Kritisches Resümee zur olympischen Leichtathletik 2016

Blick zu den Wettkämpfen in M-V

141 Medaillen, darunter 47 Goldene, wurden bei den Leichtathletik-Wettbewerben der 31.Olympischen Spiele in Rio de Janeiro vergeben. Die Wettbewerbe brachten kaum nennenswerte Überraschungen – und wenn, dann fast nur im negativen Sinne.

Russinnen und Russen ausgeschlossen, andere nicht…

Das russische Leichtathletik-Team wurde – bis auf die Weitspringerin Darija Klischina (Neunte) – komplett von den Spielen ausgeschlossen, darunter auch Stabhochsprung-Medaillen-Favoritin Jelena Issinbajewa, die bereits zweimal Olympia-Gold (2004 bzw. 2008) sowie einmal Olympia-Bronze (2012) erkämpfte.

In den vergangenen  17 Jahren feierte sie 20 internationale Erfolge, wurde ausgiebig auch in nichtrussischen Ländern kontrolliert, nie fand man verbotene Substanzen bei ihr, aber wegen des „russischen Staatsdopings“ durfte auch sie nicht starten. Eigentlich sind nach rechtsstaatlichen Kriterien Einzelfallprüfungen notwendig – zumal bekannte Doping-Sünderinnen und Doping-Sünder aus „nichtrussischen Regionen“ wieder in Rio starteten. Na klar, das ist dann Regional- und nicht Staatsdoping.

Argwöhnischer Blick auf das olympische Treiben in Rio

So verfolgte der aufrichtige Sportfan nicht nur das leichtathletische Treiben in Rio mit einem gewissen Argwohn und dachte sich: Bevor die anderen laufend dopen, laufe ich lieber durch die freie Natur.

Blick auf die „nackten Zahlen“

Wenn man auf die „nackten Leichtathletik-Ergebnisse“ in Rio blickt, ergibt sich für den Laufbereich bei den Herren folgendes „Bild“. Der amerikanische Doppel-Kontinent errang 18 Medaillen, darunter 7 x Gold, Afrika folgte mit 11 Medaillen, darunter 4 x Gold, und Europa mit 8 Medaillen, darunter 2 x Gold. Asien und Ozeanien begnügten sich mit jeweils einer Medaille.

Usain Bolt wieder mal mit drei Goldenen

Erwartungsgemäß schaffte der Jamaikaner Usain Bolt nach 2008 und 2012 wieder Gold über die 100 Meter, 200 Meter und mit der 4 x 100 Meter-Staffel aus Jamaika. Der oft erwischte Justin Gaitlin bekam über die 100 Meter Silber. Der Brite Mo Farah wiederholte seinen olympischen Doppel-Erfolg von 2012 über die 5000 Meter und 10000 Meter.

Und für Afrika triumphierten Wayde van Niekoh (Südafrika, 400 Meter), David Rudisha (Kenia, 800 Meter), Conseslus Kipruto (Kenia, 3000 Meter Hindernis) und Eliud Kipchoge (Kenia, Marathon).

Der „Große Bruder aus dem Westen“, der ehemals „Große Bruder aus dem Osten“ war ja aus erwähnten Gründen nicht zugegen, holte dank Matthew Centrowitz junior (1500 Metr) sowie Kerron Clement (400 Meter Hürden) und dank der 4 x 400 Meter-Staffel dreimal Gold. Neben den drei Siegen für Usain Bolt und seinen Gefährten in der kurzen Staffel erlief auch Omar McLeod aus Jamaika Gold – über die 110 Meter Hürden.

Zwei Olympiasieger vom DLV

In den technischen Leichtathletik-Disziplinen der Männer konnten die US-Amerikaner ebenfalls drei Goldene „einsacken“ – im Weitsprung durch Jeff Henderson, im Dreisprung durch Christian Taylor und im Kugelstoßen durch Ryan Crouser.

Dort, also in den technischen Disziplinen der Leichtathletik-Herren, verhinderte ein Trio „das deutsche Leichtathletik-Waterloo“ in Rio. Christoph Harting schleuderte den Diskus zu Gold, Daniel Jasinski das gleiche „Gerät“ zu Bronze und Thomas Röhler ließ seinen Speer auch zu Gold fliegen. Vor 80 Jahren hatte der Greifswalder Student Gerhard Stöck Speer-Gold bei den Spielen 1936 in Berlin erkämpft, dann folgte mit dem „Gold-Speer“ 1972 in München der Bayer Klaus Wolfermann.

Für Gastgeber Brasilien gab es Gold durch Thiago Braz da Silva mit übersprungenen 6,03 Metern im Stabhochsprung der Männer. Die nichtbrasilianische Konkurrenz wurde gnadenlos vom Publikum ausgepfiffen…

Im Gehen sicherten sich der Chinese Wang Zhen und der Slovake Matej Toth Gold über 20 Kilometer bzw. über 50 Kilometer.

„König der Leichtathleten“ 2016 in Rio wurde der Amerikaner Ashton Eaton, der es als dritter Zehnkämpfer der Olympia-Geschichte – nach Bob Mathias (USA) 1948/1952 und Daley Thompson (Großbritannien) 1980/1984 – schaffte, sein olympisches Zehnkampf-Gold zu verteidigen. Eaton hatte bereits in London 2012 Rang eins belegt.

USA im Frauen-Lauf-Bereich am besten

In den olympischen Lauf-Wettkämpfen der Frauen „lief“ auch alles erwartungsgemäß. Die US-Damen erkämpften 4 x Gold, 3 x Silber, 5 x Bronze, wobei die ersten Plätze auf die sportlichen Konten von Brianna Rollins (100 Meter Hürden), Dalilah Muhammad (400 Meter Hürden) sowie den Staffeln über 4 x 100 Meter und 4 x 400 Meter gingen.

Die amerikanische 4 x 100 Meter-Frauen-Staffel durfte ihren Vorlauf sogar wiederholen, nachdem sie beim ersten den Staffelstab verloren hatten. Die USA protestierte, weil sie durch eine brasilianische Läuferin angeblich behindert wurden und absolvierten im Alleingang den Vorlauf noch einmal… Mitunter geht und läuft alles, wenn man und andere nur wollen!

Der amerikanische Doppelkontinent sammelte auch im Frauen-Lauf-Bereich am fleißigsten Medaillen (20, darunter 7 x Gold). Afrika schaffte 13 Medaillen, darunter 5 x Gold, Europa 4 Medaillen und Asien 2 Medaillen (darunter 1 x Gold).

Zwischen 100 Meter der Frauen und Siebenkampf der Frauen

Elaine Thompson aus Jamaika war die Sprint-Königin von Rio mit jeweils Gold über die 100 Meter bzw. 200 Meter (vor Dafne Schippers aus den Niederlanden) und Silber mit der 4 x 100 Meter-Frauen-Staffel aus Jamaika.

Für Afrikas Frauen gab es läuferisches Gold über 1500 Meter (Faith Kipyegon, Kenia), über 5000 Meter (Vivian Cheruiyot, Kenia), im Marathon (Jemima Sumgong, Kenia) und über 10000 Meter (Almaz Ayana, Äthiopien). Almaz Ayana pulverisierte dabei den suspekten Weltrekord einer Chinesin (Wang Junxia, 1993) gleich um mehr als 14 Sekunden…

Im Gehen über 20 Kilometer wurde die Chinesin Liu Hong die Erste, die gerade erst im Frühsommer erwischt wurde.

In den technischen Disziplinen in der Frauen-Leichtathletik in Rio wurden die Amerikanerinnen mit 2 x Gold, 2 x Silber ebenfalls das erfolgreichste Land. Tianna Bartoletta siegte im Weitsprung und Michelle Carter im Kugelstoßen. Kroatiens errang auch zwei Goldene – durch die ebenfalls bereits wegen Dopings gesperrte Sandra Perkovic im Diskuswerfen und durch Sara Kolak im Speerwerfen.

„Königin der Frauen-Leichtathletik 2016“ wurde Nafissatou Thiam aus Belgien.

Am Ende war der interessierte Sportfan nur froh, dass auch die Leichtathletik-Show in Rio endlich vorbei war. Athletinnen und Athleten aus 43 Ländern umjubelten ihre Medaillen, 20 Staaten freuten sich über eine oder mehrere Goldene in Rio de Janeiro. Ob das so bleibt, wissen die Götter oder die hoffentlich ehrlich arbeitenden Kontrolleure in den Doping-Laboren…

Weg von Rio, hin zu Mecklenburg-Vorpommern

Glücklicherweise existiert neben der olympischen Leichtathletik noch eine sympathische…

Jenseits von Rio gab es in und um M-V eine Reihe von interessanten Leichtathletik-Veranstaltungen, so die Deutschen Jugend-Meisterschaften der Altersklassen U 18 und U 20 in Mönchengladbach, bei denen die Athletinnen und Athleten aus M-V 14 Medaillen erkämpften. Außerdem fanden die Deutschen Meisterschaften der U 15 in Bremen statt. Dort errangen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus M-V drei silberne Medaillen.

Im nachgeholten Stabhochsprung-Wettkampf der Deutschen Meisterschaften in Mönchengladbach gab es hingegen gemeinsames Gold für die Zwillinge Dovile-Michelle Scheutzow und Laure Scheutzow (Schweriner Sportclub) – die Leichtathletik kann eben auch positive und schöne Momente schaffen.

Auch im leichtathletischen Mehrkampf überzeugten die jungen Leichtathletinnen und Leichtathleten aus M-V. Ben Thiele (U 20, SC Neubrandenburg) belegte Platz zwei bei den Deutschen Mehrkampf-Meisterschaften in Kienbaum. Hannah Bittorf (U 14, 1.LAV Rostock) durfte sich sogar über Gold bei den Deutschen Mehrkampf-Meisterschaften in Hildesheim freuen.

Demnächst werden ebenfalls einige traditionsreiche leichtathletische Wettkämpfe direkt in M-V durchgeführt, so der Jedermann-Zehnkampf vom 10.September bis 11.September in Schwerin, das Abendsportfest des SC Neubrandenburg am 14.September und der Werfertag in Bad Sülze am 17.September.

Na dann, (aufrichtig) laufend neuen Zielen entgegen…

Marko Michels