Jäger hinterlassen jährlich tonnenweise Blei in der Natur

Bündnisgrüne fordern Verbot für die Verwendung bleihaltiger Munition / Minister Backhaus will Ergebnisse des bundesweiten Gutachtens abwarten

„Blei ist für jedes Lebewesen bereits in geringen Konzentrationen gefährlich. Insofern ist es unabdingbar, den Eintrag von Blei in unsere Umwelt so weit wie möglich zu reduzieren. Um Bleikontaminationen zu verhindern, darf kein Bereich ausgeklammert werden“, sagte Dr. Till Backhaus, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz in M-V, eingangs noch am Mittwoch im Schweriner Landtag. Anlass war der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Einführung eines landesweiten Verwendungsverbotes von bleihaltigen Jagdgeschossen“. Ob und in welchem Außmaß die Jägergilde nun auf deren Bleimunition verzichten soll, soll erst im nächsten Jahr entschieden werden.

Nach Informationen des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz üben mehr als 10.500 Jagdscheininhaber und eine Vielzahl von Jägerinnen und Jägern aus anderen Bundesländern in Mecklenburg-Vorpommern die Jagd aus. Dabei erlegten sie etwa 150.000 Wildtiere (Schalenwild). Dass dies auf Umwegen für Mensch und Tier gesundheitsgefährdend werden kann, wird erst bei näherer Betrachtung des waldmännischen Arbeitsgerätes sichtbar.

Nach Informationen der Grünen und des NABU verblieben durch die Jagd jährlich im gesamten Bundesgebiet ca. 120 Tonnen bleihaltige Munition, davon geschätzt 3.000 bis 9.000 Tonnen des giftigen Metalls, dauerhaft in der Umwelt. Indem Tiere dann die kleinen Beikügelchen abgeschossener Schrotpatronen beim Fressen aufnehmen, gelangt das Blei schließlich in die Nahrungskette, wodurch sich die Tiere vergiften. Bekanntes und diskutiertes Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern ist der Seedler. Dem Jahresbericht 2011 des Leibniz-Institutes für Zoo- und Wildtierforschung zufolge wurde bei vier von 22 untersuchten Seeadlern als Todesursache Bleivergiftung festgestellt. Den Grünen zufolge verendeten allein im Müritz-Nationalpark gar jeder zweiter aufgefundener Seeadler an einer Bleivergiftung.

Dr. Ursel Karlowski, Biologin und Grünen-Abgeordnete im Landtag MV führte weiter aus: „Auch für die menschliche Gesundheit bedeutet der Konsum bleihaltigen Wildfleisches eine Gefahr. Das Bundesinstitut für Risikobewertung warnt insbesondere Schwangere und Kinder vor dem Verzehr.“
„Die Bündnisgrünen fordern nach einer Übergangszeit aus Gründen des Schutzes der Verbraucher und des Artenschutzes ein landesweites Verbot für die Verwendung bleihaltiger Munition“, so Karlowski weiter.

Bereits auf der letzten Agrarministerkonferenz Ende Oktober 2011 in Suhl wurde durch eine gemeinsame Initiative von Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein der Beschluss gefasst, die Verwendung bleihaltiger Munition unter allen Aspekten – dazu zählen Umwelt- und Verbraucherschutz sowie Tierschutz und die Jagdsicherheit – zu beleuchten. Diese Erkenntnisse sollen mit einer bundesweit angelegten Untersuchung gewonnen werden. Untersucht werden soll dabei ebenfalls, ob bleifreie Geschosse eine qualitative und tierschutzgerechte Alternative wären.

Dass sich die Landesregierung dabei so schwer tut – Laut Minister Backhaus lägen zu bleifreier Munition keine ausreichenden Kenntnisse vor, so dass er deren Einsatz „als verantwortlicher Minister nicht zulassen kann“ – ist für Naturschützer und Verbraucher nicht nachvollziehbar, da es in einigen Bundesländern bereits seit mehreren Jahren verboten ist, zumindest bei der Wasservogeljagd, Bleischrot zu verwenden. In Großbritannien und Schweden ist Bleimunition längst verboten, ohne dass dies zum Ende der Jagd geführt hätte.

„Sollte das Gutachten zu dem Ergebnis kommen, dass eine ausreichende Auswahl bleifreier Geschosse in Tierschutzfragen den bleihaltigen gleichwertig ist, werde ich dafür eintreten, den Ausstieg aus der Verwendung von Bleimunition zu besiegeln“, schloss Umweltminister Backhaus dennoch ab.

pd