Neue Verbraucherzentrale übt Kritik an Lebensmittelindustrie
„Kindermilch“, ein Getränk auf Kuhmilchbasis für Kinder ab dem zwölften Lebensmonat, ist bis zu viermal teurer als normale Kuhmilch. Die Lebensmittelindustrie bewirbt „Kindermilch“ aber als besonders geeignet für Kleinkinder. Viele Eltern überzeugt dieses Argument, obwohl der tatsächliche Mehrwert nicht nachgewiesen ist.
Mit der massiven Bewerbung dieser Produkte wird dem Kunden suggeriert, dass das Produkt für die Ernährung von Kleinkindern besser geeignet sei als Kuhmilch. Die Zusammensetzung der „Kindermilch“ im Vergleich zum „Original“ ist eine andere: Der Eiweißgehalt ist reduziert, ebenso ist der Calciumgehalt im Vergleich zu Kuhmilch geringer, zugesetzt werden unter anderem Eisen und Vitamin D. „Die Notwendigkeit und der Nutzen sind jedoch umstritten“, kritisiert Simone Goetz von der Neuen Verbraucherzentrale. Das Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund rät zu 300 bis 330ml Trinkmilch pro Tag für diese Altersgruppe. Einige Hersteller von „Kindermilch“ empfehlen jedoch Trinkmengen bis zu 500ml pro Tag: Damit liegt die Eiweißaufnahme aus „Kindermilch“ nur unwesentlich unter der Eiweißzufuhr aus Kuhmilch, wenn die empfohlenen 300ml verzehrt werden. Fett und Kohlenhydrate werden mit „Kindermilch“ dagegen in wesentlich höherer Menge aufgenommen: 500ml „Kindermilch“ enthalten etwa 15 g Fett, während 300ml fettarme Kuhmilch lediglich 4,5 g Fett enthalten.
Wie hoch der Preis für dieses Kinderlebensmittel wirklich ist, kann beim Einkauf kaum ermittelt werden. Nur die trinkfertigen Produkte können direkt mit Kuhmilch verglichen werden. Hier kostet der Liter meist drei- bis viermal so viel wie Kuhmilch einer preiswerten Handelsmarke. Bei der in Pulverform angebotenen „Kindermilch“ aber bezieht sich der Grundpreis in der Regel auf das Gewicht des Pulvers und nicht auf die trinkfertige Menge.
„Hier besteht Regelungsbedarf. Eltern müssen die Möglichkeit haben, die Grundpreise von Kuhmilch und „Kindermilch“ direkt zu vergleichen“, so Simone Goetz. „Gesunde Kleinkinder können ab dem 10. Lebensmonat an die normale Familienkost herangeführt werden und damit auch Milch- und Milchprodukte in den empfohlenen Mengen zu sich nehmen. Bei einer ausgewogenen Ernährung werden dann keine besonderen Lebensmittel wie „Kindermilch“ benötigt“, resümiert die Verbraucherschützerin.
Quelle: NVZ