Neonazis werben für Studium in Mecklenburg-Vorpommern

Gegenüber Studenten mit extrem rechter Gesinnung bleibt die Uni Rostock untätig

Da Neonazis an den Universitäten und Fachhochschulen nahezu unbehelligt studieren können, wirbt eine NPD-Internetseite bei Gleichgesinnten für ein Studium in Mecklenburg-Vorpommern. Die Meldung auf dem Internetportal „Mupinfo“ ist eine Reaktion auf Flugblätter, die am 22. Juni in den Räumen der Universität auftauchten und auf die neonazistischen Aktivitäten von zwei Studenten hingewiesen hatten.

Die Flugblätter, die in der letzten Woche an den Instituten für Germanistik und Geschichte sowie dem Institut für Immunologie verteilt wurden, richten sich gegen die immatrikulierten Studenten Anita S. und Ragnar Dam. Beide waren bis zu ihrem Verbot in der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) aktiv und bewegen sich weiterhin in den alten Strukturen. Gemeinsam mit NPD- und früheren HDJ-Aktivisten verteilten sie im letzten Jahr Flugblätter gegen das Festival der Demokratie in Wismar. Ragnar Dam beteiligte sich zudem in den letzten Monaten an zahlreichen rechtsextremen Großveranstaltungen wie in Dresden oder Pößneck, aber auch an diversen Aktivitäten der NPD in Mecklenburg-Vorpommern.

Vor dem HDJ-Verbot galt er als Chef der „Leitstelle Nord“ und wirkte maßgeblich an der Freizeitgestaltung von Zeltlagern mit, bei denen Kinder und Jugendliche militärisch gedrillt und in nationalsozialistischer Weltanschauung unterrichtet wurden. Im Januar 2007 hielt er in Niedersachsen vor zum Teil Minderjährigen eine „Rasseschulung“ ab, die laut Verfassungsschutz „auf einer Lehrgangsplanung für den Führernachwuchs der Waffen-SS“ basierte. Anschließend zeigte er den antisemitischen NS-Propagandafilm „Der ewige Jude“. Das Berliner Landesgericht verurteilte Ragnar Dam im Mai 2010 unter anderem wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. Laut Medienberichten hatte er sich eine geringere Strafe erhofft, damit seine Promotion nicht gefährdet ist.

Nachdem bereits 2008 bekannt geworden war, dass Dam an der Universität Greifswald sein Diplom mache, gab es noch öffentliche Stellungnahmen von Prorektor, Pressesprecher und Professoren. Wahrnehmbare Reaktionen seitens der Universität Rostock auf die Neonazi-Aktivitäten von Ragnar Dam und Anita S. blieben jedoch aus. Auch das Institut für Politik- und Verwaltungswissenschaften, das regelmäßig durch Forschungsarbeiten über Rechtsextremismus in MV auf sich aufmerksam macht, zeigt bisher kein Interesse an einer hochschulpolitischen Debatte. Auf der NPD-Internetseite „Mupinfo“ nehmen Neonazis die ausbleibenden Reaktionen nun zum Anlass, sich als „vollauf integriert, gesellschaftsfähig und beinahe modern“ zu präsentieren. Für ein Studium an den Hochschulen des Landes werbend, heißt es dort weiter: Man könne hier „in einem angenehmen Umfeld unter zahlreichen Gleichgesinnten weitgehend ungestört seinen Studien nachgehen“ und würde gar Solidarität durch die Kommilitonen erfahren.

„Universitätsleitung und Studierendenschaft verweigern sich einer wahrnehmbaren Auseinandersetzung mit Rassismus, Antisemitismus und Sexismus“, kritisiert Caroline Jürgens von der Antifa A3: „Bereits in den Vorjahren gab es Diskussionen um Neonazis an der Hochschule, ohne dass dies zu einer breiteren Auseinandersetzung oder klaren Positionierung geführt hat. Zudem wurde der rechten Politsekte um den Ahriman-Verlag in diesem Jahr bereits zweimal ein Podium in den Räumen der Universität geboten. Die universitären Gremien können sich der Diskussion nicht länger entziehen. Sie sind gut beraten, der Propagierung menschenverachtender Ideologien klare Grenzen zu setzen.“