Kommunalfinanzbericht 2018 vorgelegt

Auch Analysen des Rechnungshofes zur kommunalen Finanzlage sowie zu aktuellen Kommunalthemen enthalten

Immer daran denken: Geld verdirbt nicht den Charakter, sondern es offenbart den Charakter! M.M.

Die Präsidentin des Landesrechnungshofes, Dr. Martina Johannsen, legte heute (4.Dezember 2018) dem Landtag in Schwerin den Kommunalfinanzbericht 2018 vor.

In diesem zweiten Teil des Jahresberichts sind neben den Ergebnissen der Kommunalprüfungen und Informationen zur Umsetzung von Empfehlungen auch Analysen des Rechnungshofes zur kommunalen Finanzlage sowie zu aktuellen Kommunalthemen enthalten.

Kommunale Finanzlage (Tzn. 10-107)

Der positive Finanzierungssaldo in Höhe von 297 Mio. Euro sei ein finanzstatistischer Fakt und spiegele die grundsätzlich positive Finanzlage der kommunalen Ebene

Mecklenburg-Vorpommerns im Jahr 2017 wider. Nur die bayerischen Kommunen haben deutschlandweit ein noch besseres Pro-Kopf-Ergebnis erreicht.

Die finanzwirtschaftlich stabile Entwicklung der Kommunen im Land halte damit weiter an. Es bleibe auch dann positiv, wenn die planmäßigen Tilgungsausgaben abgezogen würden, wie es die kommunalen Landesverbände stets forderten.

Überwiegend sei der Überschuss auf die gute konjunkturelle Situation mit weiter steigenden Steuereinnahmen zurückzuführen. Die gebotenen strukturellen Einschnitte bei den konsumtiven Ausgaben seien jedoch nicht erfolgt. „Die Zahlen kaschieren, dass nicht alle Kommunen ein positives Ergebnis erwirtschaften konnten“, so Dr. Johannsen. Insbesondere kleinere Gemeinden stünden oftmals finanziell nicht gut da. Die Defizite dieser Kommunen sollten für die Akteure im Land ein Fingerzeig sein. Noch immer fehle es an einem schlüssigen Gesamtkonzept für die kommunale Ebene.

„Hier sind dringend strukturelle Reformen durch die Landespolitik geboten“, sagte Dr. Johannsen. Jedoch können diese die Eigenanstrengungen der Kommunen nur flankieren.

Kommunaler Finanzausgleich (Tzn.108-120)

Jährlich reiche das Land mehr als 1,1 Mrd. Euro mit Hilfe des Finanzausgleichs an die Kommunen aus. Das sei rund jeder siebte Euro des Landeshaushalts. Weitere 1,3 Mrd. Euro erhalten die Kommunen außerhalb des Finanzausgleichs. „Im Ländervergleich sind das sehr hohe Zahlungen“, so Dr. Johannsen. In Verbindung mit den Haushaltsproblemen einzelner, zumeist kleinerer Kommunen sei deutlich, dass der horizontale Finanzausgleich reformbedürftig sei.

Der vom Innenministerium vorgelegte Reform-Zeitplan sei ambitioniert. Mit der Reform des horizontalen Finanzausgleichs ließe sich eine gerechte Finanzmittelverteilung innerhalb der kommunalen Ebene erreichen. „Der Verteilungsmechanismus zwischen Land und Kommunen ist hingegen zukunftsfest“, führte Dr. Johannsen aus. Ob und inwieweit die in der Landesregierung eingesetzten personellen Ressourcen für eine zielgerichtete Wei terentwicklung und auch zukünftige Begleitung des Finanzausgleichs ausreichen, könne nicht abschließend beantwortet werden.

Erhebung von Straßenbaubeiträgen  (Tzn. 121-147)

Aktuell werde ein Vorschlag der Regierungsfraktionen im Land zum Wegfall der Straßenbaubeiträge diskutiert. Die Gegenfinanzierung solle durch eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer um einen Prozentpunkt erfolgen.

„Kommunale Straßen werden im Ergebnis damit zukünftig durch Landesmittel finanziert“, sagte Dr. Johannsen. Dies führe zu einem Verlust an kommunaler Eigenverantwortung.

Hinzu komme, dass die Finanzierung von Straßenbaumaßnahmen nicht mehr zielgenau und vorteilsgerecht erfolgen werde. „Der Vorschlag bedeutet im Ergebnis, dass diejenigen Grundeigentümer entlastet werden, die von einem Ausbau der Gemeindestraßen profitieren“, kritisierte Dr. Johannsen. Gleichzeitig würden alle Erwerber von Grundeigentum belastet.

Der Landesrechnungshof empfehle, an den Straßenbaubeiträgen festzuhalten. Dabei könnten und sollten die bereits bestehenden rechtlichen Möglichkeiten genutzt werden, um Härtefälle zu vermeiden und Akzeptanzproblemen entgegenzuwirken. In atypischen Situationen sollte zudem der Erlass einer Sondersatzung geprüft werden.

Umsetzung des NKHR M-V (Tzn.160-183)

Der Landesrechnungshof habe sich zum wiederholten Male mit dem Umsetzungsstand der kommunalen Doppik befasst. Bei vielen Kommunen bestünde auch im siebten Jahr nach der Einführung der Doppik immer noch ein erheblicher und rechtswidriger Zeitverzug bei der Auf- und Feststellung von Jahresabschlüssen.

„Dies gilt für den gesamten kommunalen Raum“, so Dr. Johannsen. Von den Landkreisen, kreisfreien Städten und großen kreisangehörigen Städten haben für das Haushaltsjahr 2016 nur die Landkreise Mecklenburgische Seenplatte und Nordwestmecklenburg die gesetzliche Frist eingehalten.

Auch im kreisangehörigen Raum herrsche in weiten Teilen ein rechtswidriger Zustand. Nur knapp ein Viertel der Kommunen haben zum 31.Dezember 2017 den Jahresabschluss 2016 festgestellt.

Hinsichtlich der Erstellung eines Gesamtabschlusses sowie der Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung seien keine Fortschritte zu verzeichnen.

KoFiStA – KommunalFinanzStrukturAnalyse (Tzn.184-220)

Nach der Einführung des Kennzahlensets mit dem letztjährigen Kommunalfinanzbericht und den positiven Rückmeldungen aus dem kommunalen Raum habe der Landesrechnungshof sein Kennzahlenset weiterentwickelt. Zudem seien weitere Daten aus festgestellten Jahresabschlüssen der Landkreise, der kreisfreien und der großen kreisangehörigen Städte erhoben und mit dem Kennzahlenset ausgewertet worden.

Aufgrund der weiterhin rechtswidrigen Zeitverzögerungen bei der Feststellung der Jahresabschlüsse sei bislang nur eine begrenzte Analyse möglich. „Dies gilt insbesondere für die Hansestädte Stralsund, Greifswald und Rostock sowie den Landkreis Rostock“, sagte Dr. Johannsen.

Landkreis Vorpommern-Rügen, Hilfe zum Lebensunterhalt (Tzn.234-252)

Der Landesrechnungshof habe im Landkreis Vorpommern-Rügen die Gewährung der Hilfe zum Lebensunterhalt geprüft. Es sei untersucht worden, ob der Landkreis im Einzelfall die Leistung richtig bewilligt und den Prozess der Hilfegewährung ausreichend gesteuert habe.

„Bei der Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt lageneine Vielzahl von Steuerungsdefiziten vor“, führte Dr. Johannsen aus. Auffälligkeiten bei der Entwicklung der Empfängerzahlen und des Nettoaufwandes seien teilweise auf Fehler bei der Fallzuordnung und der Verbuchung von Erträgen zurückzuführen.

Es müsse ein Fehlermanagement eingerichtet werden, um die zahlreichen Feststellungen abzuarbeiten. Bei der Einzelfallsachbearbeitung selbst hätten Defizite insbesondere bei der Aktenführung, der Zuordnung zur richtigen Hilfeart, der Einkommens- und Vermögensanrechnung sowie der Unterhaltssachbearbeitung vorgelegen.

Organisation und IT ausgewählter Aufgabenbereiche in den Landkreisen

Teil B: Baugenehmigungen (Tzn.253-271)

Der Landesrechnungshof habe in allen sechs Landkreisen den Baugenehmigungsprozess geprüft. Trotz gleicher Rechtsgrundlage seien unterschiedliche Prozessabläufe und Bearbeitungszeiten festgestellt worden. „Die Prozessaktivitäten bei den einzelnen Landkreisen schwankten zwischen 31 und 56 Schritten, die Anzahl der Entscheidungen zwischen 7 und 13“, legte Dr. Johannsen dar.

Die Bearbeitungszeit je Antrag habe in einer Bandbreite zwischen 139 und 290 Minuten gelegen. Die Transport- und Liegezeiten einschließlich der Zeiten für Fremdbearbeitung habe zwischen 70 und 87 Arbeitstagen gelegen. Der Landesrechnungshof habe deswegen Prozessoptimierungen empfohlen und einen Musterprozess zur Verfügung gestellt.

Den Landkreisen und dem Energieministerium seien außerdem vielfältige Hinweise zur elektronischen Kommunikation und zum elektronischen Datenaustausch gegeben worden.

Kommunale Wohnungswirtschaft im ländlichen Raum – Fortschreibung zum Sonderbericht Wohnungsunternehmen (Tzn. 299-331)

Der Landesrechnungshof habe seinen Sonderbericht zur wirtschaftlichen Lage der Wohnungsunternehmen im ländlichen Raum fortgeschrieben. „Im Vergleich zu 2011 hat sich die Lage der Unternehmen nicht wesentlich verbessert“, sagte Dr. Johannsen.

Die Wohnungsunternehmen leiden unter niedrigen durchschnittlichen Wohnungsmieten, stark eingeschränkten Mieterhöhungspotenzialen und vergleichsweise hohen Leerständen.

„Mindestens 4 der jetzt betrachteten 33 Unternehmen waren zum Zeitpunkt der Prüfung von bestandsgefährdenden Risiken bedroht“, führte Dr. Johannsen aus. Für weitere 12 Unternehmen könne sich bei anhaltend negativer demographischer Entwicklung und einem weiterhin niedrigen Mieterhöhungspotenzial die wirtschaftliche Lage mittelfristig bedenklich verschlechtern. Für die Beseitigung struktureller Leerstände könnten erhebliche Stützungsmaßnahmen der Kommunen notwendig werden. Allerdings verfügten diese nicht immer über die dafür erforderliche Finanzkraft.

Veröffentlichung der Bezüge der Geschäftsführung kommunaler Unternehmen (Tzn. 343-351)

Obwohl für alle kommunalen Wirtschaftsunternehmen die Veröffentlichung der Bezüge der Geschäftsführung im Jahresabschluss zwingend sei, kämen nicht alle Unternehmen dieser Verpflichtung nach. Dies sei auch darauf zurückzuführen, dass einige Unternehmen ihre Gesellschaftsverträge immer noch nicht an das geltende Kommunalverfassungsrecht angepasst hätten.

Besonders betroffen seien hiervon die Wohnungsunternehmen, von denen etwa jedes zweite entweder den Gesellschaftsvertrag nicht angepasst und/oder die Bezüge der Geschäftsführung nicht im Jahresabschluss veröffentlicht habe.

„Neben den Unternehmen müssen sowohl die Kommunen als auch die Aufsichtsbehörden künftig verstärkt auf rechtskonforme Gesellschaftsverträge und auf die Veröffentlichung der Bezüge der Geschäftsführung im Jahresabschluss hinwirken“, sagte Dr. Johannsen.

Verflechtungen zwischen kommunalen Unternehmen, Unternehmensorganen und Amtsträgern  (Tzn. 352-360)

In einer Gemeinde haben sich seit dem Jahr 2005 umfangreiche vertragliche und gesellschaftliche Verflechtungen zwischen ihren Unternehmen, den Unternehmensorganen und Amtsträgern sowie nahestehenden Personen entwickelt. „Das über einen langen Zeitraum entstandene Beziehungsgeflecht und die damit verbundenen Interessenkonflikte und Rechtsverletzungen waren die Folge fehlender Steuerung und Kontrolle durch die Gemeinde“, so Dr. Johannsen.

Die zuständige Amtsverwaltung habe mit Unterstützung des Innenministeriums nunmehr ein Beratungsunternehmen mit dem Beteiligungscontrolling für das Amt beauftragt. In der Folgezeit habe die Amtsverwaltung verschiedene Maßnahmen zur Bereinigung der festgestellten gesellschaftlichen und vertraglichen Verflechtungen ergriffen. Unter anderem wurde der Geschäftsführer verschiedener kommunaler Gesellschaften von seinen Aufgaben entbunden. Staatsanwaltliche Ermittlungen seien eingeleitet worden.

Investitionsmaßnahme Wasserwanderrastplatz (Tzn. 361-373)

Die Kurverwaltung eines Ostseebades habe in den Jahren seit 2014 einen Wasserwanderrastplatz im Wert von 5,2 Mio. Euro geplant und auch gebaut. Dafür seien Förderzuschüsse in Höhe von 4,6 Mio. Euro bewilligt worden. „Der Eigenanteil der Gemeinde lag somit bei rund 600.000 Euro“, sagte Dr. Johannsen. Die Aufsichtsbehörde habe allerdings eine Kreditaufnahme zur Finanzierung des Eigenanteils untersagt. Auch eine Kofinanzierung des Landes sei abgelehnt worden. Trotz der nicht gesicherten Finanzierung des Eigenanteils habe die Gemeinde die Maßnahme durchgeführt.

Der Eigenanteil sei über Kassenkredite des Eigenbetriebs Kurverwaltung finanziert worden. Kassenkredite dürfen jedoch nur zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe aufgenommen werden. Der Einsatz dieser Kredite zur dauerhaften Finanzierung laufender Auszahlungen sei rechtswidrig.

Der Kommunalfinanzbericht 2018 kann im Internet unter lrh-mv.de eingesehen und heruntergeladen werden.

Pressemitteilung des Landesrechnungshofes Mecklenburg-Vorpommern