
Die Schwimmstrecke betrug wegen der Strömung des Flusses 2,2 km statt 1,5 km. Das Radfahren ging über eine Strecke von 40km, der Lauf über 10km. Seitdem werden jährlich Weltmeisterschaften ausgerichtet. Dieser Wettbewerb läuft heute unter Kurzdistanz oder olympische Distanz. Seit 1994 werden auch noch Weltmeisterschaften über die Langdistanz ausgetragen, welche die Ausmaße des “Ironman auf Hawaii” annehmen.
WM gab es jedoch bereits (inoffiziell) auf der “olympischen Distanz”.

Bei den Herren siegte bei der Auftakt-Veranstaltung 1986 der Amerikaner Mark Allen; erfolgreichster WM-Teilnehmer in dieser Disziplin war der Brite Simon Lessing. Die Briten (6), die Australier (5) und die Amerikaner (2) stellten bis 2003 die meisten Sieger. Bei den Damen konnten auf der “olympischen Distanz” bis 2004 die Australierinnen (9) und Amerikanerinnen (5). “WM-Pionierin” war 1986 die Amerikanerin L.Buchanan.

Text und Fotos: Marko Michels